Blaupause für weitere Pilotprojekte
Wie die Digitalisierung das Wohnen verändern wird, zeigt in der Praxis ein Smart-Metering- und Smart-Home-Projekt, das Unternehmen des TEAG-Konzerns unter Federführung der TMZ Thüringer Mess- und Zählerwesen Service GmbH mit mehreren Technologiepartnern im thüringischen Bad Blankenburg realisiert haben. In einem nach aktuellen Vorgaben energetisch kernsanierten Gebäude mit zwölf Mietwohnungen wurde unter anderem Smart-Home-Technik der Theben AG aus Haigerloch installiert. Die Mieter profitieren von Komfort- und Mehrwertfunktionen.
Auftraggeber war/ist die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Bad Blankenburg GmbH (WBG), die in der rund 7.000 Einwohner zählenden „Lavendelstadt“ im Schwarzatal knapp 1.450 Wohnungen und Gewerbeeinheiten betreibt. Die zwölf Wohnungen in der Karl-Fischer-Straße bieten modernsten Komfort. In dem dreigeschossigen Objekt können die Mieter dank Smart-Home-System nicht nur ihre Heizung nach Bedarf programmieren, sondern auch Steckdosen, Beleuchtung und Klingel steuern und regeln. Alle Strom-, Wärme- und Wasserverbräuche werden laufend gemessen und können über ein Frontend visualisiert werden. Zwei Parkplätze vor dem Wohnblock werden in Kürze mit Ladesäulen für Elektromobile ausgestattet. Die Ausrüstung mit Glasfaserkabel bis in die Wohnungen hinein ist ebenfalls vorgesehen. Im Dezember 2019 zogen die ersten Mieter ein. Die WBG sieht sich mit diesem gemeinsam mit der TEAG Thüringer Energie AG realisierten Smart-Home-Pilotprojekt als „Vorreiter für smartes Wohnen im ländlichen Raum“. Weitere einschlägige Vorhaben der WBG – aber auch mit anderen Wohnungsbetreibern – befinden sich in Planung. Das Pilotprojekt in Bad Blankenburg ist dafür die Blaupause.
Smart-Home-Lösung auf KNX-Standard
Bei dem installierten Smart-Home-System (SHS) handelt es sich um die auf dem KNX-Standard basierende Lösung LuxorLiving von der Theben AG. Im Projekt in Bad Blankenburg unterstützt es u.a. die Funktionen Schalten, Dimmen und zentrales Schalten der Beleuchtung inklusive Anwesenheitssimulation, Schalten von Steckdosen, raumweise Programmierung und Steuerung der Heizung. Das SHS ist jeweils über die CLS-Schnittstelle des Smart-Meter-Gateways (SMGW) mit der Cloud von Theben verbunden (siehe Abbildung oben). Für das Submetering sind Wärmezähler und Software von Qundis angebunden. Die TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co. KG in der Rolle des Messstellenbetreibers (MSB) bzw. die TMZ als technischer Dienstleister für MSB haben damit Fernzugriff auf die Anlage. So können etwa bei einem Mieterwechsel tagesscharf alle Verbrauchsdaten fernausgelesen werden.
Aufgrund der guten Zusammenarbeit haben die TMZ und Theben beschlossen, die SHS-Lösung gemeinsam weiterzuentwickeln. So ist es denkbar, die Gesamtlösung unter Nutzung Künstlicher Intelligenz für die Anforderungen des betreuten Wohnens fitzumachen. Dabei soll das SHS mit dem Meter-Data-Management-System der TMZ verknüpft werden. Mithilfe selbstlernender Algorithmen kann aus der Ferne durch Datenanalyse live beobachtet werden, ob es alten und gebrechlichen Menschen gut geht.
Mehrwertdienste auf dem SMGW realisieren
Für alle beteiligten Partner ist das Pilotprojekt in Bad Blankenburg von großem strategischem Interesse. Die TEN und die TMZ sehen darin ein wichtiges zukünftiges Geschäftsfeld. „Ab 2021 wollen wir uns Paragraph 6 des Energiewirtschaftsgesetzes zunutze machen und mit Bündelangeboten auf die Wohnungswirtschaft zugehen“, erläutert Sebastian Gruner, Fachgebietsleiter Messstellensteuerung bei der TMZ (Bild). Dabei haben die Thüringer insbesondere das Submetering im Blick. „Wir wollen unseren Kunden die komplette Verbrauchsabrechnung anbieten, sowohl für die klassische Strom-, Gas und Wärmelieferung als auch die wohnungsweise Heiz- und Nebenkostenabrechnung.“
Daneben geht es den TEAG-Töchtern TEN und TMZ auch darum, das SMGW für Mehrwertdienste nutzbar zu machen, für die Kunden Geld zu zahlen bereit sind. „Mit der reinem Strom- und Gasmessung lässt sich innerhalb der Preisobergrenzen kein Geld verdienen“, stellt Gruner klar. „Also orientieren wir uns Richtung Mehrwertanwendungen wie z. B. die Wärme- und Nebenkostenabrechnung.“
Letztlich profitiert der gesamte TEAG-Konzern. Der Vertrieb vergrößert sein Angebot und stärkt damit seine Wettbewerbsposition. Als wettbewerblicher MSB kann er auch außerhalb des angestammten Versorgungsgebiets mit attraktiven Bündelangeboten punkten. Die TEN als grundzuständiger MSB stärkt ihre Position im eigenen Versorgungsgebiet. Und die TMZ ist als frei agierender Dienstleister für MSB, Stadtwerke und Netzbetreiber mit zukunftsweisenden technischen Lösungen stark aufgestellt.
Digitalisierung des Wohnens im Blick
Für Theben hat das Projekt in Bad Blankenburg Leuchtturmfunktion. „Das dort realisierte Modell entspricht genau dem, was der Markt zukünftig erwartet“, kommentiert Ruwen Konzelmann, Leiter des Business Unit Smart Energy der Theben AG (Bild). Der Spezialist für smarte Gebäudetechnik in Haigerloch setzt große Hoffnungen auf die Digitalisierung des Wohnens, auch in Verbindung mit dem SMGW als zukünftiger sicherer Kommunikationszentrale im Gebäude. Das Unternehmen verfolgt im Kontext SMGW-basierter Mehrwertanwendungen zahlreiche weitere Pilotprojekte mit verschiedensten Partnern, etwa im Bereich E-Ladesäulen-Management, PV-Anlagen-Management, Heizungsmanagement, Energiemanagement und CO2-Reduzierung innerhalb landwirtschaftlicher Anwendungen. Dabei kommen auch innovative Techniken wie die Blockchain und Peer to Peer zum Einsatz. „Für Stadtwerke, Netz- und Vertriebsgesellschaften bei Energieversorgern sind all das längst keine Modethemen mehr, sondern ein Schlüsselfaktor zur nachhaltigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“, resümiert Konzelmann.
Die Zertifizierung des eigenen SMGW CONEXA 3.0 (Bild) durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erwartet Theben in diesem Jahr. Zum Einsatz kommen soll es dann auch in Bad Blankenburg und weiteren Smart-Home-Projekten, die TEN und TMZ für die Wohnungswirtschaft planen.
www.thueringer-energienetze.com
www.tmz-gmbh.de
www.theben.de