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Dr. Ernesto Garnier: »Mit Mieterstrom-Projekten die Energiewende in der Stadt ermöglichen«

Mieterstrom - Dr. Ernesto Garnier
Dr. Ernesto Garnier, Geschäftsführer der EINHUNDERT Energie GmbH in Köln, plädiert für mehr Mieterstromprojekte in Städten, damit die Energiewende gelingt (Bild: EINHUNDERT Energie GmbH).

»Mieterstrom ist eine tolle Möglichkeit, Mietern eigenen Solarstrom as a service zu bieten«

Dr. Ernesto Garnier, Gründer des Kölner Start-ups EINHUNDERT Energie GmbH, beschreibt im energie.blog-Interview das nur langsame Voranschreiten der Energiewende in Städten, zeigt jedoch auch Chancen und Möglichkeiten auf, wie auch Stadtmenschen durch Mieterstromprojekte von der Energiewende profitieren. Ein Plädoyer zudem dafür, dass Kunden gegenüber ihren Energieanbietern bei Service, Transparenz und Nachhaltigkeit anspruchsvoller sein sollten.

energie.blog: Sie leben und arbeiten in Köln – wie sehen Sie den Stand der Energiewende in der Stadt?

Garnier:  Die Energiewende hat bislang weitgehend auf dem Land stattgefunden, angetrieben durch Investitionen von Eigenheimbesitzern und Landwirten. Mieter und Unternehmer in der Stadt kennen den Wandel bislang bestenfalls aus den Nachrichten. Die Gründe dafür sind ganz einfach: Um in innovative Energietechnologie investieren zu können, braucht man eigentlich sowohl das Geld als auch die notwendige Fläche, z.B. ein Dach für eine Solaranlage. Ähnlich sieht das Ganze mit all den neuen smarten Energiemanagementsystemen aus, die fast ausschließlich in Einfamilienhäusern und größeren Betrieben präsent sind. Die Energiewende liegt damit eher in den Händen von Immobilieneigentümern – Mieter sind außen vor und von ihren Energieanbietern häufig nicht gut informiert. Der Kunde kann nicht mal darauf vertrauen, dass wirklich Ökostrom drinsteckt, wo viele ohne Herkunftsnachweise Ökostrom draufschreiben.

»Ganzheitlicher Ansatz reduziert die Komplexität für die Kunden«

energie.blog: EINHUNDERT Energie setzt Mieterstromprojekte um – ist das die Möglichkeit für Mieter, von der Energiewende zu profitieren?

Garnier: Absolut, Mieterstrom ist eine tolle Möglichkeit, endlich auch Mietern eigenen Solarstrom as a service zu bieten. Heißt, ohne dass sie investieren oder Aufwand betreiben müssen. Ganz wichtig hierbei: Die Realisierung von Solaranlagen, die Installation von digitalen Stromzählern und der Kundenservice sollten dabei am besten aus einer Hand kommen. Denn wenn man ehrlich ist, müssen bei einem Mieterstromprojekt sehr viele Maßnahmen umgesetzt werden, die dann auch noch aufeinander abzustimmen sind. Ein ganzheitlicher Ansatz reduziert die Komplexität für die Kunden. Das Ganze soll doch auch Spaß machen!

energie.blog: Nun können Mieter nicht selbst entscheiden, ob eine Solaranlage auf dem Dach ihres Zuhauses gebaut wird, da es ihnen nicht gehört. Welche Rolle spielen also die Vermieter bei solchen Mieterstromprojekten?

Garnier: In der Tat werden Vermieter beim Geschäftsmodell Mieterstrom zum entscheidenden Partner des Anbieters. Sie müssen die Dachfläche ihres Gebäudes bereitstellen, um die Solaranlage überhaupt darauf installieren zu können. Und klar, es schadet nicht, wenn sie den Prozess unterstützend begleiten. Daher ist es meiner Meinung nach wichtig, den Vermieter auch finanziell am Erfolg des Projekts zu beteiligen, zum Beispiel über eine Dachmiete. Nur so wird die Verbreitung des Modells realistisch.

Gleichzeitig ist damit nicht nur ein direkter finanzieller Vorteil für den Vermieter, sondern auch eine Aufwertung seines Gebäudes verbunden. So sehen wir das jedenfalls bei EINHUNDERT Energie. Bei uns hat der Vermieter später nichts mit dem Aufwand rund um die Anlageninstallation oder Akquise sowie Serviceprozesse für die Mieter zu tun.

»Melde- und Anschlussprozesse für innovative Energielösungen automatisieren«

energie.blog: Sie betrachten Mieterstromprojekte also als eine gute Möglichkeit, die Energiewende in die Stadt zu bringen. Wo gibt es neben der Akquisition der Vermieter die größten Herausforderungen?

Garnier: Eine Herausforderung liegt in der Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern. Es ist immernoch aufwendig, digitale Stromzähler einzusetzen, Solaranlagen an das Netz anzuschließen und weitere Technologien wie Wärmepumpen einzubinden – weil die Anmeldeverfahren komplex und langwierig sind. Insbesondere auf der lokalen Verteilnetzebene sollte die Standardisierung und Vereinfachung beschleunigt werden. Die Verteilnetzbetreiber sollten noch stärker motiviert und unterstützt werden, Melde- und Anschlussprozesse für innovative Energielösungen wie Mieterstrom zu automatisieren, um die dezentrale Energiewende zu beschleunigen.

Eine zweite Herausforderung ist die noch immer fehlende Standardisierung der Prozesse rund um Digitale Stromzähler – Stichwort Smart Meter Rollout – damit die Kosten dieser wichtigen Technologie endlich weiter sinken und somit digitale Energielösungen rentabler werden.

»Energiekunden endlich einen zeitgemäßen digitalen Service bieten«

energie.blog: Das klingt nach anstrengender Pionierarbeit für Ihr Unternehmen. Was war Ihr Antrieb, EINHUNDERT Energie zu gründen?

Garnier: Zum einen möchten wir die überfällige Energiewende in der Stadt ermöglichen. Zum anderen ist es eines unserer größten Anliegen, Kunden im Bereich Energie endlich einen zeitgemäßen digitalen Service zu bieten. Ein Beispiel: die meisten von uns nutzen Netflix oder Spotify. Wir bezahlen diese Services per Flat, erhalten datenbasierte Empfehlungen und würden niemals akzeptieren, am Ende des Jahres wegen eventuell erhöhten Medienkonsums eine Nachzahlung leisten zu müssen.

Bei unserem Stromtarif dagegen akzeptieren wir eine komplizierte Abrechnung, die uns Monate später sagen soll, wie hoch unsere Stromkosten im letzten Jahr waren. Als Kunde bin ich so völlig machtlos. Dem wollen wir ein Ende setzen. Mithilfe von Echtzeitdaten über den Verbrauch und damit auch die Kosten unserer Kunden, sind sie endlich jederzeit informiert. Da wir künftig sogar aufschlüsseln, welches Gerät wieviel verbraucht, ermöglichen wir unseren Kunden mehr Effizienz, um langfristig zu merklichen Einsparungen zu kommen. Unser Ziel ist, dass die Zukunft endlich grüner, smarter und kundenzentrierter sein wird!

Hier geht’s zum Live-Interview.

EINHUNDERT Energie GmbH
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50825 Köln
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