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Metering Days 2022: Der Gesetzgeber muss mit einer großen MsbG-Novelle endlich liefern!

MsbG-Novelle
Da war es wieder, das lang ersehnte Metering-Days-Feeling. Blick ins voll besetzte Plenum. (Bild: Gerhard Großjohann)

Vielstimmiger Ruf nach schneller MsbG-Novelle – doch kommt sie tatsächlich in Kürze?

Von Gerhard Großjohann

Seit den Metering Days 2022 ist zumindest eins gewiss: Es wird keine weitere Marktverfügbarkeitserklärung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geben, sondern eine grundlegende Neufassung des Messstellenbetriebsgesetzes (MSbG). Doch wann diese MsbG-Novelle kommen und was sie im Detail beinhalten wird, blieb offen. Selten hat man einen Regierungsvertreter – in diesem Fall MinR Dr. Christoph Scholten, Referatsleiter IIIC8 – Digitalisierung der Energiewende im BMWK – bei einem öffentlichen Auftritt derart einsilbig und verschlossen erlebt. Scholten erinnerte lediglich an die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele und sagte: „Wir arbeiten an einem Neustart, um den Smart-Meter-Rollout zu beschleunigen, das MsbG zu entbürokratisieren, Anreize für Markt und Wettbewerb zu schaffen und die Nachhaltigkeit zu stärken.“ Das war’s im Grunde. Zu quasi allen Nachfragen: Kein Kommentar. Optimisten auf der Kongressmesse in Fulda mutmaßten, dass diese Zurückhaltung Teil eines klugen Plans sei und noch in diesem Jahr mit der MsbG-Novelle zu rechnen sei. Doch wie ist zu deuten, dass Scholten sich auf dem Podium noch eifrig Notizen machte, die er nach Berlin mitnehmen wolle? Am 20. Oktober 2022 sind wir womöglich schlauer. Dann werde Wirtschaftsminister Robert Habeck sich grundlegend zum neuen MsbG äußern, war zu hören. >Hier geht’s zum Bericht vom 21.10.2022.

MsbG-Novelle

Wie erreichen wir mehr Tempo beim Steuern? Auftaktdiskussion bei den Metering Days mit (von links) Prof. Dr. Clemens van Dinther, (Vivavis), Dennis Laupichler (BSI), Geertje Stolzenburg (BDEW), Dr. Christoph Scholten (BMWK) und Jarmila Bogdanov (ZVEI). (Bild ZVEI)

„Der Weg ist richtig, das Tempo stimmt noch nicht“

Die Metering-Branche jedenfalls wird zunehmend ungeduldig und machte in Fulda deutlich, dass es angesichts verschärfter Rahmenbedingungen nun schnell gehen müsse mit der Datentransparenz im Netz. Besonders deutlich der Appell von Prof. Dr. Clemens van Dinther, CEO der Vivavis AG: „Ich wünsche mir drei Dinge: Zunächst einmal rechtliche Sicherheit und Klarheit. Zweitens brauchen wir eine Beschleunigung des Rollouts. Wenn wir ein intelligentes Netz haben wollen, dann werden wir dafür intelligente Messsysteme (iMSys) benötigen. Ein Smart Grid ohne intelligente Messysteme ist nicht denkbar. Außerdem wünsche ich mir Anreize für jene, die schnell ausrollen wollen, und Vorrang für Investitionen in die Digitalisierung.“

In ähnlicher Weise äußerten sich u.a. Sarah Bäumchen, Mitglied der ZVEI-Geschäftsführung („Das Dreieck der Energieversorgung – Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – ist gefährdet“), Ruwen Konzelmann von der Theben AG („Es kann nicht sein, dass die Novelle irgendwann Mitte nächsten Jahres vorgestellt wird“) und Thorsten Meyer von den Stadtwerken Norderstedt („Der Weg ist richtig, das Tempo stimmt noch nicht“).

Thema Materialknappheit noch nicht ausgestanden

Es grenzt an ein Wunder, dass der iMSys-Rollout in den letzten zwei Jahren trotz gerichtlichen Querschüssen und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs ohne Unterbrechung an- und weitergelaufen ist – wenn auch gebremst. Vornehmlich die größeren Messstellenbetreiber gäben Gas, konstatierte Raik Handschke von Sagemcom Dr. Neuhaus. Die Materialknappheit spielt nach wie vor eine Rolle und wird die Gerätehersteller noch eine Weile begleiten (siehe u.a. dazu auch Interview mit Dr. Peter Heuell von EMH metering). Gäbe es diese Engpässe nicht, verfügten die vier bislang zertifizierten SMGW-Anbieter (PPC, Theben, EMH metering und Sagemcom Dr. Neuhaus) jedoch über genügend Produktionskapazitäten, um den Markt beim künftigen Markthochlauf mit jährlichen Stückzahlen im Mio.-Bereich bedienen zu können. Was die Lage neben aktuellen Lieferengpässen unberechenbar macht, ist der Umstand, dass den Stadtwerken und Versorgungsunternehmen noch jede Menge Ungemach durch die Energiepreiskrise droht. Am Rande der Kongressmesse war zu vernehmen, dass sich erste Stadtwerke unter den Rettungsschirm der Bundesregierung begeben wollen.

MSbG-Novelle

Die vier SMGW-Hersteller (von links) Ingo Schönberg (PPC), Ruwen Konzelmann (Theben), Dr. Peter Heuell (EMH metering) und Raik Handschke (Sagemcom Dr. Neuhaus) im Kreuzverhör durch Jarmila Bogdanoff. (Bild: ZVEI)

Smart Metering made in Germany kann Exportschlager werden

Dauerthema auf den Metering Days ist die Frage, ob das deutsche Smart Metering zum Exportschlager taugt, obwohl Deutschland beim Rollout Ländern wie Schweden, Frankreich oder Italien weit hinterherhinkt. Je stärker sich herauskristallisiert (und das war auf den diesjährigen Metering Days 2022 der Fall), wofür intelligente Messsysteme bzw. Smart Meter Gateways eigentlich gedacht sind – nämlich in der Energiewende durch viele Messdaten für Transparenz im Netz zu sorgen und auf dieser Basis das Netz zu steuern –, desto klarer wird, dass diese Frage mit Ja beantwortet werden kann. Das deutsche Sicherheits- und Steuerkonzept ist das einzige, das der Bedeutung eines sicheren Netzbetriebs unter zukünftig veränderten Bedingungen gerecht wird. Auch anderswo in der Welt wird im Zuge der Energiewende die Erzeugung dezentral und erneuerbar werden, und dann treten dort dieselben Herausforderungen in der Netzsteuerung auf wie hierzulande. Elektronische Zähler, die im Wesentlichen nur fernauslesbar sind, Abrechnungsdaten liefern und über keine starke Absicherung verfügen, sind dafür nicht geeignet.

Readyness, die auf Entfesselung wartet

Dass die Metering-Branche in allen Technik- und Aufgabenbereichen ihre Hausaufgaben gemacht hat und weiterhin erledigt, zeigten u.a. zahlreiche Präsentation in den Solutions Foren der Metering Days. Kein Zweifel: Technologien und Prozesse für eine erfolgreiche Energiewende sind anwendungsreif verfügbar. Gerätehersteller, Gateway-Administratoren und Messstellenbetreiber sammeln in Pilotprojekten praktische Erfahrungen, die darauf warten, multipliziert zu werden. Auch aus dieser Readyness, die auf Entfesselung wartet, erwächst Ungeduld. Wer Sport treibt, weiß: Fit zu sein und nicht zum Einsatz zu kommen, ist ein schwer zu ertragendes Los.

Prächtige Stimmung trotz unsicheren Rahmenbedingungen

Ungeachtet einer globalpolitischen Situation, die Unsicherheiten in nie dagewesenem Ausmaß schürt und die Zukunft in Summe nicht unbedingt rosig erscheinen lässt, war die Stimmung auf den Metering Days 2022 ausgesprochen gut. Pessimismus und Bedenkenträgerei sind halt schlechte Ratgeber, wenn ein Markt entwickelt werden soll. So mancher Apell ging deshalb in Richtung Aufbruch: „Wir brauchen Freiräume!“, „Mehr Mut zum Ausprobieren!“ oder „Wir müssen die Menschen mitnehmen!“. PPC-Chef Ingo Schönberg meinte, dass man jetzt „durchstarten“ müsse.

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Blick auf die Ausstellung. (Bild: ZVEI)

„Tolle Veranstaltung! Wir kommen wieder“

Mit insgesamt rund 670 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie 54 Ausstellern gelang den Metering Days in Fulda ein fulminantes Comeback nach dreijähriger physischer Abstinenz. Die erstgenannte Zahl ist umso höher zu bewerten, als aufgrund der Corona-Ansteckungsgefahr bei vielen Versorgern (= Kritis-Betreiber) für Mitarbeitende nach wie vor Reiseverbote für Messen und Kongresse gelten. Die Macher der Metering Days, das Team der ZVEI-Akademie, hat den Programmablauf weiter optimiert, so dass bis zur letzten Veranstaltungsminute Spannung herrschte. Die direkte räumliche Verbindung von Vorträgen und Ausstellung, ausgiebige Pausen zum Plaudern und Netzwerken sowie die Abendveranstaltung in der Ausstellung machen die Metering Days ohnehin stets zu einem lebendigen Marktplatz. Jarmila Bogdanoff, Managerin Smart Energy beim ZVEI, führte als Moderatorin kenntnisreich und charmant durchs Programm. Dieses war thematisch kurzweilig und so vielfältig, dass dem Chronisten eine detailliertere Berichterstattung an dieser Stelle unmöglich ist.

Es gilt das Wort von Thomas Abbing (Landis+Gyr): „Tolle Veranstaltung! Unserem Team macht das hier großen Spaß, und wir haben auch schon für das nächste Jahr gebucht.“

In diesem Sinne: Save the Date! Die Metering Days 2023 finden am 17. und 18. Oktober 2023 wieder in Fulda statt.

www.metering-days.de

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