Erdgas-Embargo und Wasserstoff
Putin dreht den Gashahn zu. Was soll’s, dann machen wir‘s halt mit Wasserstoff. Gas ist Gas! Was mit Erdgas funktioniert, das geht auch mit Wasserstoff! Wir haben ja ein Gasnetz! So könnte man die Reaktionen in Berlin, Brüssel und anderen Hauptstädten Europas verkürzt beschreiben. Lassen wir Wasserstoff statt Erdgas fliessen und schon ist die Energieversorgung wieder gesichert. Leider unterliegen diese Gedanken einem fundamentalen Denkfehler, sagt Dr. Ulf Bossel. Denn Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern nur ein Transportmittel für Energie. Ein Kommentar
Energiefachleute schütteln ihre Köpfe
Mit Wasserstoff kann man ja Auto fahren, heizen oder chemische Prozesse durchführen. Mit Brennstoffzellen lässt sich sogar Strom erzeugen. Alles eine Sache der Technik. Mit unserer Wasserstoffstrategie werden wir die notwendigen Massnahmen umsetzen. In sonnenreichen Gebieten der Welt werden wir Solarstrom ernten und mit diesem Wasser spalten. Der Wasserstoff wird dann mit Tankschiffen nach Europa transportiert. Erdgas sollte man ohnehin nicht länger nutzen, weil bei der Verbrennung klimaschädigendes CO2 entsteht. Wir liegen also richtig! Mit diesen Vorstellungen wird Politik gemacht. Viele möchten sich mit Wasserstoff profilieren. Physikalische Zusammenhänge bleiben unberücksichtigt und Fachleute schütteln ihre Köpfe.
Zur Unterstützung dieser Politik werden Wasserstoffbeiräte gegründet, in dem vorwiegend Institutionen und Firmen vertreten sind, deren Existenz eng mit Wasserstoff verbunden ist: Forschungsinstitute, Lehrstühle für Wasserstoff, Gasversorgung, Hersteller und Systementwickler, Energieberater und natürlich auch ideelle Vereinigungen, die satzungsgemäss dem Wasserstoff verpflichtet sind. Man kann Selbstbedienung vermuten. Unabhängige Gerichte müssten solche Gremien als befangen ablehnen. Die Wasserstofflobby hat sich jedoch in der Politik Vertrauen erarbeitet und soll nun die Energiewende mit Wasserstoff gestalten.
Neue Infrastruktur für Wasserstoff nötig
Leider unterliegen diese Gedanken einem fundamentalen Denkfehler, denn Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern nur ein Transportmittel für Energie. Als Ersatz für die fossilen Energieträger kann Wasserstoff deshalb nicht dienen, denn er muss mit Hilfe von Strom mittels elektrolytischer Wasserspaltung hergestellt werden. Der benötigte „Grünstrom“ wird umweltfreundlich mit Solar-, Wind- oder Wasser-Kraftanlagen geerntet. Mit hoher Effizienz könnte man ihn über das zu ergänzende Stromnetz direkt zum Kunden leiten.
Für den Energietransport mit dem künstlich hergestellten Wasserstoff müsste aber eine neue Infrastruktur geschaffen werden. Der direkt lieferbare Grünstrom steht also mit dem daraus hergestellten Wasserstoff im Wettstreit. Die Frage des Energietransports muss deshalb beantwortet werden, bevor man ein Wasserstoffnetz aufbaut, das bei Inbetriebnahme nicht mehr benötigt wird, weil zwischenzeitlich ein leistungsfähiges Stromnetz entstanden ist. Aufgrund wirtschaftlicher Vorteile wird eine auf Grünstrom basierende „Elektronenwirtschaft“ entstehen. Die umfassenden Veränderungen im Energiebereich sollten deshalb nicht von Wasserstoffexperten, sondern von unbefangenen Energiefachleuten begleitet werden, damit alle Aspekte des fundamentalen Wandels berücksichtigt werden können.
Wendeziel verbindlich fixieren
Die zu lösende Aufgabe ist also nicht der Energietransport mit Wasserstoff, sondern die Schaffung einer nachhaltig auf „Grünstrom“ basierenden CO2-freien Energieversorgung. Für diesen Umstieg müssen wesentliche Bereiche der bestehenden Energiesystems von chemischen Energieträgern auf die physikalische Energiequelle „Grünstrom“ umgerüstet werden. Mit den Geschäftsmodellen der bestehenden, auf fossilen Energieträgern aufgebauten Energiewirtschaft ist die Energiewende nicht zu verwirklichen. Von der Quelle bis zur Senke muss der Energieweg neu optimiert werden, damit der von Sonne und Wind geerntete Grünstrom im Endbereich einen möglichst hohen Nutzen bringt.
Es geht um die Energiebilanzen „von der Wiege bis zur Bahre“ für die Lieferung von Grünstrom zum Endverbraucher. Für die beste Gesamtlösung stellt sich dann die Frage der Machbarkeit. Überflüssig sind technologieoffende Betrachtungen, denn die technischen Möglichkeiten sind in Fachkreisen bekannt. Wegen der drohenden Klimakatastrophe muss die Energiewende jedoch ohne fossilen Kohlenstoff „Geokarbon“ verwirklicht werden. Nach der Energiewende wird pflanzlicher Kohlenstoff „Biokarbon“ aber eine wesentliche Rolle spielen.
Grünstromlieferung per Draht oder Pipeline?
Für den Energietransport von Grünstrom zeichnen sich zwei Lieferwege ab: mit Elektronen direkt über das bestehende Stromnetz oder mit Wasserstoff über ein neu zu schaffendes Gasnetz mit Rückwandlung im Endbereich. Die zwei Optionen unterscheiden sich bezüglich Energieverlusten und Energiebedarf erheblich. Bei der direkten Lieferung von Grünstrom entstehen nur geringe Leitungs- und Transformations-Verluste.
Für den Wasserstoffweg wird Grünstrom für Wasserbeschaffung, Aufbereitung und Elektrolyse benötigt. Dann folgt der Energiebedarf für die Verteilung des erzeugten Wasserstoffs, also für Kompression oder Verflüssigung, Transport zu Land oder Wasser oder durch Pipelines, Druckerzeugung für die Befüllung von Speichern, Kompression für die Betankung von Fahrzeugen, Verluste in Brennstoffzellen oder Heizkesseln. Im Endbereich wird Strom und Wärme benötigt.
Für den Wasserstofftransport mit Tankfahrzeugen oder Tankschiffen braucht man flüssige, mit Wasserstoff künstlich hergestellte Kraftstoffe. Der Wirkungsgrad der Wasserstoffkette leidet unter der Vielzahl notwendiger Wandlungsschritte. Nur ein Bruchteil (etwa 20%) der mit Grünstrom gelieferten Energie kann im Endbereich genutzt werden. Die Energiekette von Wasserstoff steht seit 2003 im Netz [1, 2 und 3].
Energievernichtung mit Wasserstoff
In den zitierten Analysen wird der Energiebedarf für alle Bausteine einer Wasserstoffwirtschaft präsentiert. Damit kann man die Energiebilanzen für unterschiedliche Wandlungsketten ermitteln, also mit Wasserstoff Auto fahren, Wohnraum beheizen, Strom erzeugen usw. Für jedes Kettenglied werden die Energieverluste parametrisch auf den Energieinhalt (Brennwert) des eingesetzten Wasserstoffs bezogen. Die Ergebnisse dieser Energieanalysen scheinen bei vielen Befürwortern einer Wasserstoffwirtschaft nicht präsent zu sein.
Unter idealen Bedingungen werden für Elektrolyse und Wasserbeschaffung bereits 45% der zugeführten Grünstromenergie benötigt. Für die Kompression auf 250 bar gehen etwa 8%, bei 900 bar etwa 13% und für die Verflüssigung etwa 50% verloren. Die Brennstoffzelle kann bei optimierter Belastung nur etwa 50% der mit Wasserstoff zugeführten Energie (Ho) wieder in Gleichstrom verwandeln. Dazu kommen der Energiebedarf für Transport und Umfüllung. In einem gegebenen Volumen lässt sich bei gleichem Druck mit Erdgas dreimal mehr Energie speichern oder transportieren als mit Wasserstoff. Bei gleichem Energietransport muss in Rohrleitungen Wasserstoff dreimal schneller fliessen als Erdgas, was zu höheren Druckverlusten führt.
Ein Tankschiff kann mit Flüssiggas dreimal mehr Energie transportieren als mit flüssigem Wasserstoff. Kosten, Materialprobleme, Wartungsfragen und Sicherheitsbedenken ergänzen die Liste. Im Vergleich zum Grünstrom machen Energieaufwand und Nebenkosten Wasserstoff aus physikalischen Gründen zu einem teuren Luxusgut. Die physikalisch bedingten Verluste können nicht durch technische Optimierungen verringert werden. Im Endbereich konkurriert der mit Wasserstoff erzeugte Sekundärstrom mit dem primären Grünstrom. Deshalb ist die direkte Stromverteilung mit Kupferleitungen dem aufwändigen indirekten Wasserstoffweg immer deutlich überlegen.
Elektronenwirtschaft statt Wasserstoffwirtschaft
Die in den zitierten Berichten präsentierten Analysen erlauben die folgenden Vergleiche. Mit dem Grünstrom, der für den Betrieb eines mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen-Fahrzeugs benötigt wird, könnte man vier gleichwertige Batterie-Fahrzeuge betreiben. Oder mit dem für die Beheizung eines Gebäudes mit Wasserstoff und Heizkessel benötigtem Grünstrom könnte man drei gleiche Gebäude direkt oder neun mit elektrischen Wärmepumpen beheizen.
Fast alle Nutzungsarten für Wasserstoff enden mit ähnlich vernichtenden Zahlen. Ausnahme ist die Verwendung von grünem Wasserstoff für chemische Prozesse, für die jetzt fossile Brennstoffe eingesetzt werden. Hochöfen könnten effizient mit Grünstrom beheizt werden. Den für die Reduzierung benötigten Wasserstoff müsste man dann erst bei hohen Temperaturen bedarfsgerecht zuführen. Bei näherem Hinschauen entpuppen sich fast alle Vorschläge für die Nutzung von Wasserstoff als qualitativ unbegründbare Wunschvorstellungen.
Wasserstoff ist nicht die Wunderwaffe der Energiewende, sondern wird zu einem Bremsklotz für die Gestaltung einer nachhaltig gestalteten und für alle Zeiten gesicherten Energieversorgung mit Grünstrom. Die Physik bestimmt den Weg in Richtung „Elektronenwirtschaft“. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft wird deshalb in einer Sackgasse enden. Aus der erhofften Wunderwaffe wird eine Platzpatrone, mit der sich die Energiewende nicht verwirklichen lässt.
Energiespeicherung
Wenn die Sonne scheint und der Wind bläst kann Grünstrom im Überfluss geerntet werden. Aus meteorologischen Gründen ist dies jedoch nicht immer der Fall. Die Energieernteanlagen müssen deshalb grösser bemessen sein als der gemittelte Leistungsbedarf der Stromverbraucher. Deshalb wird die Energiespeicherung, die neben Batterien und Pumpspeichern auch thermische, mechanische und chemische Speicher umfasst, zu einem wesentlichen Element einer auf Grünstrom basierenden Elektronenwirtschaft.
Wenn das Stromangebot grösser ist als die Nachfrage und die Speicher gefüllt sind, wird man PV- und Windkraftanlagen abregeln müssen, so wie das heute bei Flusskraftwerken geschieht, wenn zu viel Wasser fliesst. Aus wirtschaftlichen Gründen sollte man Grünstrom den Vorrang gegenüber Strom aus thermischen Kraftwerken geben. Auch stehen für die Speicherung von Grünstrom erprobte Möglichkeiten bereit. Die Speicherkapazität muss jedoch erhöht werden.
Energiespeicherung mit Wasserstoff
Beim Einsatz von Wasserstoff als Speichermedium gibt der bereits erwähnte hohe Energieaufwand zu denken. Für die Energiespeicherung mit Wasserstoff werden dreimal grössere Speichervolumen benötigt als für Erdgas. Bevor man sich weiter mit der Energiespeicherung mit Wasserstoff befasst sollte man zuerst einmal alle bestehenden Stromspeicher für den Wechsel von Nachtstrom auf Grünstrom neu programmieren.
Dies betrifft Nachtspeicherheizungen, Pumpspeicher, Boiler, industrielle Prozesse und neuerdings auch Elektrofahrzeuge. Das Kommando zur Speicherbeladung sollte vom Netzbetreiber kommen und dem schwankenden Angebot von Grünstrom dynamisch folgen. Für den saisonalen Ausgleich bietet sich die Speicherung von Biomethan an. Das im Sommer erzeugte Biogas sollte für die Stromerzeugung im Winter oder bei „Dunkelflauten“ gespeichert werden. Im Sommer Biogas zu verstromen und gleichzeitig mit überschüssigem Grünstrom Wasserstoff für den Winter zu erzeugen macht wirklich keinen Sinn.
Thermische Speicherung von Grünstromenergie
Noch wenig diskutiert ist die thermische Speicherung überschüssiger Grünstromenergie in grösseren saisonalen Solarwärmespeichern. Mit wenig Aufwand könnte man diese mit Elektroheizern bestücken, mit denen überschüssiger Windstrom nutzbringend „entsorgt“ wird. Zurzeit können etwa 5% des Windstroms wegen Netzüberlastung nicht eingespeist werden. Kleine und fluktuierende Strommengen lassen sich jedoch problemlos in speicherbare Wärme verwandeln, während für eine Energiespeicherung mit Wasserstoff die technischen Anlagen (Elektrolyseure, Kompressoren, Regeleinrichtungen) eine gesicherte Stromzufuhr verlangen.
Bevor man viel Zeit, Mittel und Intelligenz für die Energiespeicherung mit Wasserstoff investiert sollte man alternative Möglichkeiten für die nachhaltige Gestaltung des Energiesystems sorgfältig prüfen. Die hier angedachten Möglichkeiten für die Gestaltung einer Elektronenwirtschaft führen zu kostengünstigen Lösungen und werden sich deshalb am Markt durchsetzen.
Marktkräfte wirken lassen
Bereits heute wird Strom billiger von Sonne und Wind geerntet als in thermischen Kraftwerken, neuen Atomkraftwerken oder Fusionsreaktoren erzeugt. Der direkt vom Netz bezogene Grünstrom wird immer billiger sein als der mit Wasserstoff und Brennstoffzellen geliefert. Aufgrund dieser Kostenvorteile werden im Endbereich vermehrt elektrische Lösungen zum Einsatz kommen.
Strom wird nicht mehr nur in Kraftwerken produziert und verlustreicht über grossmaschige Netze verteilt, sondern auch dort geerntet, wo er sinnvoll genutzt werden kann. Also Strom vom Hausdach zur Batterie im Keller und von dort in die Küche oder zum Elektromobil. Bereits fahren die ersten Autos mit photovoltaischer Lackierung. Wir werden noch Einiges erleben, denn der mit PV-Anlagen günstig und im Überfluss geernteter Grünstrom wird zur treibenden Kraft für technische Neuerungen. Nur sollten innovative Entwicklungen nicht durch bürokratische Massnahmen gebremst werden.
Wasserstoffprojekte platzen bereits
Unter Berücksichtigung aller physikalisch Prozesse einer Wasserstoffwirtschaft und der damit verbunden Kosten ist ein für die Wasserstofflobby sicherlich nicht erfreuliche Entwicklung erkennbar. Weil man im Endbereich fast alles mit direkt geliefertem Grünstrom kostengünstig und effizient erledigen kann, schwindet die Notwendigkeit für eine parallele Energieverteilung mit grünem Wasserstoff. Mit wenigen Ausnahmen bietet der direkte elektrische Weg immer die bessere Lösung.
Deshalb platzen viele Wasserstoffprojekte bereits, so etwa die H2-Fabriken in Hannover, Zerbst, Hamburg oder Heide, die H2-Busse in Wiesbaden, Montpellier, Brugg und Düren, das Heizen mit Wasserstoff in England oder die H2-Verflüssigung im Hafen von Rotterdam. Airbus verschiebt die Entwicklung eines H2-Flugzeugs um zehn Jahre. Für die Gestaltung der Energiewende ist Wasserstoff nicht die Wunderwaffe, sondern eher eine Platzpatrone, die jetzt mit viel Lärm detoniert. Die Zukunft gehört einer schlanken und effizienten, auf Grünstrom basierenden Elektronenwirtschaft. Grüner Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe werden jedoch für einige Anwendungen benötigt.
Empfehlungen an die Politik
Was kann man der Politik für die Verwirklichung der Energiewende raten? Zuerst einmal sollte man das Ziel „Energiewende“ verbindlich festschreiben. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie nicht bei jedem Regierungswechsel neu definiert wird. Mit der Wasserstoffinitiative sind viele Weichen überhastet gestellt worden.
Weshalb sollte norwegisches Erdgas in Wasserstoff verwandelt werden, wenn man durch bestehende Leitungen mit Erdgas dreimal mehr Energie transportieren kann? Putins Lieferstopp für Erdgas hat panische Reaktionen ausgelöst. Die künstliche Mangellage könnte zu nachhaltigen Lösungen führen. Zurzeit überbietet sich die politische Arena jedoch mit Empfehlungen zum Hochfahren einer Wasserstoffwirtschaft, die man nach Fertigstellung voraussichtlich nicht mehr benötigen wird, weil elektrische Lösungen gefunden und verwirklicht worden sind.
Bei umfassender Betrachtung erfordert die Energiewende technische Veränderungen im Endbereich der Energienutzung, die nachhaltig gestaltet werden müssen. Der Bau energiesparender Gebäude und die energetische Gebäudesanierung kommen vor dem Ersatz von Heizkesseln durch elektrische Wärmepumpen. Im Verkehrsbereich vollzieht sich gerade der Übergang zu batterieelektrischen Antrieben.
Auch mit der Stromernte von Wind und Sonne kann man nichts falsch machen. Mit einem rasanten Ausbau der Erzeugungsanlagen entsteht ein gelegentliches Überangebot von Grünstrom, für dessen Verwendung innovative Lösungen gefunden werden. Die Energiewende muss von unten nach oben, also vom Verbrauch zur Erzeugung gestaltet werden. Grünstrom wird dezentral geerntet und genutzt, weil Flächen und nicht Standorte (mit Gleisanschluss …) benötigt werden. Im Inland stehen die für eine effiziente Elektronenwirtschaft benötigten Flächen zur Verfügung, während man für die ineffiziente Wasserstoffwirtschaft viermal mehr Grünstrom in sonnenreichen Weltregionen ernten muss.
Der hastige Ausbau internationaler Stromnetze könnte sich als Fehlinvestition erweisen, weil der Strom verbrauchsnah im Endbereich geerntete wird. Notwendig sind lediglich die Stromtrassen für die Lieferung des offshore gewonnenen Windstroms. In der jetzigen Phase der Energiewende sollte man „die Rosse springen lassen“. Nicht alles ist planbar, aber mit schlecht durchdachten Vorschriften und gesetzlichen Einschränkungen werden innovative Lösungen unnötig erschwert.
Erkenntnisse
Die Politik sollte nicht länger den qualitativen Argumenten der Wasserstofflobby folgen, sondern die wissenschaftlich fundierten, quantitativen Argumente unabhängiger Experten möglichst schnell zur Kenntnis nehmen und daraus verbindliche Vorgaben entwickeln, mit denen die Energiewende zügig verwirklicht werden kann. Unabhängige Energieingenieure haben die Gesamtproblematik im Blick.
Die technologieoffene Suche nach Lösungen offenbart jedoch Unsicherheiten bei den politischen Instanzen, denn das für die Energiewende benötigten Grundwissen ist vorhanden. Die bereits fühlbare Klimaerwärmung durch CO2 führt zum Ende der fossilen Energieträger. Gepaart mit höchster Effizient werden Grünstrom und Biomethan zur Basisenergie für eine nachhaltige Zukunft.
Literaturquellen
[1] U. Bossel, B. Eliasson, G. Taylor: The Future of the Hydrogen Economy: Bright or Bleak? 2003 (https://planetforlife.com/pdffiles/h2report.pdf)[2] Ulf Bossel: Wasserstoff löst keine Energieprobleme 2009 (https://www.leibniz-institut.de/archiv/bossel_16_12_10.pdf)
[3] Klaus Maier: Gutachterliche Stellungnahme zum Hessischen Wasserstoffzukunftsgesetz (https://magentacloud.de/s/LBtnHf5dFDE3bAx)
Mit energie.blog auf dem Laufenden bleiben:
Über den Autor:
Seit 1972 befasst sich Dr. Ulf Bossel mit der rationellen Energienutzung und der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen, also mit dem, was seit 1978 als „Energiewende“ bezeichnet wird. Er ist Berater für nachhaltige Energieösungen und Ph.D. (UC Berkeley), Dipl. Masch. Ing. (ETH Zürich).
„In den vergangenen Jahrzehnten sind bei mir viele Überlegungen gereift und verworfen worden, oder sie haben sich aufgrund ihrer physikalischen Begründung gefestigt. Was ich jetzt präsentiere sind keine Wunschvorstellungen eines Neulings, sondern nachvollziehbare Erkenntnisse eines Ingenieurs mit speziellen Kenntnissen auf den Gebieten Energietechnik, Thermodynamik und Strömungsmechanik. Ich hoffe sehr, dass meine Vorstellungen auch von denen verstanden werden, die sich erst jetzt der Diskussion über unsere Energiezukunft angeschlossen haben“
Ulf Bossel