Der EE-Ausbau lahmt: Zunehmender Einsatz von Auktionssystemen untergräbt Klimaziele des Pariser Abkommens
Eine neue Studie im Auftrag der energiepolitischen Think Tanks Energy Watch Group, World Future Council (WFC) / Global Renewables Congress und Haleakala Stiftung hat untersucht, wie sich die politischen Rahmenbedingungen auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien auswirken und die Klimaziele unterlaufen. Der zunehmende Einsatz von Auktionssystemen – vor allem im kleinen und mittleren Marktsegment (bis 50 MW) – schafft erhebliche Barrieren für das exponentielle Wachstum der Erneuerbaren, das zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens notwendig ist.
Die Studie, die ihre umfangreiche Analyse auf empirische Beobachtungen in mehr als 20 Ländern weltweit stützt, kommt zu dem Schluss, dass dringend ein neuer Policy-Mix umgesetzt werden muss, um einen aggressiven Ausbau der erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Die Autoren empfehlen, den Einsatz der einzelnen Politikinstrumente je nach Marktsegment anzupassen:
– Weiterer Einsatz von Auktionen für Großprojekte
– Einsatz von Einspeisevergütungen oder Einspeiseprämien für kleine und mittelgroße Projekte
– Einsatz von Eigenverbrauchsregelungen für sehr kleine Projekte
Hauptmängel von auktionszentrierten energiepolitischen Rahmenbedingungen sind:
- Auktionen bieten keinen fairen Zugang für alle und schrecken kleine Akteure ab.
- Auktionen fördern nicht die Vielfalt der Projektgrößen, da größere Projekte in der Regel erfolgreich kleinere Projekte überbieten, wodurch kleine und mittlere Projekte häufig ausgeschlossen werden.
- Auktionen fördern die Marktkonzentration durch die Bevorzugung von finanzstarken und großen Akteuren.
- Auktionen beeinträchtigen wichtige Bedingungen, die die Akzeptanz neuer Projekte unterstützen.
- Auktionen leiden oft unter Unterzeichnung, Projektabsagen oder Verzögerungen, was das rechtzeitige Erreichen der Ausbauziele für erneuerbare Energien behindert.
- Auktionen garantieren weder ein niedriges Vergütungsniveau, noch haben sie die jüngsten Kostensenkungen der erneuerbaren Energien verursacht.
„Die Ergebnisse des Berichts zeigen deutlich, dass Auktionen ein entscheidender Faktor sind, der das exponentielle Wachstum der erneuerbaren Energien behindert“, sagt Hans-Josef Fell, Präsident der EWG. „Dieser alarmierende Trend gefährdet die Einhaltung der in Paris vereinbarten Klimaziele durch die internationalen Regierungen, denn der Umstieg auf kostengünstige und technologisch ausgereifte erneuerbare Technologien ist der Schlüssel, um die Emissionen auf Null zu senken. In vielen Teilen der Welt sind erneuerbare Energien inzwischen die billigste Quelle der Energieerzeugung. Gleichzeitig werden die sozioökonomischen Vorteile der Erneuerbaren nicht ausreichend genutzt und die Investitionen in grüne Energie stagnieren.
Rückläufiger Investitionstrend bei Erneuerbaren wird sich wahrscheinlich fortsetzen
Neue Daten der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) bestätigen, dass die Investitionen in erneuerbare Energien seit 2017 rückläufig sind – ein Trend, der sich in den Jahren 2020/2021 aufgrund der COVID-19-Pandemie wahrscheinlich fortsetzen wird. „Auktionen sind zu einem beliebten Instrument für den Einsatz von erneuerbaren Energien geworden, während gleichzeitig andere Entwicklungsziele erfüllt werden“, kommentiert IRENA-Generaldirektor Francesco La Camera. „IRENA hat die Stärken und Schwächen von Auktionen ausgiebig untersucht und analysiert weiterhin innovative Designs, die die mehrfachen Ziele der Beschaffung von erneuerbarer Energie zum niedrigsten Preis, der Maximierung des sozio-ökonomischen Nutzens, der Sicherstellung der rechtzeitigen Fertigstellung von Projekten und der Unterstützung der Integration höherer Anteile variabler erneuerbarer Energie in das System erreichen können. Die Ergebnisse dieser neuen Studie liefern wertvolle Erkenntnisse für die weitere Analyse der Wirksamkeit von Politikdesigns für diese Ziele.“
Anna Leidreiter, Project Lead Global Renewables Congress beim WFC, betont: „Erneuerbare Energien müssen im nächsten Jahrzehnt den Löwenanteil des Strom-, Wärme-, Kälte- und Transportbedarfs decken. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, muss jeder Teil dieses Übergangs sein. Wir brauchen politische Rahmenbedingungen, die den Energiemarkt für neue Akteure öffnen. Diese Studie zeigt, dass Auktionen allein diesen Zweck nicht erfüllen können.“
EE-Richtlinie muss den EU-Mitgliedsstaaten Flexibilität bei der Wahl politischer Instrumente geben
„Wenn die EU die Pariser Klimaziele wirklich umsetzen will, muss die neue Erneuerbare-Energien-Richtlinie den EU-Mitgliedsstaaten volle Flexibilität bei der Wahl ihrer eigenen politischen Instrumente geben – im Einklang mit der im Lissabon-Vertrag verankerten Energiesouveränität“, so Mitautorin Dörte Fouquet von Becker Büttner Held (BBH). „Zu diesem Zweck muss die Prüfung staatlicher Beihilfen für erneuerbare Energien eingeschränkt werden.“
Mark Z. Jacobson, eine der wissenschaftlichen Stimmen hinter dem Green New Deal, bemerkt, dass in den USA „der Ausbau der erneuerbaren Energien auf der Ebene der Energieversorger mit der Verbreitung von Renewable Portfolio Standards recht gut funktioniert hat. Aber wir müssen auch gemeindebasierte, dezentrale sowie mittelständische Investitionen in saubere, erneuerbare Energien stärken, um die Ziele der kommenden Biden-Administration zu erreichen, nämlich einen komplett emissionsfreien Stromsektor bis 2035. Zu diesem Zweck liefert die Studie wertvolle wissenschaftsbasierte Politikempfehlungen.“
Die komplette Studie ist hier einsehbar.
Über die Energy Watch Group
Die Energy Watch Group (EWG) ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Think-and-Do-Tank mit Sitz in Berlin. Wir sind bestrebt, die politischen Maßnahmen für erneuerbare Energien und den Klimaschutz durch wissenschaftliche Analysen, politische Beratung und Dialog zu beschleunigen.
www.energywatchgroup.org