„Veränderungsdynamik macht Metering und Submetering zu einem sehr spannenden Markt“
Energieeffizienzrichtlinie, novellierte Heizkostenverordnung, Digitalisierung des Messwesens, aufweichende Grenzen zwischen Metering und Submetering – es ist jede Menge Bewegung im Markt der Energieverbrauchserfassung und -abrechnung. Neue Spielregeln verändern Märkte und eröffnen Chancen. Chancen, von denen auch das Startup advilo GbR profitieren will. Das Unternehmen positioniert sich als Berater und Optimierer zwischen Wohnungswirtschaft und Messdienstleistern. energie.blog sprach mit Tim Windoffer und Laurenz Vietmeier über die Marktsituation, den Unterstützungsbedarf der Hausverwaltungen und das advilo-Geschäftsmodell.
e.b: Herr Windoffer, was war der Grund, sich mit advilo selbstständig zu machen?
Windoffer: Die Messdienstleister-Branche befindet sich in einem dynamischen Umbruch. Diese spannende Phase ist eine gute Gelegenheit, sich neu zu orientieren. Aus meiner vorangegangenen Tätigkeit weiß ich, wie anspruchsvoll die Submetering-Prozesse sind und wie viel Arbeit hinter der Heizkostenabrechnung steckt. Die Komplexität der Prozesse und der Koordinationsaufwand für die Verwalter in der Wohnungswirtschaft haben enorm zugenommen. Wir sind der Überzeugung, dass man diesen Aufwand reduzieren kann. Häufig sind die Prozesse und Konditionen mit den Messdienstleistern historisch gewachsen. Es gibt langfristige Verträge mit bis zu zehn Jahren Laufzeit. Das wollen wir für unsere Kunden vereinfachen und optimieren. Unser Ziel ist es, für die Hausverwaltung den Prozessaufwand zu reduzieren und die Servicequalität der Messdienstleister zu steigern, bei gleichzeitiger Kostenoptimierung für die Mieter.
e.b: Sie positionieren sich also quasi als Bindeglied und Optimierer zwischen Messdienstanbietern und Wohnungswirtschaft?
Windoffer: Richtig. Wir helfen der Wohnungswirtschaft, die Prozesse zu vereinfachen und die Zusammenarbeit mit den Messdiensten zu verbessern. Hier sehen wir großen Bedarf und entsprechend großes Potenzial. Dabei versuchen wir einen Ansatz zu finden, der den Verwaltern hilft, einen Schnitt zu vollziehen, sich von Altlasten zu befreien und sich neu auszurichten: Welche Messdienstleister gibt es? Welche Services werden angeboten und ergeben für das betroffene wohnungswirtschaftliche Unternehmen tatsächlich Sinn? Bucht man ein Komplettpaket oder reduziert man sich aufs Wesentliche? In all diesen Fragen wollen wir als erfahrene Lotsen fungieren und Optimierungen anstoßen.
„Altlasten bereinigen, Aufwände reduzieren, nachhaltige Verträge aushandeln“
e.b: Worauf konzentrieren Sie sich inhaltlich? Was macht einen guten Submetering-Deal für ein Wohnungsunternehmen aus?
Windoffer: Kernziele unserer Arbeit sind: Altlasten bereinigen, Aufwände reduzieren, klare Betreuungskonzepte schaffen, nachhaltige Verträge aushandeln. Weniger ist da oft mehr. Also möglichst Sonderlocken und komplizierte Klauseln in den Verträgen vermeiden. Auch darauf achten, dass keine allzu langen vertraglichen Bindungen eingegangen werden, um flexibel zu bleiben. Wenn ein Messdienstleister einen guten Job gemacht hat, kann man problemlos mit ihm verlängern. Ein wichtiges Kriterium ist ferner das Digitalisierungskonzept. Denn bekanntlich ist ab 2027 die Fernauslesung flächendeckend Pflicht.
e.b: Woraus resultiert der wachsende Unterstützungsbedarf der Wohnungswirtschaft?
Windoffer: Wie gesagt, aktuell verändert sich Vieles: Da gibt es die Energieeffizienzrichtlinie der EU und daraus resultierend die Novellierung der Heizkostenverordnung. Wir sprechen heute über Smart Metering und Smart Meter Gateways. Das gesamte Messwesen wird digitalisiert, sowohl auf der Metering-Seite als auch im Submetering. Damit verbunden sind Pflichten, wie die Wohnungsnutzer kurzzyklisch über ihren Wärmeverbrauch zu informieren. Neue Player mit neuen Services betreten die Bühne. Stadtwerke interessieren sich fürs Submetering, Messdienste für das Metering – die beiden Welten wachsen zusammen. In diesem zunehmend komplexen und sich dynamisch wandelnden Markt brauchen viele Hausverwaltungen Orientierung, um den für sie richtigen Weg zu finden, sich neu zu positionieren und dabei natürlich auch zu profitieren.
„Alle sitzen auf heißen Kohlen, alle haben Ideen in der Schublade“
e.b: Wo steht der Markt heute. Ist der Startschuss für die Digitalisierung des Submetering-Marktes schon gefallen?
Vietmeier: So richtig ist der Startschuss ist noch nicht gefallen. Unsere Wahrnehmung ist, dass aktuell alle Player versuchen, sich neu zu platzieren, sich in eine gute Ausgangssituation zu bringen. Alle sitzen auf heißen Kohlen, alle haben Ideen in der Schublade. Der grobe Weg ist klar, die Feinjustierung ist wegen der lange Zeit unklaren Rechtslage noch nicht abgeschlossen. Der Rollenfindungsprozess läuft. Die klassischen Messdienstleister möchten sich von ihrem alten Image lösen und als Digitalisierungspartner der Wohnungswirtschaft wahrgenommen werden. Stadtwerke machen sich Gedanken, ins Submetering einzusteigen. Sie genießen den Vorteil, als lokale Player eine langjährige Kundenbeziehung zu den wohnungswirtschaftlichen Unternehmen vor Ort zu haben. Diese vielschichtige Konstellation macht Metering und Submetering gerade zu einem sehr spannenden Markt.
e.b: In der Wohnungswirtschaft sind Unternehmen höchst unterschiedlicher Größe anzutreffen. Auf welche Gruppe konzentrieren Sie sich?
Vietmeier: Unser Ausschreibungsmodell adressiert die Verwaltung aller wohnungswirtschaftlichen Unternehmen, die ca. über 700 Wohneinheiten betreuen. Nur dort sind Ausschreibungen sinnvoll und zielführend. Aber auch für kleinere Verwaltungen und wohnungswirtschaftliche Unternehmen mit gewerblichem Fokus lassen sich im Submetering viele Optimierungspotenziale finden. Grundsätzlich lohnt sich der Kontakt zu uns in jedem Fall, da unsere Beratung völlig kostenfrei und unverbindlich ist, egal welcher Lösungsweg schlussendlich umgesetzt wird.
„Kleinen Teams fällt es schwer, ihr Submetering strategisch neu auszurichten“
e.b: Hat Ihre Zielgruppe eine Obergrenze?
Vietmeier: Die sehr großen wohnungswirtschaftlichen Unternehmen haben die Ressourcen, sich selbst zu optimieren und sich auf ausgewählte wenige Messdienstleister zu fokussieren. Die könnten das Submetering als Teil der Wertschaffungskette sogar selbst ins Haus holen. Dann sprechen wir von einer klassischen Selbstabrechnung. Eine klare Obergrenze lässt sich nicht ziehen. Aber in einem Bereich, wo weniger als 10.000 Wohneinheiten verwaltet werden, sind die Teams häufig klein und so vom Alltagsgeschäft eingenommen, dass es ihnen schwer fällt, ihr Submetering strategisch neu auszurichten. Denen sagen wir: Ihr braucht euch nicht darum zu kümmern, wir können das vollumfänglich übernehmen. Uns als Spezialisten fällt es natürlich deutlich leichter, Verträge zu analysieren sowie Preise, Leistungen und Qualität zu bewerten. Wir haben auch den Finger am Puls der Marktentwicklung und informieren über Chancen und Pflichten, die sich durch neue Rahmenbedingungen ergeben. Wir bereiten das alles so weit vor, sprich, legen ausgewählte Angebot vor, erläutern Vor- und Nachteile, kümmern uns auch darum, dass es umgesetzt wird. Am Ende entscheidet natürlich der Kunde. Für ihn ist das sehr attraktiv, denn der Hebel ist aus unserer Sicht groß. Man muss sich nur aktiv darum kümmern.
e.b: Können Sie sich Stadtwerke als Geschäftspartner von advilo vorstellen?
Windoffer: Absolut! Stadtwerke, die sich jetzt Gedanken machen, ins Submetering einzusteigen, wären ein zusätzlicher potenzieller Partner für unser Portfolio. Noch haben wir ja das vielzitierte Oligopol der fünf großen Messdienstleister. Für uns bedeutet es zusätzliche Chancen, weitere Partner hinzuzubekommen, insbesondere dadurch, dass diese die ganze Wertschöpfungskette vom Metering bis Submetering abdecken. Wir können Stadtwerke auch beraten, wie sie sich beim Submetering optimal aufstellen. Wir könnten ebenso versuchen, für Stadtwerke Aufträge zu generieren. Es ist viel in Bewegung, ohne dass wir schon ganz genau wissen, wohin die Reise gehen wird. Wir sind für alles offen.
„Man versteht unser Konzept und erkennt seinen Nutzen“
e.b: Sie sind knapp ein Dreivierteljahr mit advilo am Markt. Welches Echo findet Ihr Dienstleistungsangebot?
Windoffer: Das Feedback ist sehr erfreulich und bestätigt unseren Ansatz. Die Wohnungswirtschaft reagiert positiv auf unsere Idee und gibt uns immer wieder neue Impulse. Dadurch haben wir in den letzten Wochen beispielsweise ein Smart-Metering Konzept entwickelt, mit dem wir unsere Kunden dabei unterstützen, ihre ESG*-Ziele zu erreichen. Man versteht unser Konzept und erkennt seinen Nutzen. Die Nachfrage steigt.
e.b: Welche Lektionen haben Sie bisher gelernt?
Windoffer: Unsere im Vorfeld der advilo-Gründung getroffenen Annahmen bestätigen sich. Aufträge, die wir für unsere Kunden durchführen, sind nicht in zwei Wochen abgeschlossen, sondern erstrecken sich meist über mehrere Monate. Ob ein Projekt tatsächlich den berechneten Erfolg bringt, wird man aber erst nach ein oder zwei Jahren prüfen können, wenn der Wohnungsbestand komplett auf einen Messdienstleister umgestellt und schon operativ bewirtschaftet wurde. Im Moment kann uns ein Verwalter nur danach beurteilen, ob wir einen guten Job gemacht haben, indem wir fair und neutral beraten und inwieweit ihm Aufwand abgenommen haben. Das macht es schwierig, substanzielle Weiterempfehlungen zu bekommen, was wichtig für unser Wachstum ist. Unser Ziel sind natürlich nachhaltige Kundenbeziehungen, indem wir begleitend als Berater und Sparringspartner zur Verfügung stehen. Wir glauben, dass unsere Dienstleistung die Basis dafür schafft, sich im Bereich Digitalisierung weiterzuentwickeln.
e.b: Letzte Frage: Was bedeutet advilo?
Windoffer: Der Name ist in erster Linie abgeleitet vom englischen Advisory, lässt aber Raum für andere Interpretationen und Assoziationen. Wir haben ein Fantasiewort gewählt, um uns mit Blick in die Zukunft nicht zu stark einzuengen. Wie angedeutet: Unser Geschäftsmodell könnte in diesem dynamischen Markt in absehbarer Zeit ganz anders aussehen als heute. Dann möchten wir weiterhin einen Namen tragen, der zu dem passt, was wir dann an Betreuung und Beratung im Themenspektrum Messdienstleistung, Heizkostenabrechnung, Submetering usw. anbieten.
e.b: Herr Windoffer, Herr Vietmeier, vielen Dank für das Gespräch.
* ESG = Environmental Social Governance