Home > Magazin > Wohnraummobilisierung bzw. effektivere Wohnraumnutzung könnte zum Klimaschutz beitragen

Wohnraummobilisierung bzw. effektivere Wohnraumnutzung könnte zum Klimaschutz beitragen

Wohnraummobilisierung
Chancen für die Wohnraummobilisierung: Viele Menschen in der Nachfamilienphase wohnen in Häusern, die für sie zu groß sind oder sogar über eine abgeteilte weitere Wohnung verfügen, die nicht vermietet ist. (Bild: Markus Winkler / Pixabay)

Wohnraummobilisierung bedeutet: Menschen in der Nachfamilienphase könnten ihre zu groß gewordenen Häuser in mehrere Wohnungen umbauen oder kleinere Wohnungen beziehen

Wohnen auf kleiner Fläche schont die Umwelt. Mit einer speziell konzipierten Orientierungsberatung können Kommunen eine Wohnraummobilisierung anstoßen. Indem Menschen beispielsweise ihre zu groß gewordenen Häuser in der Nachfamilienphase in mehrere Wohnungen umbauen oder in eine kleinere Wohnung ziehen, können vorhandene Wohnflächen nachhaltiger genutzt werden. Das ist das Ergebnis des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes „LebensRäume“. Forschende vom Öko-Institut, dem ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und dem ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung haben gemeinsam mit dem Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für ältere Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer entwickelt.

Eine Umfrage im Projekt zeigte: Viele Menschen sind nicht abgeneigt, anders zu wohnen. „Etwa drei Viertel der Befragten mit Eigenheim können sich grundsätzlich einen Umzug in eine altersgerechte barrierefreie Wohnung oder in ein kleineres Haus vorstellen“, sagt Dr. Immanuel Stieß vom ISOE. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten im Alter ab 55 Jahren gab an, über ungenutzte Räume im eigenen Haus zu verfügen. Etwa ein Drittel der Befragten wohnen in einem Haus, das über eine abgeteilte weitere Wohnung verfügt – 60 % dieser Wohnungen sind nicht vermietet. „Hier besteht erhebliches Potenzial für den Klima- und Ressourcenschutz“, sagt Projektleiterin Dr. Corinna Fischer vom Öko-Institut. „Damit kann ein Neubau eingespart werden – und somit Energie und Ressourcen“.

In 60 % der Eigenheime wohnen eine oder zwei Personen 

Im Jahr 2018 besaßen mehr als ein Drittel der deutschen Haushalte ein Ein- oder Zweifamilienhaus. 60 %dieser Eigenheime werden von einer oder zwei Personen bewohnt, fast immer von Menschen in der Nachfamilienphase. Ihre Wohnflächen sind überdurchschnittlich groß und der energetische Standard niedrig. Das schadet dem Klimaschutz. Gleichzeitig entstehen an den Ortsrändern Neubaugebiete. Diese Gebiete benötigen neue Infrastruktur, verbrauchen neue Flächen und bringen Erschließungskosten mit sich.

Die Forschenden haben ein Konzept zur Wohnraummobilisierung in Kommunen entwickelt. „Das Herzstück ist eine Orientierungsberatung, die wir im Projekt erprobt haben“, sagt Dr. Lars-Arvid Brischke vom ifeu. Eine Beraterin oder ein Berater kommt nach Hause, schätzt den Zustand des Gebäudes ein und ermittelt mit den Ratsuchenden Wohnwünsche und Wohnkriterien für das Alter. Darauf aufbauend werden verschiedene Wohnmöglichkeiten vorgestellt, priorisiert und erste Schritte dorthin festgelegt.

Handreichung erklärt praktische Umsetzung

Eine wichtige Voraussetzung, um Bewegung in die Wohnraumnutzung zu bringen, ist eine intensive Öffentlichkeitsarbeit: „Damit die Wohnraummobilisierung funktioniert, muss die Orientierungsberatung von den Kommunen beworben und von weiterführenden Angeboten, wie einer Finanzierungs- oder Umbauberatung, flankiert werden,“ sagt Dr. Corinna Fischer. Vor allem aber muss geeigneter Wohnraum für ältere Menschen geschaffen werden.

Das gesamte Konzept ist in der Handreichung „Wohnraummobilisierung – gut für Menschen, Kommune und Klima“ dargestellt. Sie zeigt in sechs Schritten, wie geeignete Zielgruppen auf ihr vorhandenes Wohnraumpotenzial angesprochen werden können und richtet sich an alle, die einen kommunalen Beratungsprozess initiieren und institutionalisieren können: an die Kommunalpolitik, an die Verwaltung, an Beratungsinstitutionen und beispielsweise Verbände. Auch ein Erklärfilm, der die Zusammenhänge hinter einer bedürfnisorientierten Wohnraumnutzung veranschaulicht, und weitere Materialien stehen Interessierten zur Verfügung.

Öko-Institut e.V.
Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strate-gien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.
www.oeko.de

ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Das ISOE gehört zu den führenden unabhängigen Instituten der Nachhaltigkeitsforschung. Seit mehr als 30 Jahren entwickelt das Institut wissenschaftliche Grundlagen und zukunftsfähige Konzepte für Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft – regional, national und international. Zu den Forschungsthemen gehören Wasser, Energie, Klimaschutz, Mobilität, Urbane Räume, Biodiversität und sozial-ökologische Systeme.
www.isoe.de

ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung
Das ifeu forscht und berät weltweit zu wichtigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen für zahlreiche inter-nationale und nationale Fördermittel- und Auftraggeber. Es zählt mit über 40-jähriger Erfahrung zu den bedeutenden ökologisch ausgerichteten, unabhängigen und gemeinnützigen Forschungsinstituten in Deutschland. An den Standorten Heidelberg und Berlin sind rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler der Natur-, Ingenieurs- und Gesellschaftswissenschaften beschäftigt.
www.ifeu.de

Das könnte Sie auch interessieren
Pflanzenkohle
Pflanzenkohle ermöglicht großvolumige CO2-Senken in der Landwirtschaft
H2 Network
The H2 Network ist auf Wachstumskurs und treibt konkrete Entwicklungsprojekte voran
Optimierungssoftware
Optimierungssoftware von KISTERS zeigt Zusammenhänge zwischen Kosten und CO2-Reduktion bei der Transformation von Energiesystemen auf
Förderung für E-Mobilität
Studie belegt: Förderung für E-Mobilität schöpft Klimaschutzpotenzial nicht aus