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iMSys-Voll-Rollout in Deutschland? Branchenexperten begrüßen die Entschließung des Bundesrates

Voll-Rollout
Vier Smart Meter Gateways sind bislang zertifiziert. Von links oben im Uhrzeigersinn die Geräte von PPC, EMH Metering, Sagemcom Dr. Neuhaus und Theben. Nicht nur die Geräteindustrie steht einem potenziellen Voll-Rollout intelligenter Messsysteme aufgeschlossen gegenüber. (Bilder: Hersteller bzw. zugehörige Unternehmen)

Die Idee vom iMSys-Voll-Rollout erzeugt in der Metering-Branche ein positives Echo. Aber die Rahmenbedingungen müssten dafür angepasst werden.

iMSys-Voll-Rollout ja oder nein? Diese Frage wäre ein heißer Diskussionsgegenstand auf den Metering Days 2020 geworden. Doch bekanntlich fällt Veranstaltung wegen CoVid19 dieses Jahr aus. Das keineswegs neue, in der Branche aber eher am Rande reflektierte Thema ist durch eine aktuelle Entschließung des Bundesrats, die auf eine Initiative Baden-Württembergs zurückgeht, unerwartet in den Fokus gerückt. Inhalt: Gemäß Strombinnenmarktrichtlinie (RL 2019/944/EU) sollen in Deutschland intelligente Messsysteme (iMSys) beschleunigt und in breitem Umfang eingeführt werden. energie.blog bat Marktexperten um ihre Meinung: „Wie stehen Sie zum Plan eines iMSys-Voll-Rollouts?“ Überraschend oder auch nicht: Die Antworten fallen unabhängig von der Marktrolle der Sprecher zustimmend aus. Allerdings müssten für die Umsetzung noch Weichen gestellt werden.

Sie finden hier die Statements von: >Dr. Volker Kruschinski (Schleupen), >Dr. Fritz Wengeler (smartOPTIMO), >Ruwen Konzelmann (Theben), >Dr. Peter Heuell (EMH metering), >Karsten Vortanz (VOLTARIS), >Ingo Schönberg (PPC), >Arkadius Jarek (Netze BW), >Lars Austermann (BTC), >Dr. Michał Sobótka (GWAdriga), >Marco Caruso (GISA), >Nikolaus Starzacher (Discovergy), >Steffen Heudtlaß (MeterPan), und >Dr. Christian Hofmann (Robotron) sowie eine nachträgliche Stellungnahme von >Gerhard Radtke (GeBiCon Ingenieurbüro).

Dr. Volker Kruschinski, Vorstandsvorsitzender, Schleupen AG:

Voll-Rollout

 Je mehr, desto besser

„Grundsätzlich sind wir der Meinung: Je mehr intelligente Messsysteme ausgerollt werden, desto besser ist das. Und zwar auch im Sinne unserer Kunden. Die intelligenten Messsysteme sind die Grundlage für Mehrwertdienste. Je schneller die innovative Technik auf den Weg gebracht wird, desto größer sind die Chancen kommunaler Versorger, im Markt Fuß zu fassen, bevor andere auf den Markt drängen. Durch einen großangelegten Rollout wird die Digitalisierung der Energiewende für alle Verbraucher erlebbar. Zu Anfang werden wir jedoch im Wesentlichen nur eine Komfort- und Qualitätsverbesserung haben. Eine Wirtschaftlichkeit wird in dieser Phase noch nicht gegeben sein, jedoch ist dies eine wichtige Investition für spätere Geschäftsmodelle. Gleichwohl sollte die Technik, die in breiter Front ausgerollt wird, wirkliche Marktreife zeigen. Alle Beteiligten sollten also genug Zeit haben, wirkliche Erfahrungen mit der Technik zu sammeln und Kinderkrankheiten auszuräumen. Letztendlich wird der Rollout in der Masse dann zur Rationalisierung und zur Senkung der Kosten führen.“

Dr. Fritz Wengeler, Geschäftsführer, smartOPTIMO GmbH & Co. KG:

Voll-RolloutDer Markt wird den erweiterten Rollout regeln

„Der Voll-Rollout der iMSys wird von vielen Interessengruppen als sinnvoll erachtet, lässt sich aber auf Basis derzeitiger Funktionen und Mehrwerte der Smart Meter Gateways nicht für alle Kundengruppen argumentieren. Nicht alle profitieren genügend von dem Nutzen oder anders gesagt, die Kosten sind höher als die erreichbaren Vorteile für Nutzer mit geringen Verbräuchen. Wir befürworten einen smarten Rollout – also dort, wo es sinnvoll ist. Perspektivisch sehen wir noch diverse Entwicklungsmöglichkeiten mit Kundennutzen. Beispielsweise wird den Zielgruppen der Wohnungswirtschaft ein vielfältiger Einsatz der iMSys geboten. Die iMSys bieten einen sicheren Kommunikationskanal für sicherheitsrelevante Daten und damit die Basis für neue Dienstleistungen wie die Fernablesung der Heizkostenverteiler und die Fernüberwachung von Rauchmeldern. Hier gibt es viele Anwendungsbeispiele. Wir sprechen daher nicht nur von Services im Bereich Strom oder Gas, sondern auch über Submetering und andere Sparten wie Wasser und Wärme. Ein interessanter Markt für Stadtwerke. Das iMSys bietet einen sicheren Kommunikationskanal, auf dessen Basis neue Geschäftsmodelle aufgesetzt werden können. Dieses führt dann unweigerlich zu weiteren Use-Cases mit Kundennutzen bzw. positivem Business Case außerhalb der Pflichteinbaufälle. Daher ist unsere Meinung: Wenn die technische Basis vorhanden ist, wird der Markt den erweiterten Rollout regeln.“

Ruwen Konzelmann, Head of Business Unit Smart Energy, Theben AG:

Voll-RolloutKraftakt wird sich nachhaltig auszahlen

„Wir sehen in der Initiative Baden Württembergs gemäß Strombinnenmarkrichtlinie einen Anstoß zur konsequenten Weiterentwicklung des Vorhabens der Bundesregierung, die Energiewende weiter erfolgreich voran zu bringen. Die Strombinnenmarktrichtlinie enthält wichtige und zielführende Aspekte in den Bereichen der effizienten und sicheren Nutzung von Energie und deren Erzeugung, sowie Gebäude- und Anlagentechnik in Deutschland als richtungsweisendes Vorbild für eine internationale Umsetzung. Die Ausbringung von iMsys als datenschutzkonforme und sichere Kommunikationsinfrastruktur bietet Anwendern und Endverbrauchern eine zuverlässige Grundlage für den Austausch von Daten zwischen Systemen zur Steuerung, Information und Abrechnung. Dieser Auf- und Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur benötigt eine technologische Weiterentwicklung und Pioniergeist aller beteiligten Parteien – also genau das, was die in Deutschland befindliche Industrie ausmacht. Politisches Ziel ist die Energiewende erfolgreich, für uns als Bürger dieses Landes im Einklang mit wirtschaftlichen Zielen und der Sicherung des Technologiestandortes Deutschlands im Wettbewerb zu ausländischen Technologien zu gestalten. Vor allem unsere jungen Mitarbeiter ist der Purpose (Zweck, Ziel, Bestimmung) ihrer Arbeit neben den finanziellen und technologischen Hintergrund wichtiger denn je – auch hierin sehen wir einen wichtigen Erfolgsfaktor zum Gelingen des Vorhabens. Unbestritten erfordert es einen enormen Kraftakt und Durchhaltevermögen, der sich unserer Meinung nach nachhaltig auszahlen wird.“

Dr. Peter Heuell, Geschäftsführer, EMH metering GmbH:

Voll-RolloutDurch höhere Stückzahlen sinken die Kosten erheblich

„Ich unterstütze den Plan für einen Voll-Rollout voll und ganz. Denn ein breiter Einsatz von intelligenten Messsystemen ist der wirtschaftlich vernünftigste Weg. Dabei ist es heute längst nicht mehr die Frage, ob es einen Voll-Rollout geben wird, sondern lediglich wann. Die Rechnung ist ganz einfach: Durch höhere Stückzahlen sinken die Kosten erheblich. Und zwar betrifft das nicht nur die Gerätepreise – auch die Fixkosten, etwa für die IT-Infrastruktur, sinken, wenn mehr Geräte zum Einsatz kommen. Besonders effizient wird ein Voll-Rollout, wenn mehrere Messpunkte an ein Gateway angebunden werden. Mit dieser Multi-Mandanten-Strategie lassen sich ganze Liegenschaften über ein Gateway in die digitale Energiewelt transferieren. Alle Marktteilnehmer profitieren davon. Endverbraucher können teilhaben an neuen Dienstleistungen. Energieversorger gewinnen einen größeren Markt. Netzbetreiber wiederum können sich ein genaueres Bild über ihre Netze machen. Das schafft die Basis für eine sichere Versorgung mit erneuerbaren Energien.“

Karsten Vortanz, Geschäftsführer, VOLTARIS GmbH:

Voll-Rollout

Lösungen, die begeistern und die Energiewende voranbrin­gen

„Als Metering-Dienstleister favorisieren wir den Voll-Rollout. Mit den Smart Meter Gateways steht, unter Beachtung der BSI-Konformität, eine hochsi­chere und hochverfügbare Infrastruktur zur Verfügung – nicht nur für die Datenübertragung und Netzsteuerungs-Maßnahmen, sondern auch für Mehrwertdienste. Derzeit realisieren wir innerhalb unserer Anwendergemeinschaft beispielsweise die ersten Submetering-Pilotprojekte. Den Stadtwerken und Netzbetreibern stehen jetzt Lösungen zur Verfügung, die die Kunden begeistern und die Energiewende voranbrin­gen. Die Digitalisierung der Energiewende wird nur gelingen, wenn möglichst viele Anwendungsfälle – auch die Einbindung von dezentralen Erzeugungsanlagen, Elektromobilität und die intelligente Netzsteuerung – umgesetzt werden. Denn erst diese Funktionalitäten bringen den versprochenen Nutzen für die Energiewirtschaft und den Verbraucher.“

Ingo Schönberg, Vorstandsvorsitzender, PPC AG:

Voll-RolloutPflichteinbaufälle sollten Einstieg in einen Voll-Rollout sein

„Die BMWi-Roadmap zeigt das vielseitige Anwendungsspektrum, in dem das SMGW als Sicherheitsanker für Sektorkopplung, netzverträgliche Integration von Energiewendetechnologie und Energieeffizienz dient. Die integrierte Herangehensweise ermöglicht sowohl Synergien bei der Digitalisierung der Stromnetze und Liegenschaften als auch sektorübergreifende Geschäftsmodelle. Mit einem systematischen, flächendeckenden Rollout könnte so eine standardisierte und hochsichere Plattform für die Zukunft entstehen. Netzseitig erfordert die Energiewende Flexibilität bei Erzeugung und Verbrauch und eine vollumfängliche Beobachtbarkeit des Netzzustands. In der Liegenschaft wird zur Umsetzung der Binnenmarkt- und Energieeffizienzrichtlinie sowie für smarte Lösungen im Gebäude und für Endkunden eine sichere Anbindung benötigt. Letztlich treiben somit Energiewende, Komfort und Smarte Lösungen die Digitalisierung aus unterschiedlichen Richtungen voran. Eine systematische Nutzung des SMGW bietet hierfür eine nachhaltig sichere und ökonomisch vorteilhafte Lösung – sofern sie flächendeckend eingeführt wird und nicht im Pflichtrollout „stecken bleibt“. Skaleneffekte und Deckungsbeiträge für sprungfixe Backendsysteme unterstützen diesen Trend. Sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht sollten die Pflichteinbaufälle also nicht das Ziel sein – sondern vielmehr der Einstieg in einen Vollrollout.“

Arkadius Jarek, Leiter MSB-Management, Netze BW GmbH & Co. KG:

Voll-RolloutFür Full-Rollout wären Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln

„Intelligente Messsysteme bieten ein riesiges Potential – nicht nur als digitaler Baustein der Energiewende. Wir sehen sie als Plattform für datenbasierte Mehrwerte wie Submetering, Mehrspartenabrechnungen bis hin zum umfassenden Energie-Controlling oder Smart Home-Anwendungen. Auch sensorbasierte IoT-Services bieten sich an, da ein Messstellenbetreiber ja alles messen kann. Von daher wäre ein Full-Rollout grundsätzlich wünschenswert. Die Digitalisierung des Messwesens bedeutet allerdings einen Kraftakt, vom Aufstellen neuer Prozesse im Betrieb über die IT bis zur Fortbildung der Mitarbeiter. Innerhalb der Preisobergrenzen bilden schon die Pflichteinbauten eine immense Herausforderung – gerade für einen Flächennetzbetreiber. Zur Senkung der Kosten arbeiten wir an Lösungen wie der 1:n-Anbindung (ein Gateway für mehrere Basiszähler). Für einen wirtschaftlich darstellbaren, zügigen Full-Rollout wären aber auch die Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln, wobei ich Marktteilnehmer und gerade die Politik in der Pflicht sehe.“

Lars Austermann, Managing Director Energie & Telekommunikation, BTC AG:

Voll-RolloutStärkung der Marktrolle Messstellenbetreiber

„Die BTC AG begrüßt die von den Bundesländern geforderte Beschleunigung zur Einführung intelligenter Messysteme sowie die damit verbundene Position, dass Interoperabilität sowie gesicherte Steuerfunktion mit direktem Bezug auf das iMSys erfolgen muss. Das gilt auch für die gebotene Flexibilisierung des Energieverbrauches über markt- und netzorientierte Anreizsysteme und die damit verbundene Dynamisierung der Strompreise. BTC selbst hat mit ihren Kunden nachgewiesen, dass die Anwendungsfälle in diesem Zusammenhang heute schon technisch möglich sind. Das von den Bundesländern geforderten Beschleunigen der Einführung intelligenter Messysteme stärkt die Marktrolle der Messstellenbetreiber sowie neuer Akteure auf dem Energiemarkt, ihre Geschäftsmodelle nun sicherer auszugestalten.“

Dr. Michał Sobótka, Geschäftsführer, GWAdriga GmbH & Co. KG

Voll-RolloutSchub für die Digitalisierung der Energiewende

„Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass die intelligenten Messsysteme der wichtigste Baustein für die Digitalisierung der Energiewende sein werden, da das Smart-Meter-Gateway einen sicheren und verlässlichen Kanal zum Endkunden bietet, auf dem perspektivisch vielfältige öffentliche und private Dienste angeboten werden können. Wenn diese verlässliche Plattform erst einmal flächendeckend zur Verfügung steht, werden sich schnell entsprechende Mehrwertangebote etablieren. Ein iMsys-Voll-Rollout würde der Digitalisierung somit insgesamt einen enormen Schub geben und ist meines Erachtens auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Das wird jedoch nicht ohne entsprechende öffentliche Mittel gehen, mindestens im Sinne einer Anschubfinanzierung. Aktuell ist doch schon der laufende Teil-Rollout für viele Unternehmen eine wirtschaftliche Herausforderung, zudem schrecken die dann höheren Messentgelte den Verbraucher ab. Sicher wäre aber ein flächendeckender Rollout auch ein echter Beschleuniger für den wettbewerblichen Messstellenbetrieb, da er zu den hohen Stückzahlen führen würde, die nötig sind, damit sich ein wMSB tatsächlich rechnet. Und über den Wettbewerb werden wir dann auch sinkende Preise und attraktive inhaltliche Angebote am Markt sehen.“

Marco Caruso, Director Smart Utilities, GISA GmbH:

Voll-RolloutMehr Wettbewerb im Markt und Vorteile für Endverbraucher

„Unsere Kunden und Partner sind genauso wie wir als IT-Dienstleister mit unseren Systemen seit längerem „Ready for Smart Meter“. Ein Voll-Rollout kann die langen Verzögerungen bis zur Markterklärung in diesem Jahr teilweise wett machen und die Energiewende und die damit einhergehende Digitalisierung beschleunigen. Er führt zu mehr Wettbewerb für alle Marktteilnehmer und Vorteilen für die Endverbraucher. Durch den Rollout ergeben sich auch Chancen, die gesteckten Klimaschutzziele besser zu erreichen, da erst durch Smart-Meter eine bessere Transparenz und Steuerung der Energieflüsse möglich wird. Auch können Haushalte schneller von neuen Technologien und Anwendungsfällen wie bspw. Smart-Home-Lösungen profitieren. Aber auch für die Energieversorgungsunternehmen ergeben sich durch den iMSys-Voll-Rollout schneller und umfassender Möglichkeiten, Mehrwertdienste für ihre Kunden bereitzustellen, die intelligente Messsysteme als Voraussetzung benötigen. Das können z. B. flexiblere Preismodelle oder auch die effizientere Auslastung von vorhandenen Energienetzen sein. Wir als IT-Dienstleister für Energieversorger stehen auf jeden Fall bereit!“

Nikolaus Starzacher, Geschäftsführer, Discovergy GmbH:

Voll-RolloutRahmenbedingungen verbessern, damit die Akzeptanz wächst

„Für das Gelingen der – digitalen – Energiewende sind intelligente iMSys eine wichtige infrastrukturelle Voraussetzung. Sie ermöglichen den Informationsaustausch zwischen den Akteuren im Stromnetz (Stromerzeuger, Stromverbraucher, Netzbetreiber). Ohne sie ist der Ausbau Erneuerbarer Energien, flexibler Netze und Ladeinfrastruktur für Elektroautos unmöglich. Daher begrüßt Discovergy die Initiative des Bundesrates, weil es Schwung in die Rollout-Planungen des BMWi und die Zertifizierung von iMSys durch das BSI bringt. Und: Durch die anstehende Auseinandersetzung im Bundestag werden die Vorteile von iMSys bekannter: Verbraucher profitieren von niedrigeren Stromverbrauch durch mehr Transparenz, variable Stromtarife und das Wegfallen von Zählerstand-Ablesungen. Grundsätzlich sehen wir den iMSys-Voll-Rollout kritisch. Wichtiger wäre es, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass die Akzeptanz wächst: Dann interessieren sich Verbraucher aus freien Stücken für die Technologie, was den Rollout beschleunigt.“

Steffen Heudtlaß, Geschäftsführung, MeterPan GmbH:

Voll-RolloutVoll-Rollout ja, aber bitte ohne Brechstange

„Der Beschluss des Bundesrats, den Roll-Out intelligenter Messsysteme in Deutschland umfassend zu beschleunigen, ist ein wichtiges Signal. Bei vielen unserer GWA-Kunden verspürten wir diesbezüglich eine starke Zurückhaltung, nicht zuletzt auch bedingt durch COVID-19. Damit die Energiewende am Ende auch wirtschaftlich gelingt, ist eine flächendeckend verfügbare, leistungsfähige und digitale Infrastruktur unerlässlich. Die bisher gewählten Mittel und Wege hierfür sollten allerdings auch kritisch betrachtet werden, denn mit der Kombination aus Pflicht-Quoten und gleichzeitigen Preisobergrenzen wird weder ein zügiger Ausbau noch eine wirkliche Chancengleichheit zur Nutzung digitaler Angebote für den Endverbraucher erreicht. Angesichts der hohen Subventionen für die E-Mobilität sollte auch über ähnliche Anreize für den MSB und Endverbraucher nachgedacht werden. Hier sehen wir die Chance, dass der Beschluss nicht nur ein politisches Signal, sondern ein echter Impuls für den Rollout der iMSys in Deutschland sein kann.“

Dr. Christian Hofmann, Fachbereichsleiter Messwesen, Robotron Datenbank-Software GmbH:

Voll-RolloutWichtig ist, dass Mehrwerte geschaffen werden können

„Wir begrüßen einen beschleunigten und breit ausgelegten Ausbau von intelligenten Messsytemen in Deutschland bis hin zum Voll-Rollout. Durch die damit einhergehende Digitalisierung der Energiewirtschaft sehen wir Chancen und Potentiale für neue Anwendungsmöglichkeiten und Geschäftsfelder. Wichtig ist dabei, dass sich die Nutzung dieser sicheren Infrastruktur zwischen Endverbraucher und Datenempfängern nicht nur auf den Versand von abrechnungsrelevanten Zählerständen erstreckt, sondern Mehrwerte geschaffen werden können, um die Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz zu optimieren. Einen wesentlichen Stellenwert nehmen daher die in der Standardisierungsstrategie betrachteten Einsatzgebiete Sub-Metering, Smart Grid, Smart Mobility und Health-Care-Services ein, für welche das intelligente Messsystem ein zentraler Baustein ist.“

Nachträgliche Kommentare:

Gerhard Radtke, Consultant und Experte im Mess- und Zählwesen, GeBiCon Ingenieurbüro:

Smartere mME wären völlig ausreichend

„Ich sehe den politisch verordneten iMSys-Voll-Rollout eher kritisch. Der iMSys-Rollout kommt bislang nur sehr schleppend voran. Dass schon seit mehreren Jahren moderne Messeinrichtungen (mME) in hohen Stückzahlen ausgerollt werden, wird nicht so wirklich wahrgenommen, weder von der Politik noch von den Verbrauchern. Das liegt vor allem daran, dass die derzeitigen mME keine echten Mehrwerte bieten. Im Zeitalter der Digitalisierung Kunden mit einer Taschenlampe Zählerdaten über Morselichtzeichen auslesen zu lassen, ist mehr als fragwürdig. Das heißt aber nicht, dass jetzt überall deutlich teurere iMSys eingebaut werden müssen. Eine etwas smartere mME wäre völlig ausreichend. Damit ließen sich eine Menge Use Cases umsetzen, beispielsweise:

  • Jedwede Tarifsimulation, um zu vorab zu prüfen, ob sich dieser Tarif mit dem dafür dann zwingend erforderlichen iMSys auch rechnet
  • Einbinden von virtuellen Photovoltaikanlagen / Batteriespeichern, um die Wirtschaftlichkeit zu prüfen
  • Monitoring des Standby-Verbrauchs inkl. Alarmmeldungen bei Überschreitung vorgegebener Grenzwerte
  • Einzelgeräteidentifikation bzw. Verbrauchsermittlung bestimmter Gerätegruppen
  • Predictive Maintenance aufgrund Einzelgeräteidentifikation
  • Zielgruppenspezifische Gamemification, um überhaupt erst einmal Interesse an energiewenderelevanten Themen zu schaffen
  • Zeitgemäße Zählerstands-/ Verbrauchserfassung (Taschenlampenlösung ist damit überflüssig)
  • Sinnvolle Ergänzung / Unterstützung von Smart Home Use Cases
  • Sinnvolle Ergänzung / Unterstützung von Ambient Assist Living Use Cases

Ja, es gibt schon Adapter für die einfachen mME. Die sind jedoch weder bestandsanlagen- noch massenmarkttauglich. Es gibt auch bereits smartere mME (MeDa-Zähler, DI4Y-Zähler). Diese Lösungen sind pragmatisch, für den Endkunden kostenneutral und würden Mehrwerte ermöglichen. Sie ersetzen auf gar keinen Fall das iMSys. Ganz im Gegenteil, sie helfen dabei, den Verbraucher zu überzeugen, dass ein iMSys für ihn sinnvoll und wirtschaftlich ist. In diesem Szenario müsste nicht über den Verbraucher hinweg ein iMSys verordnet werden. Aus meiner Sicht käme das deutlich besser an, denn nur mit überzeugten Verbrauchern gelingt die Energiewende.“

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