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Change Management bei Siemens Energy im Spannungsfeld klassischer Kraftwerkstechnologien und innovativer Produkte

Change Management
Nevzat Özcan, Vice President Large Steam Turbines Siemens Energy Mülheim: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich in ihrer bisherigen Rolle, in der sie seit Jahren arbeiten, sicher. Aber sie benötigen eine Perspektive und einen Ausblick, welche ihrer Expertisen in der Zukunft gefragt und gefordert sind." (Bild: Siemens Energy)

Change Management bei Siemens Energy: Interview mit Nevzat Özcan

Wie geht Siemens Energy, bekannt als führender Spezialist für konventionelle Energietechnik, mit dem Wandel und den veränderten Anforderungen durch die Energiewende um? Mehr als 4.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen am Fertigungsstandort in Mülheim/Ruhr Turbinen und Generatoren, sind in der Montage, im Service und Vertrieb sowie in der Gasturbinentechnik tätig. Beim Steuern des Veränderungsprozesses sind die Führungskräfte besonders gefragt. energie.blog sprach mit Nevzat Özcan, Vice President Large Steam Turbines Siemens Energy Mülheim, wie sein Unternehmen die Führungskräfte für das Change Management fit macht und welche Schwerpunkte dabei gesetzt werden. Das Interview führte Jörn Kranich.

e.b: Vielen Dank, Herr Özcan, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Hintergrund unseres Austauschs ist die Workshop-Reihe „Die moderne Führungskraft“, die Sie 2021 mit Berker IMPULS konzipiert und gemeinsam mit knapp 400 Führungskräften des Standorts Mülheim durchgeführt haben. Worin sehen Sie die aktuellen Herausforderungen für Führungskräfte in der Energiebranche?

Özcan: Der Energiesektor ist sicherlich eine der Branchen, die aktuell am stärksten von den sich ändernden Marktbedingungen betroffen sind. Die Dekarbonisierung und der Trend zur regenerativen Energieversorgung betreffen uns als bisher traditionellen Hersteller von Produkten für fossil betriebene Kraftwerke in besonderer Weise. Daher liefern wir mit innovativen, neuen Produkten die erforderlichen Brückentechnologien, um Gas- oder kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke möglichst ressourcenschonend zu betreiben und den CO2-Ausstoß auf dem Weg zur CO2-neutralen Energiewirtschaft schrittweise zu verringern. In diesem Spannungsfeld von klassischer Kraftwerkstechnologie und innovativen Produkten befinden sich auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und natürlich in besonderer Weise die Führungskräfte unseres Unternehmens.

Mischung aus Experten für etablierte und zukünftige Technologien gefragt

e.b: Wie reagiert Siemens Energy auf diese Herausforderungen?

Özcan: Wir müssen die Kunden weiterhin kompetent und zuverlässig bedienen und den Service für die vielen Anlagen sicherstellen, die im aktiven Betrieb sind. Gleichzeitig beschreiten wir den Weg in Richtung neuer Technologien und wollen eben diesen Kunden einen Ausblick bieten, wo die Reise der modernen Energieversorgung hingeht, und auch hier adäquate Lösungen anbieten. Genauso müssen unsere Führungskräfte in ihren Teams für eine gute Durchmischung aus Experten für die bisherigen Technologien und Visionären sorgen, die für uns in die Zukunft denken. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich in ihrer bisherigen Rolle, in der sie seit Jahren arbeiten, sicher, aber auch sie benötigen eine Perspektive und einen Ausblick, welche ihrer Expertisen in der Zukunft gefragt und gefordert sind.

e.b: Was hat Sie zur Durchführung der Workshop-Reihe veranlasst?

Özcan: In einer Future Identity Conference haben sich organisationsübergreifend Führungskräfte und Teammitglieder Gedanken dazu gemacht, wie wir uns als Unternehmen auf eine Transformationsreise, also eine Reise der Veränderung, begeben können. Unser Ziel war es, neben der Stärkung unseres bestehenden Geschäftes, Kompetenzen aufzubauen und einzusetzen, die unsere neuen Geschäftsfelder schnell marktfähig machen. Auf Basis der Siemens Energy-Werte und unserer Führungsgrundsätze arbeiten wir auf dieser Reise im Rahmen von konkreten Leitplanken für die tägliche Arbeit. Das Ziel der Workshops „Die moderne Führungskraft“, die aus dieser Future Identity Conference erstanden sind, lag darin, dass diese Leitlinien kommuniziert, insbesondere aber auch mit den Führungskräften diskutiert werden. Es sollte dabei ein möglichst praxisnaher Bezug zur täglichen Arbeit hergestellt werden.

Widerstände in Veränderungsprozessen beobachten und damit umgehen

e.b: Welche inhaltlichen Schwerpunkte haben Sie dazu in den Workshops gesetzt?

Özcan: Es ging um den Austausch untereinander, neue Netzwerke zu bilden und die Themen in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen zu diskutieren. Den ursprünglichen Plan, diese Workshops am Standort durchzuführen, mussten wir coronabedingt ändern. So wurde die gesamte Reihe virtuell durchgeführt. Umso wichtiger war es, dass die Führungskräfte abgeholt wurden und in Kleingruppen aktiv an den Themen gearbeitet haben. Wir haben Impulse zu den sich verändernden Rollen in der Führung gesetzt, aber auch ganz konkret hinterfragt, was sich im Führungsalltag ändern sollte, um den zuvor genannten Ansprüchen gerecht werden zu können. Es wurde diskutiert, welche Widerstände in Veränderungsprozessen durch die Führungskräfte beobachtet werden und wie damit umgegangen werden kann. Die Siemens Energy-Führungsleitlinien waren die Basis zur Illustration von selbst Erlebtem. Zuletzt hat jede/jeder Einzelne persönliche Ziele definiert, mit denen sie/er sein Führungsverhalten ändern und damit die Transformation Journey beginnen möchte. Die Führungskräfte haben sich dazu in kleinen Sparringteams zusammengefunden und einen weiteren Termin zur Diskussion des Erreichten vereinbart.

Nachhaltiger Impuls für die Führungskräfte am Standort Mülheim

e.b: Warum haben Sie sich für die Durchführung mit Berker IMPULS entschieden?

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Dr. Ralf Berker. (Bild Berker IMPULS)

Özcan: Ralf Berker war einigen unserer Kollegen aus Führungskräftetrainings und der Durchführung von Strategieworkshops an unseren Standorten bekannt. Er war, gemeinsam mit unserem internen Team, von Beginn an in die Konzeptionierung der Workshops eingebunden und hat im Rahmen der durchgeführten Pilotworkshops die Ideen und Anregungen der ersten Teilnehmenden aufgenommen und in das finale Konzept mit übernommen. Er bringt als Ingenieur das notwendige Verständnis für unser Geschäft mit und hat aufgrund seiner eigenen Führungserfahrung im Konzernumfeld eine hohe Akzeptanz bei den Führungskräften. Bereits nach den Piloten haben wir sehr positives Feedback erhalten, und das hat sich durch alle Workshops bis zum Ende durchgezogen. Gemeinsam mit den von ihm ausgewählten Partnern ist es gelungen, einen nachhaltigen Impuls bei den fast 400 Führungskräften in Mülheim zu setzen.

e.b: Stichwort Nachhaltigkeit, wie wollen Sie diese über die Workshopreihe hinaus gewährleisten?

Özcan: Wir haben Follow-Up-Termine angeboten, in denen wir die Themen der Workshops noch einmal aufgegriffen und die Möglichkeit, offene Fragen zu beantworten, gegeben haben. Es gibt nach wie vor monatliche Führungskräftetreffen, bei denen sich die Teilnehmenden zu zuvor benannten Themen austauschen und neue Inhalte diskutieren können. Ganz aktuell prüfen wir, welche zusätzlichen Angebote wir den Führungskräften machen können. Dazu hatten wir vor kurzem eines der Führungskräftetreffen genutzt, um von den Ideen der Teilnehmenden zu erfahren. Es ist uns sehr wichtig, dass wir die Kolleginnen und Kollegen in aktuelle Themen mit einbinden. Das bedeutet, erst einmal die Bedarfe abzufragen und auf der Basis dann die passenden Angebote zu unterbreiten. Das Thema Partizipation ist im Übrigen auch eine der für eine moderne Führungskraft wichtigen Führungseigenschaften und war damit auch Bestandteil des Workshops.

e.b: Herr Özcan, vielen Dank für das Gespräch!

Hier geht’s zu den Change Management-Tipps von Ralf Berker auf energie.blog:

> Teil 1: Die Zukunft der Energiebranche bringt Veränderungen – die Menschen müssen dafür gewonnen werden
> Teil 2: Die alte Höhle verlassen? Seit Urzeiten tut der Mensch sich schwer mit Wandel und Veränderung
> Teil 3: Wie sieht Führung in Veränderungsprozessen aus? Auf die richtige Balance kommt es an!
> Teil 4: Wie führe ich ein Unternehmen ohne Führungskräfte?
> Teil 5: Probleme lösen mit dem Double Diamond-Modell
> Teil 6: Wie Führungskräfte die richtige Balance im Umgang mit Expertenwissen finden

Dr. Ralf Berker ist Trainer, Coach, Berater und Moderator für Großveranstaltungen. Darüber hinaus organisiert und managt er Strategieworkshops seiner zum großen Teil mittelständischen Kunden. Bevor er diese Aktivitäten unter dem Label „Berker IMPULS“  vor sechs Jahren startete, war der ausgebildete Elektrotechnikingenieur als Geschäftsführer, als Bereichs- und Vertriebsleiter in der Informations- und Kommunikationstechnik sowie in der Energie- und Automatisierungstechnik tätig.

www.berker-impuls.de
info@berker-impuls.de

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