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Studie zum Kundenbeziehungsmanagement bei EVU identifiziert Verbesserungspotential in Organisation und Prozessen

Kundenbeziehungsmanagement
Viele Energieversorger sind im Kundenbeziehungsmanagement schon gut aufgestellt, allerdings zeigt die Studie von emb und Seiler POE, dass an einigen Stellen Verbesserungspotential besteht. (Bild: fizkes / iStock)

Warum effektives Beschwerdemanagement und systematische Kennzahlenerfassung im Kundenbeziehungsmanagement Erfolgsfaktoren sind

Vor einem halben Jahr starteten die EnergieMarkt Beratungsgesellschaft mbH (emb) und die Seiler Personal- und Organisationsentwicklung (Seiler POE) eine Studie unter kleinen und mittleren Energieversorgern. In 60 Impulsfragen wurden die Entscheider*innen zur Qualität und Positionierung ihres Kundenservices befragt. energie.blog > berichtete. Die Ergebnisse zeigen: Viele Unternehmen sind bereits heute gut aufgestellt, es gibt jedoch Verbesserungspotential auf prozessualer und organisatorischer Seite. Im Gespräch mit dem energie.blog (e.b) erläutern Daniel Knipprath, Geschäftsführer der emb, und Eric Seiler, Inhaber der Seiler POE, warum ein effektives Beschwerdemanagement und eine systematische Kennzahlenerfassung entscheidende Erfolgsfaktoren sind und wieso nicht nur in Corona-Zeiten den Mitarbeitenden in den Kundencentern der Rücken gestärkt werden sollte.

Kundenservice

Daniel Knipprath (Bild: emb)

e.b: Mit Ihrer Umfrage „Kundenservice im Fokus“ haben Sie den Nerv zahlreicher Energieversorger getroffen. Viele Entscheider*innen sind sich schon heute dessen bewusst, dass ein nachhaltiges Kundenbeziehungsmanagement mehr als eine engagierte Betreuung vor Ort erfordert. Um neue Kund*innen zu gewinnen und sie immer wieder von neuem zu begeistern, können frische Ideen, kreative Interaktionsmöglichkeiten und individuelle Angebote für ein smartes, grünes Marktdesign den Unterschied machen. Das heißt auch, stetig die eigene Servicequalität zu optimieren. Sind die Unternehmen Ihrer Einschätzung nach dafür bereits erfolgreich gerüstet, Herr Knipprath?

Knipprath: Unsere Umfrage vermittelt ein positives Bild. Die Kundenservice-Einheiten sind grundsätzlich gut aufgestellt, insbesondere wenn es um die Einführung neuer Themen oder eindeutige, klar definierte Zuständigkeiten geht. Das zeigt, dass das Management für die Notwendigkeit funktionierender Servicestrukturen sensibilisiert ist und dem Kundenbeziehungsmanagement einen hohen Stellenwert beimisst. Dennoch sehen wir durchaus moderaten Verbesserungsbedarf, z. B. an den Schnittstellen zu den Vertriebs- und Netzeinheiten.

Baustelle Beschwerdemanagement: eine starke Feedback-Kultur etablieren

Ein großes, anscheinend noch unzureichend geklärtes Thema ist das Beschwerde- und Meinungsmanagement. Oft gibt es hier noch keine eindeutigen Prozesse, oder die Prozesssicherheit ist noch nicht ausreichend gegeben. Dabei ist die Etablierung einer starken Feedbackkultur ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ein ehrliches motivierendes Lob, aber auch ein offenes Wort zu Fehlern und Versäumnissen sind wertvoll für die eigene Positionsbestimmung. Konstruktive Kritik ist durchaus positiv zu verstehen, zumal die Konsequenzen aus nicht optimal betreuten Reklamationen und Beschwerden groß sind und das Unternehmensimage nachhaltig beschädigen können. Gerade für Dienstleister, die mit Regionalität und Kundennähe punkten möchten, bilden die Erkenntnisse aus Beschwerden immer auch die Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Aus Rückmeldungen lernen zu können ist insofern immer auch ein Zeichen eigener Stärke, das die Kunden langfristig zu schätzen.

e.b: Kundenservice ist zu einem großen Teil Psychologie. Ein empathisches Kundenbeziehungsmanagement erfordert nicht zuletzt auch psychologisches Gespür, Organisationstalent und Kommunikationsstärke. Gerade in Corona-Zeiten suchen viele Kund*innen verstärkt den Kontakt zu ihrem Energieversorger – telefonisch oder online. Das erhöht einerseits den Druck auf die Servicemitarbeiter*innen, ist aber auch eine Chance, als Dienstleister besser zu werden. Nutzen die Unternehmen bereits ausreichend dieses große Feedback-Potential, Herr Seiler?

Kundenservice

Eric Seiler (Bild: Seiler POE)

Interne Prozesse an Kundenanforderungen ausrichten

Seiler: Sie haben recht. „Das Ohr am Kunden“ zu haben – mit all seinen Nachfragen, Bedürfnissen und manchmal auch Irritationen – ist ein wertvoller Informationspool. Dazu gehört auch die systematische Auswertung aller gewonnenen Daten. Das enorme Potential der Kundencenter wird dabei leider immer noch zu wenig als Ressource verstanden. Weiterhin wird lieber in Abteilungslogiken – also jeder für sich in seinem Bereich – gedacht, gehandelt und entschieden – weil es die interne Einteilung in Profit und Cost Center bisher so verlangte, weil es über Jahrzehnte in den Unternehmen so gewachsen ist oder weil es einfach vertrauter, bequemer und sicherer erscheint. Dabei wäre es natürlich effektiver, effizienter und kundenfreundlicher, den Prozess an den Erfordernissen, Wünschen und Anregungen der Kund*innen auszurichten. Hierzu bedarf es eines Paradigmenwechsels in der Führung: weg von der „Abteilungsdenke“ hin zum Aufbau einer anpassungsfähigen Organisation. So bleibt man zukünftig doppelt attraktiv: als Arbeitgeber und für den Kunden. Die Mitarbeiter*innen der Servicecenter leisten hier durch ihre Kundennähe eine sehr wichtige Grundlage.

Bislang scheint allerdings noch nicht überall das richtige Handwerkszeug ausreichend vorhanden zu sein, um z. B. mit emotionalen und kritischen Kundengesprächen souverän und empathisch umzugehen oder die notwendigen Veränderungen in der Führungskultur voranzubringen.

e.b: Die im direkten Kontakt mit den Kund*innen gesammelten Daten, Bewertungen und Erfahrungen sind ein großer Schatz, den es systematisch zu nutzen gilt. Oft gehen allerdings diese einmal gewonnenen, wertvollen Informationen in der täglichen Routine unter oder verlieren ihre Prägnanz auf ihrem Weg durch die weiteren Entscheidungsinstanzen. Welche Ergebnisse hat hier Ihre Umfrage erbracht, Herr Knipprath?

Servicequalität kennzahlengesteuert optimieren

Knipprath: Die noch nicht so ausgeprägte Kennzahlenerfassung und eine kennzahlenorientierte Steuerung von Kundenservice-Einheiten sind tatsächlich ein weiteres Thema, bei dem wir ein großes Verbesserungspotential auf prozessualer und organisatorischer Seite sehen. Im Kundenservice bestehen so viele Kontakte und Fälle, die über die rein individuelle Relevanz hinausgehen und systematisch bereichsübergreifend ausgewertet und genutzt werden sollten. Hierzu gehören z. B. auch die folgenden Fragen: Wie viele Kunden werden – telefonisch oder persönlich – beraten? Wann sind die Stoßzeiten in den Kundencentern? Warum meldet sich der Kunde, was ist sein Anliegen? Aus diesen Erkenntnissen lässt sich nicht nur eine zielgerichtetere Kundenkommunikation, sondern auch eine optimale interne Einsatzplanung ableiten.

e.b: Wir hatten bereits schon kurz die erhebliche psychische Belastung der Kolleg*innen in den Kundencentern angesprochen, die sich gerade in Corona-Zeiten noch verstärkt. Wie können Unternehmen ihren Mitarbeiter*innen hier den Rücken stärken, Herr Seiler?

Dem Serviceteam den Rücken stärken – Zufriedenheit ist ansteckend

Eric Seiler: Gesundheit ist im besten Sinne die Grundvoraussetzung, um überzeugend und wirksam im Kundencenter arbeiten zu können. Daher besteht – abgeleitet aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers – die Notwendigkeit, hier die psychischen Belastungen systematisch zu erfassen und geeignete Maßnahmen abzuleiten. § 5 ArbSchG ist hier als gesetzliche Referenz zu nennen. Ebenso wichtig ist es aber auch, den Kolleg*innen intern die notwendige Anerkennung für ihr oftmals überdurchschnittliches Engagement zu vermitteln. Ihre Zufriedenheit, Professionalität und intrinsische Motivation übertragen sich letztlich auch auf die Kund*innen – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Der Anspruch an die Führungskräfte hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Selbstreflexion und ein dynamisches Führungsverständnis, die eigenen Mitarbeiter*innen als Ressource zu erkennen, ihnen Verantwortung und Entscheidungen zu übertragen und sie in die Weiterentwicklung des Bereiches zu integrieren sind wichtige Bausteine, langfristig die besten Fachkräfte an sich zu binden und gleichzeitig optimale Abteilungsergebnisse zu erzielen. Unsere Studie liefert hier wertvolle Erkenntnisse zur Einarbeitung und Beteiligung an der Abteilungsentwicklung, aber auch zum Stand des derzeitigen Führungsverständnisses.

e.b: Wozu sicher auch ein systematisches Erfolgscontrolling gehört, Herr Seiler.

Seiler: Häufig wird das Berichtswesen – also die Erfassung und Aufbereitung von Kundenkontakten oder Beschwerden – leider noch als lästige Pflicht und Selbstzweck empfunden. In dem Moment, in dem auf Führungsebene das Beschwerdecontrolling als Maßnahmenkatalog für die Unternehmensentwicklung verstanden und gelebt wird, steigen auch die interne Akzeptanz, die Stringenz bei der Umsetzung und damit die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kund*innen.

e.b: Die Corona-Pandemie wirkt in allen gesellschaftlichen Bereichen wie ein Brennglas und bietet uns einen klaren Blick auf bestehende Optimierungspotentiale. Wenn es angesichts der gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen überhaupt möglich ist, diese Krise als gewinnbringende Chance zu verstehen: Wie kann Corona das Kundenbeziehungsmanagement positiv beeinflussen, Herr Seiler?

Ehrlich Bilanz ziehen und Chance zu Veränderungen nutzen

Seiler: Vielfach wird sich in den nächsten Monaten die Frage stellen, wie es nach der akuten Corona-Phase weitergehen soll und welche konkreten Erkenntnisse aus virtueller Zusammenarbeit, Krisenmodus, Führung auf Distanz, psychischen Belastungssituationen und dem „Wieder-zusammen-in-Präsenz-Arbeiten“ gewonnen werden können. Unter dem Brennglas der Krise ist an vielen Stellen deutlich geworden, wo Entwicklungsbedarf besteht und was so bleiben soll, wie es ist, weil es das Team und das Unternehmen erfolgreich durch die Krise getragen hat. Einen Tipp habe ich hier: Nehmen Sie sich Zeit, z. B. im Rahmen einer Klausurtagung Bilanz zu ziehen, den Krisenmodus bewusst hinter sich zu lassen und mit frischer Energie die neuen Ziele und die Zeit nach Corona anzugehen.

e.b: Kundenservice und Kundenbeziehungsmanagement werden auch zukünftig nicht an Relevanz und Aktualität verlieren. Welche Pläne haben Sie, dieses spannende Thema auch in den nächsten Monaten voranzutreiben, Herr Knipprath?

Knipprath: Die Befragung hat die Teilnehmenden und uns so überzeugt, dass wir sie auch in diesem Jahr gern wieder durchführen wollen – dieses Mal nach den Sommerferien, bevor die „heiße Phase“ der Jahresverbrauchsabrechnung beginnt. Interessenten können sich schon heute gern bei uns melden: info@e-markt-b.de

Selbstverständlich entwickeln wir bei Bedarf auch individuelle Formate. So können wir z. B. auch direkt bei einem Kunden eine interne Umfrage unter den Führungskräften und Mitarbeiter*innen durchführen: Haben beide die gleiche Sichtweise auf die aktuelle Situation? Gibt es Optimierungsbedarf, und wie können Veränderungen erfolgreich gemeinsam angegangen werden? Die Ergebnisse können wir auch immer gern gegen unsere Benchmarkwerte laufen lassen.

Alle teilnehmenden Unternehmen erhalten von uns eine individuelle Auswertung zum Status quo und zu möglichen Entwicklungsfeldern – auch im anonymen Benchmarking-Vergleich mit anderen Energieversorgern. Daneben stehen Herr Seiler und wir den Ansprechpartner*innen natürlich ebenfalls persönlich für vertiefende Beratungsgespräche zur Seite.

Mit der organisationspsychologischen Expertise der Seiler POE haben wir gemeinsam das Ziel einer ganzheitlichen 360-Grad-Betrachtung der Kundenservicestrukturen erreicht. Und wir konnten uns in der Kooperation gegenseitig unserer unterschiedlichen Blickwinkel auf die Anforderungen moderner Kundenservicestrukturen versichern. Das gibt den Ergebnissen unserer Studie eine größere Tiefe und Aussagekraft. Ich freue mich bereits auf unsere neuen gemeinsamen Projekte.

e.b: Vielen Dank an Sie beide für das Gespräch!

Mehr Informationen zur Umfrage und zum Beratungsangebot „Kundenservice im Fokus“ unter https://www.e-markt-b.de/flyer-broschueren.

Das Gespräch führte Dr. Anke Schäfer.

Pressekontakt
Dr. Schäfer PR- und Strategieberatung
Dr. Anke Schäfer
Arno-Esch-Str. 1
18055 Rostock
Telefon: +49 381 666 58 58
E-Mail: info@dr-schaefer-pr.de

EnergieMarkt Beratungsgesellschaft mbH

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