Home > Solutions > Labortest des Fraunhofer IEE: Smart Meter Gateways als Kommunikationsmodule für das Erbringen von Regelreserve

Labortest des Fraunhofer IEE: Smart Meter Gateways als Kommunikationsmodule für das Erbringen von Regelreserve

Testaufbau des Fraunhofer IEE Regelreserve

Smart Meter Gateways als Kommunikationsmodule für das Erbringen von Regelreserve: Testaufbau des Fraunhofer IEE und seinen Partnern Teleseo und TransnetBW. (Grafik: Fraunhofer IEE | U. Werner.)

Smart Meter Gateways können Steuersignale in geforderter Zeit übertragen, aber es gibt regulatorische Hürden

Mit Fortschreiten der Energiewende müssen künftig auch dezentrale Energieanlagen Regelreserve und andere Systemdienstleistungen erbringen. Eignen sich Smart Meter Gateways für deren Steuerung, in technischer und regulatorischer Hinsicht? Um diese Frage zu beantworten, hat das Fraunhofer IEE in Kassel mit den Partnern Teleseo und TransnetBW einen weit reichenden Labortest durchgeführt. Das Ergebnis: Smart Meter Gateways sind in der Lage, Steuersignale innerhalb der geforderten Zeit zu übertragen. Allerdings gibt es Diskrepanzen bei den regulatorischen Anforderungen an Smart Meter Gateways auf der einen und an Regelreserveschnittstellen auf der anderen Seite.

Dezentrale Energieanlagen wie Photovoltaik-Systeme, Batteriespeicher, Wärmepumpen oder Ladestationen bekommen mit dem Abschalten von Kohle- und Atomkraftwerken ein stetig wachsendes Maß an Systemverantwortung. Vermarkter der Systemdienstleistung müssen deshalb auf diese Anlagen zugreifen können. Für die kommunikationstechnische Anbindung kommen Smart Meter Gateways in Frage, deren Einbau für viele dieser Anlagen ohnehin zur Pflicht wird.

Wegen der Verzögerung beim Smart-Meter-Rollout sowie fehlender standardisierter Schnittstellen gibt es bislang allerdings noch keine umfassenden Erfahrungen mit der Steuerung der Anlagen über Smart Meter Gateways. „Ein guter Grund für uns zu testen, ob sich der so genannte CLS-Kanal der Smart Meter Gateways für die direkte Echtzeitsteuerung zum Beispiel für die Erbringung der Regelreserve eignet“, sagt Stefan Siegl, Gruppenleiter Angewandte Energieinformatik beim Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel.

Der Labortest ist Teil des Kopernikus-Projektes „Energiewende-Navigationssystem“ (ENavi), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Ein White Paper fasst die Ergebnisse des Labortests zusammen.

Zwangstrennung des CLS-Kanals kann zu längeren Laufzeiten führen

Auf dem Teststand haben die Fraunhofer-Forscher eine Steuerbox für dezentrale Energieanlagen über den CLS-Kanal eines zertifizierten Smart Meter Gateways mit der Leitwarte eines virtuellen Kraftwerks verbunden. Der Messstellenbetreiber Teleseo hat für die Tests die Gateway-Administration geleistet. Um die Laufzeiten von einer dezentralen Anlage zur Leitwarte bewerten zu können, haben die Wissenschaftler Signale, wie sie etwa ein Regelreserve-Anbieter geben könnte, unter verschiedenen Rahmenbedingungen an die Box gesendet. Dabei haben sie die Laufzeiten vom Beginn der Anfrage bis zum Eingang der Antwort gemessen.

Aus den Messungen geht hervor, dass die zeitlichen Anforderungen an die Erbringung von Regelreserve mit Smart Meter Gateways als Kommunikationsmodulen in allen Fällen problemlos eingehalten werden. Zugleich wurde aber auch deutlich, dass die aus Sicherheitsgründen regelmäßig vorgenommene Zwangstrennung des CLS-Kanals zu erheblichen Laufzeit-Verzögerungen führen kann, welche die Vorgaben zur Erbringung von Regelreserve verletzen – ein Widerspruch in den jeweiligen regulatorischen Anforderungen. „In der Praxis dürfte das jedoch wegen der Trennungsintervalle von bis zu 48 Stunden für die Verfügbarkeit der dezentralen Energieanlagen nur untergeordnete Bedeutung haben“, sagt Siegl.

Darüber hinaus machen die Fraunhofer-Forscher deutlich, dass die Vorgabe, für Regelreserveanlagen eine geschlossene Benutzergruppe des Telekommunikationsanbieters zu schaffen, ein Hindernis für die kommunikationstechnische Anbindung dezentraler Klein- und Kleinstanlagen darstellt. „Man sollte insbesondere auf Ebene der Übertragungsnetzbetreiber diskutieren, ob sich nicht angesichts der Sicherheitsanforderungen an die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur für begrenzte Pools von Kleinanlagen auf eine geschlossene Benutzergruppe verzichten lässt“, so Siegl.

Einspeisemanagement und Direktvermarktung regulatorisch korrekt umsetzbar

Der Labortest zeigt darüber hinaus, dass nach heutigem Stand mit Ausnahme der Regelreserve alle relevanten Anwendungsfälle für die externe Direktsteuerung dezentraler Energieanlagen – vom Einspeisemanagement über steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach EnWG §14a bis hin zur Direktvermarktung – über den CLS-Kanal des Smart Meter Gateways regulatorisch korrekt umgesetzt werden können.

Eine Hürde gibt es dabei allerdings bislang noch: die fehlende Standardisierung der Protokolle und Datenmodelle für den steuernden Zugriff über den CLS-Kanal. Hier stehen die regulatorischen Vorgaben noch aus.

Der Laboraufbau soll demnächst erweitert werden, um zusätzliche Aspekte der Regelreserve-Anforderungen und anderer Anwendungen des Smart Meter Gateways zu untersuchen. Ein Thema ist hier beispielsweise die Frage, wie sich die Bandbreite des CLS-Kanals auf die maximale Anzahl der gleichzeitig an ein Gateway anschließbaren Anlagen auswirkt.

https://www.iee.fraunhofer.de

Über das Kopernikus-Projekt Energiewende-Navigationssystem | ENavi
Das Energiewende-Navigationssystem, kurz ENavi, betrachtet die Transformation des Energiesystems als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess und verknüpft wissenschaftliche Analysen mit politisch-gesellschaftlichen Anforderungen. ENavi wird als eines der vier Kopernikus-Projekte zur Erforschung der Energiewende vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Mehr Informationen: www.kopernikus-projekte.de

Die Kopernikus-Projekte
Im Jahr 2016 startete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit den Kopernikus-Projekten die größte Forschungsinitiative zur Energiewende. Die vier Projekte – ENSURE, SynErgie, P2X und ENavi – sind Teil des Programms „Forschung für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ der Bundesregierung. ENSURE durchleuchtet neue Energienetzstrukturen. Power2X entschlüsselt die Nutzung von erneuerbarem Strom in den Sektoren Mobilität und Chemie. SynErgie erprobt die Stromflexibilisierung von Industrieprozessen. ENavi verknüpft wissenschaftliche Analysen mit politisch-gesellschaftlichen Anforderungen. In den Kopernikus-Projekten arbeiten insgesamt mehr als 200 Partner aus Wissenschaft, Akademie, Industrie und Zivilgesellschaft zusammen.

Das könnte Sie auch interessieren
Ganzjahres-Stromspeicher für Gebäude auf Basis von grünem Wasserstoff
Weltweit erster Ganzjahres-Stromspeicher für Gebäude
Unterwasser-Kugelspeicher: Feldversuch mit einer Drei-Meter-Kugel im Bodensee.
Fraunhofer IEE und Partner testen Kugelspeicher auf dem Meeresgrund vor der kalifornischen Küste
ewz – Elektrizitätswerk der Stadt Zürich setzt auf Kisters-Netzleitsystem.
Neues Netzleitsystem für Zürich
Hausheld bedient bereits zahlreiche Stadtwerke mit 10.000 bis 100.000 Zählern.
Smart-Meter-Spezialist Hausheld sichert sich Kapital für den Rollout

Kommentar schreiben