Die Sagemcom Dr. Neuhaus GmbH, Spezialist für Smart Metering, Smart Grid und M2M-Kommunikation, wartet wie sieben weitere Hersteller von Smart Meter Gateways auf die Zertifizierung ihrer Geräte durch das BSI. energie.blog fragte Dr. Holger Graetz, Director Sales & Marketing, wie er mit der aktuellen Situation umgeht und wie sein Unternehmen für den bevorstehenden Rollout intelligenter Messsysteme aufgestellt ist.
eb: Herr Dr. Graetz, ein dreiviertel Jahr ist vergangen, seit der erste Anbieter das BSI-Zertifikat für seine Smart Meter Gateways (SMGW) erhielt. Sagemcom Dr. Neuhaus zählt zu den Unternehmen, die noch darauf warten. Wie fühlt sich das an?
Graetz: Natürlich ist es schade, dass die gesamte Branche rund um Smart Meter Gateways den Markt noch nicht wie erhofft etablieren konnte. Doch wir können relativ gelassen sein. Mit unserer langjährigen Entwicklungs- und Markterfahrung – von traditionellen Zählermodems wie dem ZDUE über komplexere Ansätze wie SYM2, MUC und MUS bis zum heutigen SMGW – werden wir seit Jahren von unseren Kunden als zuverlässiger und effizienter Partner wahrgenommen. Mit dem umfassenden Produktangebot vom Zähler über Zählerkommunikation bis hin zum Zählerdatenmanagement sind wir sicherlich stabiler aufgestellt, als wenn wir lediglich das SMGW als einziges Produkt im Portfolio hätten. Zusammen mit unserer hausinternen Produktion stehen wir seit jeher auf einem extrem soliden Fundament.
eb: Sagemcom Dr. Neuhaus ist Teil der französischen Sagemcom-Gruppe. Ein starker Rückhalt?
Graetz: Auf jeden Fall. Sagemcom ist die Nummer eins in Europa für digitale Messsysteme. In Deutschland sind wir mit zwei Unternehmen vertreten: Einerseits mit der Sagemcom Dr. Neuhaus GmbH, zu der auch unsere Produktionsstätte in Rostock gehört. Andererseits mit der Sagemcom Fröschl GmbH in Walderbach, Spezialist für Meter Data Management. Über die Software von Fröschl werden in Deutschland weit mehr als die Hälfte aller Zählpunkte mit registrierender Leistungsmessung ausgelesen.
„Für andere Anbieter, die vielleicht Produktionsengpässe haben, sind wir offen“
eb: A propos eigene Produktionsstätte: Über welche Kapazitäten verfügen Sie in Rostock?
Graetz: Auf der Produktionsseite verfügen wir über viel Erfahrung und haben vollen Zugriff auf umfangreiche Herstellungskapazitäten. Unser BSI-zertifiziertes Werk wäre theoretisch in der Lage, den gesamten deutschen Markt mit Smart Meter Gateways zu versorgen. Für andere Anbieter, die vielleicht Produktionsengpässe haben, sind wir jedenfalls offen – ganz gleich ob für Groß- oder Kleinserien oder individuelle Produkte.
eb: Wie flexibel können Sie reagieren, wenn der Pflichtrollout für intelligente Messsysteme startet?
Graetz: Mit unserem globalen Beschaffungsportfolio können wir eine optimierte Kostenstruktur und kurze Lieferfristen realisieren. Bei uns muss niemand auf eine Zuteilung von Geräten warten. Was die BSI-konformen Smart Meter Gateways betrifft, so sind diese „pure made in Germany“, von eigenen Entwicklern konzipiert und auf eigener Produktionslinie hergestellt.
„Viele Messstellenbetreiber verfolgen eine Zwei- oder Mehr-Lieferanten-Strategie“
eb: Ist es ein Nachteil, dass Sie Ihre Smart Meter Gateways noch nicht vermarkten können?
Graetz: Wir sind überzeugt, dass wir im Wettbewerb eine gute Figur machen werden. Viele Messstellenbetreiber verfolgen seit jeher eine Zwei- oder Mehr-Lieferanten-Strategie. Wir sind langjährig im Markt etabliert und vielerorts mit im Boot. Viele Lieferverträge schließen das zertifizierte Produkt mit ein. Dass wir die gesamte Wertschöpfungskette abbilden und in umfangreichem Maße Know-how und Erfahrung mitbringen, stärkt unsere Ausgangsposition zusätzlich.
eb: Wie überbrücken Sie die Zeit bis zum Start des iMSys-Rollouts? Wie bereiten Sie sich vor?
Graetz: Wir sind von Haus aus breit aufgestellt und stellen dem Markt ein umfangreiches Portfolio an Technik und Geräten jenseits der Smart Meter Gateways zur Verfügung. Was intelligente Messtechnik betrifft, so testen wir die Geräte in Pilotprojekten ausgiebig. Neben zahlreichen kleinen Piloten sind wir in einen umfangreichen Feldtest bei EnBW in Baden-Württemberg involviert. Andererseits arbeiten wir in den zuständigen Gremien an der Standardisierung mit, beispielsweise im Forum Netztechnik/Netzbetrieb des VDE an der Standardisierung der sicheren Lieferkette für Smart Meter Gateways.
„Wir dürfen das große Ganze nicht aus dem Blick verlieren“
eb: Stichwort Standardisierung. Wie blicken Sie als Branchenvertreter mit internationalem Firmen-Background auf den deutschen Smart Metering Markt?
Graetz: Deutschland ist mit seinem Ansatz für Smart Metering durchaus proprietär unterwegs. Wir in Deutschland machen viele Sachen sicherlich richtig – gerade wenn es darum geht, dezentrale, erneuerbare Energiestrukturen sicher zu bewirtschaften. Aber wir dürfen das große Ganze nicht aus dem Blick verlieren. Es geht auch um Effizienz und Wirtschaftlichkeit.
eb: Werfen wir einen Blick auf Ihr Geräteportfolio für das Smart Metering. Was zeichnet die Geräte von Sagemcom Dr. Neuhaus aus?
Graetz: Im Smart Meter Gateway SiconiaTM SMARTY IQ steckt die gesamte Erfahrung, die wir als Modem-Pionier seit den 90iger Jahren gesammelt haben. Das Gerät folgt dem verlangten Standard, ist hocheffizient, wurde sehr tief getestet und ist natürlich zusammen mit unseren übrigen Geräten und unserer Software, aber auch mit anderen Messgeräten und MDM-Software hochkompatibel.
eb: Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht beim Basiszähler dar, dessen Massen-Rollout ja schon begonnen hat?
Graetz: Unser SiconiaTM SMARTY BZ ist ein zertifizierter Großserien-fähiger Basiszähler gemäß FNN-Standard. Man kann ihn anfänglich als moderne Messeinrichtung nutzen und bei Bedarf problemlos mit einem SMGW koppeln – etwa wenn der Stromverbrauch beim Kunden über die Jahresmarke von 6.000 kWh steigt oder der Messstellenbetreiber aus strategischen Gründen das Gerät zum intelligenten Messsystem aufrüsten möchte. Dadurch gewinnt der Messstellenbetreiber Flexibilität sowie Planungs- und Zukunftssicherheit. Außerdem reduziert er die Komplexität seines Geräteportfolios.
Daneben bieten wir den Basiszähler SiconiaTM SMARTY BZ-Plus an. Er bietet über das konventionelle Funktionsmaß hinaus individuelle Optionen der Konfiguration und Auslesung. Zu den Features zählt beispielsweise die spannungsfreie Auslesung der Zählerwerte auf dem Lager. Dies ist gerade für die Lagerlogistik und Warenwirtschaft der Kunden hilfreich.
eb: Was ist der Entwicklungsstand bei der Steuerbox?
Graetz: Die befindet sich schon längst im operativen Realbetrieb! Das FNN-konforme Gerät steuert zum Beispiel bei der EnBW EEG-Anlagen, und zwar ohne Netz und doppelten Boden. Die Verteilnetzbetreiber verlassen sich darauf, dass das Gerät funktioniert. Und sie können sich auch darauf verlassen, wie die Tests zeigen.
„Ein nicht verfügbares System wäre der viel größere Fehler“
eb: Hand aufs Herz, ein bisschen ungeduldig sind Sie doch schon auch, dass der Rollout intelligenter Messgeräte endlich losgeht, oder?
Graetz: Klar, wer wäre das in unserer Situation nicht? Meine Botschaft in den Markt lautet deshalb: Loslegen, einfach machen, erste Rollout-Erfahrung sammeln, die Geräte einsetzen, nicht abschweifen, sondern Industriestandards nutzen! Fail, but fail fast, sagen die Amerikaner. Natürlich ist mit dem Thema Datensicherheit nicht zu spaßen, wie die heutige Realität zeigt. Aber ein nicht verfügbares System wäre der viel größere Fehler.
eb: Und wann erhält Sagemcom Dr. Neuhaus das BSI-Zertifikat?
Graetz: Wir gehen davon aus, dass wir zu den Anbietern gehören, die als nächste zertifiziert werden. Das sollte bald der Fall sein, möglicherweise erleben wir die Verkündung bei den metering days in Fulda.
eb: Herr Dr. Graetz, vielen Dank für das Gespräch.
Über Sagemcom Dr. Neuhaus
Informationen zum Unternehmen finden Sie in der Company-Box.
Company-BoxWebsite des Unternehmens: www.sagemcom.com/neuhaus