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Wasserstoffimporte aus Sonnenstaaten sind kein Selbstläufer

Wasserstoffimporte
Ohne Wasserstoffimporte wird in Deutschland keine florierende Wasserstoffwirtschaft möglich sein. Doch Energieimporte aus Sonnenstaaten sind kein Selbstläufer, warnen Forscher. (Bild: JONGHO SHIN / iStock)

Studie benennt Herausforderungen und Hürden für Wasserstoffimporte

Viele Regierungen und auch die Europäische Kommission streben die Klimaneutralität für das Jahr 2050 oder früher an. Ein Baustein in vielen Plänen sind Wasserstoffimporte aus Nordafrika oder dem Mittleren Osten, wo der verlässliche Sonnenschein geringe Stromkosten für den Betrieb von Elektrolyseuren verspricht. Synthetische Kraftstoffe und Heizöl oder-gas aus Strom hätte den Charme, viel bestehende Technik und Infrastruktur einfach klimaneutral weiterbetreiben zu können. Doch noch ist unklar, wie Regierungen den internationalen Handel mit grünen Kraftstoffen initiieren und wirtschaftlich gestalten können. Eine Studie unter Beteiligung des Fraunhofer IEG hat nun die wesentlichen Aspekte zusammengestellt. Sie bewertet das Potenzial von Energieimporten aus benachbarten Sonnenstaaten im Fachjournal Computers & Industrial Engineering.

Wie steht es um die Wettbewerbsfähigkeit von E-Fuels?

Unter den getroffenen Grundannahmen berechnet die Studie detailliert Preise für grünen Wasserstoff und Methan von über 100 Euro je Megawattstunde im Jahre 2030 und knapp unter 100 Euro je Megawattstunde im Jahre 2050. Aktuell beträgt der Preis für Methan am europäischen Rohstoffmarkt rund 30 Euro je Megawattstunde. „Die hohen Kosten zeigen, dass der Import von E-Fuels nach Europa kein billiges Patentrezept ist, um Engpässe beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu umgehen oder eine Transformation auf der Angebotsseite zu erreichen“, warnt Ben Pfluger vom Fraunhofer IEG. Die Kosten für E-Fuels müssen gegen andere Optionen abgewogen werden. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Wasserstoffimporte aus Nordafrika und dem Mittleren Osten nach Europa sind zwei Dinge ausschlaggebend: vergleichbare Risikoaufschläge für Investitionskapital wie in Europa und geringe Transportkosten. Darüber hinaus kann der gebremste Ausbau der Erneuerbaren Energien in Europa, etwa durch fehlende Ausbauflächen für Windkraft und Photovoltaik, Importe begünstigen.

Ohne politische Unterstützung sind Wasserstoffimporte nicht durchführbar

Die vorliegende detaillierte Analyse der Produktionsketten von synthetischen Kraftstoffen und die Berücksichtigung des Transports verdeutlichen auch die Komplexität und die schiere Größe dieser potenziellen Projekte. Zu oft werden grüner Wasserstoff- und Kraftstoff-Importe als Lückenfüller in nationalen Energiewandlungsstrategien verwendet. Die genauere Analyse zeigt, dass diese Projekte zu groß und zu kostspielig sind, um ohne starke politische Unterstützung und ohne hohe Sicherheit, dass die Energieprodukte langfristig zu vereinbarten Preisen abgenommen werden, durchgeführt zu werden.

Entwicklung von Maßnahmen jetzt beginnen

Politische Entscheidungsträger, die den Import von grünem Wasserstoff oder Kraftstoffen anstreben, sollten jetzt mit der Entwicklung von Maßnahmen in dieser Richtung beginnen, da Infrastrukturprojekte in der hier diskutierten Größenordnung eine beträchtliche Vorlaufzeit haben. Die Analyse zeigt, dass die E-Fuel-Produktion in der Region von Nordafrika bis in den mittleren Osten zwar attraktiv ist, insbesondere aufgrund des hohen Solarpotenzials. Allerdings können Entwicklungen bei den Kapital- und Transportkosten die Vorteile der Region schmälern oder sogar zunichtemachen.

An der Studie arbeiteten Expertinnen und Experten des Fraunhofer IEG, des Fraunhofer ISI und der DVGW-Forschungsstelle am Karlsruher Instituts für Technologie zusammen.

> Hier geht es zur wissenschaftlichen Originalveröffentlichung der Studie aus der Dezember-Ausgabe des Fachjournals Computers & Industrial Engineering: „Supply curves of electricity-based gaseous fuels in the MENA region“.

www.ieg.fraunhofer.de

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