Flutschutz-Photovoltaik senkt die Hemmschwelle für Investitionen in Präventionsmaßnahmen
Die Bilder von der Flutkatastrophe im Ahrtal haben sich ins Gedächtnis eingebrannt. 134 Menschen verloren ihr Leben, unermessliche Schäden entstanden an Infrastruktur und sonstigen Gütern. Es wird viele Jahre dauern, bis all die emotionalen und materiellen Wunden vernarbt sein werden (> Bericht). Die Katastrophe hat die Diskussionen über Maßnahmen zur Hochwasser-Prävention wieder angefacht. Eine innovative Idee, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt, bringt die ewind Betreiber- und Vertriebs-GmbH in Berlin ins Spiel: Flutschutz-Photovoltaik. Dabei werden Solarkraftwerke auf Hängen errichtet und um Flutmauern sowie Wasserspeicher erweitert. Das Wasser wird also schon dort aufgehalten, wo es beginnt sich anzusammeln, so dass es nicht in großen Massen zu Tal stürzen kann. ewind-Geschäftsführert Volker Korrmann: „Mit dieser neuen Form von Solarkraftwerken bekämpfen wir das Flutproblem dort, wo es entsteht. Die Flutschutz-Photovoltaik kann ein Game-Changer werden – auch weil sie wirtschaftlich attraktiv ist.“
Volker Korrmann (Bild) verdeutlicht das Problem am Beispiel eines Berghanges mit Grasfläche (siehe Abbildung oben): Bei Starkregen kann der Hang die Wassermassen nicht schnell genug aufnehmen. Das Wasser sammelt sich zu einem breiten, zunächst nur 1-5 cm hohen Wasserstrom und fließt talwärts. An bestimmten Punkten im Gelände verbinden sich Teilströme und schwellen zu bis zu 20 cm hohen Abflüssen und schließlich sogar zu einem meterhohen Sturzbach an, der erhebliche zerstörerische Kraft entwickelt.Talwärts vereinigen sich viele solcher Sturzbäche und erzeugen somit gewaltige Flutwellen in der Talsohle. Korrmann: „Diesen einen Bach können wir durch nur fünf Reihen von Flutschutz-Solaranlagen effektiv und kostengünstig vermeiden und auf ein kleines, relativ unkritisches Rinnsal reduzieren.“ > siehe Video
Durch die Flutschutzmauer und die Auffangbecken, die zentriert unter den Solaranlagen angelegt werden (siehe Bild oben) können große Wassermengen für lange Zeit zurückgehalten werden. Später kann das Wasser kontrolliert und je nach Bedarf verwendet werden. Die Gefahr, dass der Hang durchweicht und somit destabilisiert wird, ist gebannt. „Die Verschlammung der Becken ist minimal, da das Wasser in regelmäßigen Abständen aufgefangen wird, bevor es an Geschwindigkeit hinzugewonnen und somit auch Schlamm aufgenommen hat“, versichert Korrmann. „Zwischen den Reihen, die bis zu 50 m auseinanderliegen, ist weiterhin Landwirtschaft möglich. Zudem ist auf der restlichen Fläche durch den Windschutz und die bessere Wasserversorgung mit einem größeren Ernteertrag zu rechnen.“
Flutschutz-Photovoltaik kann ein Game-Changer werden
Doch lohnen sich die Maßnahmen für Kommunen? Für sie stelle sich die Wirtschaftlichkeit von Hochwasserschutzmaßnamen aktuell wenig attraktiv dar, sagt Korrmann. Auch wenn die Kalkulation den Vorteil der Prävention klar belege (siehe Grafik unten), handele es sich bei den erwarteten vermiedenen Schäden doch nur um eine ferne Eventualität, was Schutzmaßnahmen auf breiter Basis bremse. Sogar bei hohen Schadensrisiken und höherer Eintrittswahrscheinlichkeit sei es eine Eventualität, die nicht zwingend in der aktuellen Legislaturperiode zum aktiven Handeln führen muss. „Deshalb geht es vielerorts auch weiterhin nicht unbedingt schnell mit nachweislich wirkungsvollen Flutschutzmaßnahmen voran.“
Die Flutschutz-Photovoltaik, bei der man Wasserrückhaltung auf Hängen mit Solaranlagen verbindet, kann ein „Game-Changer“ werden. Denn hier profitieren die Kommunen durch die Stromerzeugung. Korrmann: „In diesem Fall belasten die vom Bund geförderten Investitionen für den Bau der Flutschutzanlagen nicht mehr die Haushaltskasse mit jährlichen nicht geförderten Fixkosten für Pacht und Instandhaltung, sondern es stehen positive Erträge zur Verfügung, die plötzlich sogar die Haushaltskasse aufbessern.“
Der Charme dieser Lösung liegt auf der Hand: Man stellt Flutschutzbauwerke nicht mehr in ein Flussbett, in das im Falle eines Starkregens sehr große Wassermassen mit Schlamm, Geröll und Treibgut hineinfließen. Stattdessen geht man in die Fläche und fängt das Regenwasser dort auf, wo es gerade erst anfängt, zusammenzufließen. Auf den Hängen hat das Wasser noch keine so große Kraft und man kann es mit wesentlich kleineren Rückhaltebecken auffangen. Man braucht dafür zwar insgesamt mehr Fläche, aber die Fläche wird weiterhin wirtschaftlich genutzt. Korrmann illustriert den kinetischen Effekt mit einem plastischen Vergleich: „Fangen Sie lieber einen herunterfallenden Kühlschrank aus dem Dachgeschoss auf oder zwanzigmal einen Ball aus dem zweiten Stock?“
Da die Wassersammelbecken eine Standardbreite von 2,8 Meter haben, lassen sich diese kostengünstig mit Solaranlagen überdachen. Die bis zu drei Meter tiefen Becken werden dadurch gleichzeitig vor unbefugtem Betreten geschützt. „Bei der Flutpräventions-Photovoltaik handelt es sich im Prinzip um einen Lösungsbaukasten mit unterschiedlichen Standardmodulen für verschiedene Problemstellungen“, so Korrmann.
In den anspruchsvollsten und gefährlichsten Projekten gehe es um die Stabilisierung von abrutschenden Hängen. Hier benötige man massive dickwandige Becken mit tiefen Bohrfundamenten, um abrutschende Erdmassen zu stabilisieren. Zudem seien Drainagen vor den Becken nötig, um Hänge, die zu viel Grundwasser enthalten, zu entwässern. Hangstabilisierungen seien zwar die aufwändigsten Maßnahmen zur Herstellung von effektivem Hochwasserschutz, es seien jedoch auch jene Maßnahmen, bei denen Flutpräventionsphotovoltaik am wirtschaftlichsten genutzt werden könne.
Und wie funktioniert die technische Umsetzung? Anstelle von teuren Spundwänden, Bodenentsorgung und schweren Gerät werde mit dem RSS-Flüssigbodenverfahren gearbeitet und die Planung erfolge durch die LOGIC Logistic Engineering GmbH in Leipzig, erläutert Korrmann. Damit könne ein Projekt, das sonst 8 Mio. Euro kosten würde, mit dem halben Investment realisiert werden. Zudem ließen sich durch das RSS-Flüssigbodenverfahren bis zu 80 % der CO2 Emissionen im Tiefbau vermeiden. Je nach der Neigung und Stabilität der Hangfläche könnten die Projekte vorrangig auf Hangstabilisierung, Wasserspeicherung, -ableitung oder -versickerung ausgelegt werden (siehe Bild unten).
Die Projekte verbinde somit geförderte kommunale Flutprävention mit Solarinvestoren und Vorteilen für die Landwirtschaft. Durch die neue Kostenstruktur würden selbst vergleichsweise kleine Solarkraftwerke von 0,5-2 MWp für Investoren finanziell interessant. Zudem eröffneten sich neue Flächenoptionen für den Flutschutz. Das sei vor allem für Regionen interessant, die alle bisher vorhandenen Präventionsmöglichkeiten schon ausgeschöpft haben und trotzdem nach den aktuellen Statistiken massiv gefährdet sind, sagt Korrmann.
Der ewind-Geschäftsführer bietet an: „Sollte bei Ihnen alle paar Jahre der Keller oder das Haus unter Wasser stehen, schreiben Sie uns bitte unter flutschutz@ewind.eu. Im Idealfall können Sie uns auch die Kontaktdaten der Landwirte in Ihrer Region nennen. Wir prüfen dann Ihren Standort auf mögliche Schutzprojekte und helfen der Gemeinde bei der Beantragung der Fördergelder.“