WEG- und Mietrecht-Reform reicht nicht aus
Von Martin Amberger und Michael König
Der Autogipfel der Bundesregierung vom 4. November 2019 war fokussiert auf das Thema Elektromobilität. Auch wenn Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung auf den Umweltverbund primär anzugehen sind, muss der leider real existierende Verkehr mit ca. 65 Mio. Kfz und ca. 47 Mio. Pkw in Deutschland zügig von Erdöl auf Ökostrom gebracht werden. Was ist also zu tun?
Nachgeladen wird primär zuhause – im Einfamilienhaus und im Mehrfamilienhaus. Während das Einfamilienhaus mit Photovoltaik auf dem Dach prädestiniert für Elektromobilität ist, sind beim Mehrfamilienhaus drei Hürden zu überwinden:
- Technik: Der Hausanschluss im Mehrfamilienhaus ist klassischerweise auf Wohnen und nicht auf E-Mobilität ausgelegt. Wird ungesteuert eine Wallbox zusätzlich eingebaut, erreicht die anliegende Leistung am Hausanschluss schnell das Limit. So können die folgenden E-Mobilisten nicht laden oder müssen teuer den Hausanschluss ertüchtigen. Eine ungerechte und teure Lösung.
- Recht: Die Ladelösung betrifft immer das Gemeinschaftseigentum. Der E-Mobilist ist selten der alleinige Bestimmer im Haus und muss andere wie die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) oder den Vermieter überzeugen, einer baulichen Veränderung zuzustimmen. Selbst wenn das gelingt, bleibt die Technik-Hürde bestehen.
- Finanzierung: Der Bau einer einzigen Wallbox ist unverhältnismäßig teuer, da neben der Wallbox alle Wanddurchbrüche und die Verkabelung bis zum Stellplatz selbst getragen werden müssen. Für eine gemeinschaftliche Finanzierung fehlt beim Vermieter oder bei den mehrheitlich Verbrenner-Fahrern schlicht der Wille.
Wer sollte also gefördert werden? Und wie könnten die Gesetze geändert werden? Hier drei Empfehlungen von Menschen, die täglich mit E-Mobilisten, WEG-Beiräten, Hausverwaltern, Vermietern, Bauträgern und Energieversorgern zu tun haben:
- Technik: Ein dynamisches Lastmanagement misst die Leistung aller Verbraucher aus dem Bereich Wohnen und gibt die freigebliebene Leistung an die E-Mobilisten. Somit kann der Hausanschluss rund um die Uhr optimal ausgenutzt werden. Morgens sind die E-Autos nachgeladen. Zu finanzieren ist dieser Mehrwert für alle Bewohner gemeinschaftlich. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, daher muss ein Ladeinfrastrukturbetreiber oder der Bauträger diese Basistechnik vorfinanzieren.
- Recht: Ein Wegfall der Einstimmigkeit bei einer WEG-Entscheidung oder eine Duldung durch den Vermieter reichen nicht. Sie sind sogar kontraproduktiv, da einzelne Wallboxen den Hausanschluss unkontrolliert „verstopfen“. Sinnvoll wäre die rechtliche Vorgabe, ab fünf Stellplätzen ein Lastmanagement verpflichtend einzubauen oder, noch besser: gleich eine erweiterbare Lösung für das Gebäude bei einem Ladeinfrastrukturbetreiber zu beschaffen.
- Finanzierung: Das E-Auto wird individuell finanziert, die Ladelösung im Mehrfamilienhaus durch alle E-Mobilisten. Der Ladeinfrastrukturbetreiber, z.B. der Energieversorger, wird eine erweiterbare Ladeinfrastruktur nur vorfinanzieren, wenn auch ein absehbarer Return-of-Invest mit einem Contracting-Modell zu erwarten ist. Dies ist im Neubau mit Zuschuss des Bauträgers möglich. Im Bestand ist für 2020-2022 eine Förderung des Investors in die Ladeinfrastruktur von 50 % auf alle Ausgaben aus dem ersten Jahr zu empfehlen. Zwei Bedingungen: Belieferung der Ladeinfrastruktur mit Ökostrom und Einbau eines dynamischen Lastmanagements.
Fazit
Mit intelligenter Technik und Förderung gepaart mit wenigen Gesetzesanpassungen und dem Contracting-Modell wird E-Laden im Mehrfamilienhaus schnell möglich und führt zu weniger Verbrenner-PKW in den Städten. Wenn dann noch die Kaufprämie für Elektroautos zur Kaufprämie für BahnCard 100 wird, kann eine spürbare Mobilitätswende gelingen.
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Dipl.-Phys. Martin Amberger
Dipl.-Ing Michael König
Geschäftsführer
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