Grüner Wasserstoff: Fraunhofer startet Referenzfabrik für die Elektrolyseur-Massenproduktion
Wie wird grüner Wasserstoff wettbewerbsfähig? Die Kosten zur Herstellung von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff um mehr als ein Viertel senken – daran arbeiten Fraunhofer-Forschende aus Chemnitz, Görlitz, Aachen, Stuttgart und Halle (Saale) in einem neuen Großforschungsprojekt. Gemeinsam bauen sie eine Referenzfabrik auf, in der in den nächsten vier Jahren neue Produktionsverfahren entwickelt und geprüft werden können. Die besten und wirtschaftlichsten Verfahren werden parallel komplett virtuell nachgebaut und in einen Technologiebaukasten überführt, der es Industrieunternehmen erlaubt, vor der Planung einer Fertigung genau zu prüfen, mit welchen Produktionskosten sie für bestimmte Elektrolyseur-Typen rechnen müssen. Das Vorhaben trägt zur Erreichung der Klimaziele bei und stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Bundesregierung fördert es deshalb mit 22 Mio. Euro über das Wasserstoff-Leitprojekt „H2Giga“.
Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein bei der Umstellung von Industrie und Verkehr auf erneuerbare Energien. Um ihn zu marktwirtschaftlichen Preisen und zugleich klimaneutral herzustellen, müssen Elektrolyseure – in ihnen wird Wasser mit Strom z. B. aus Wind oder Sonne in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten – in großer Zahl automatisiert produziert werden. Mit den bisher verfügbaren Technologien wäre eine Massenproduktion viel zu teuer und nicht konkurrenzfähig. Hier setzt die Referenzfabrik an. Denn mit Forschung zu günstigeren Werkstoffen, zur Qualität der Bauteile, zur Langlebigkeit, zu besseren Produktionstechnologien, zur Skalierbarkeit der Produktionsverfahren, ihrer Automatisierung, der Vernetzung von Produktionslinien, dem Aufbau effizienter Lieferketten und zur Fabrikplanung soll die Großserienfertigung rentabel werden. Die Produktionskosten für Wasserelektrolyseure im Gigawatt-Bereich sollen um mehr als 25 % sinken.
Digitale Zwillinge: Innovationspool senkt Investitionsrisiko
Die besten und wirtschaftlichsten Produktionsverfahren werden für einen Innovationspool komplett virtuell nachgebaut. Man spricht von sogenannten Digitalen Zwillingen. Mit ihnen lassen sich Produktionsverfahren und die Kombination neuer Produktionsanlagen berechnen und schon am Rechner tiefgehend prüfen. „Wir bauen eine digitale Bibliothek der zukunftsfähigen Elektrolyseur-Herstellungsverfahren auf, mit dem die Investitionskosten und sogar die Kapitalrendite je nach geplanter Produktionsmenge, Fertigungstiefe und Herstellungsvariante vorab bestimmbar sind“, sagt Dr.-Ing. Ulrike Beyer, Leiterin der Wasserstoff-Taskforce am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und Koordinatorin des Großforschungsprojektes. „Der damit entstehende Technologiebaukasten wird der Elektrolyseur-Industrie einen echten Boost verschaffen. Wir versprechen uns einen enormen Innovations-Impact – auch weil unser technologieoffener Ansatz es erlaubt, immer wieder neue Ideen und Konzepte aus Wirtschaft und Wissenschaft zu integrieren.“
Technologieführerschaft stärkt Wirtschaftsstandort
Die Fraunhofer-Forschenden sind überzeugt: Der beste Weg, grünen Wasserstoff schnell in der Breite anwendbar zu machen, besteht darin, seine Herstellung als wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren. Allerdings gibt es gegenwärtig noch zu wenige Elektrolyseur-Hersteller am Markt, und sie bedienen mit kleinen Stückzahlen eher Nischenmärkte. Ein starker Heimatmarkt für Wasserstofftechnologien fehlt noch. Technologieführerschaft in diesem Industriebereich kann dazu beitragen, einen solchen Markt zu entwickeln. Das würde den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter stärken – auch im Export.
22 Mio. Euro für fünf involvierte Fraunhofer-Institute
Neben dem Fraunhofer IWU bringen vier weitere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft ihre Expertise ein: Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart, das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale). Sie erhalten zusammen eine Förderung von 22 Mio. Euro bis ins Jahr 2025 aus dem Wasserstoff-Leitprojekt „H2Giga“ der Bundesregierung. Es umfasst insgesamt 30 Verbünde sowie 130 Industrie- und Forschungspartner.
Wie das BMBF die Wasserstoff-Leitprojekte fördert
Mit seiner bislang größten Forschungsinitiative zum Thema Energiewende unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Deutschlands Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft. Die drei Wasserstoff-Leitprojekte sind das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs und bilden einen zentralen Beitrag des BMBF zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie. Über vier Jahre sollen sie vorhandene Hürden, die den Einstieg Deutschlands in eine Wasserstoffwirtschaft erschweren, aus dem Weg räumen. Dabei geht es um die serienmäßige Herstellung großskaliger Wasser-Elektrolyseure (H2Giga), die Erzeugung von Wasserstoff und Folgeprodukten auf hoher See (H2Mare) sowie Technologien für den Transport von Wasserstoff (TransHyDE). In den Wasserstoff-Leitprojekten arbeiten über 240 Partner aus Wissenschaft und Industrie zusammen. Im Frühjahr sind die Projekte auf Basis unverbindlicher Förder-Inaussichtstellungen gestartet. Insgesamt wird die Förderung über 740 Mio. Euro betragen.
Die Fraunhofer-Gesellschaft…
… mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirkt sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 75 Institute und Forschungseinrichtungen. Rund 29 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolumen von 2,8 Mrd. Euro. Davon fallen 2,4 Mrd. Euro auf den Leistungsbereich Vertragsforschung.
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