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Künstliche Intelligenz für die Photovoltaik-Produktion der Zukunft

Forschungsanlage zur industrienahen Herstellung von CIGS-Dünnschicht-Solarmodulen am ZSW. (Bild: ZSW)

Forschungsprojekt SelFab ebnet den Weg zur selbstlernenden Solarfabrik

Künstliche Intelligenz (KI) und Industrie 4.0 sind in der Industrie auf dem Vormarsch und bergen großes Potenzial auch in der Photovoltaik-Produktion. In dem Forschungsprojekt „Selbstlernende Photovoltaik-Fabrik“, kurz SelFab, arbeiten fünf Forschungsinstitute aus Baden-Württemberg zusammen mit der Industrie seit knapp zwei Jahren an intelligenten Produktionsanlagen für die Solarfabrik der Zukunft. Das Vorhabens verfolgt das Ziel ist, Grundlagen einer selbstlernenden Fabrik für den Anlagen- und Maschinenbau zu entwickeln. Die Erschließung ungenutzter Potenziale durch die KI könnte auch die Ansiedlung von Photovoltaik-Fabriken in Deutschland und Europa wieder attraktiv machen. Die bisherigen Erfolge lassen erwarten, dass die Ziele bis zum Projektende im Juli 2021 erreicht werden können.

Beteiligt an SelFab sind das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), das International Solar Energy Research Center Konstanz (ISC Konstanz e.V.), das Institut für Photovoltaik der Universität Stuttgart (ipv) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Das Vorhaben wird von einem offenen Industriebeirat begleitet. Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Baden-Württemberg fördert das Projekt im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes mit rund zwei Millionen Euro.

Algorithmen für die Photovoltaik-Produktion nutzen

Die Herstellung von Hightech-Solarzellen und -modulen erfordert viele komplexe Prozessschritte und Materialien. Entsprechend hoch ist deshalb auch das Datenaufkommen bei der Photovoltaik-Produktion. Eine vollumfängliche Aufarbeitung und Nutzung dieser Daten birgt ein enormes Potenzial für die Weiterentwicklung und Optimierung der Fertigung. Hierfür sind Verfahren und Methoden notwendig, die diese Menge an hochdimensionalen Daten aus dem Internet der Dinge in Echtzeit verwerten können.

Bislang werden die Möglichkeiten zur übergreifenden Datenverarbeitung und Selbstoptimierung von vernetzten Anlagen mit Algorithmen noch kaum genutzt. Maschinenbauunternehmen in Baden-Württemberg, die auf die Herstellung von Produktionsanlagen für Silizium- und CIGS-Dünnschichtsolarzellen und -module spezialisiert sind und sich weltweit hohe Marktanteile erarbeitet haben, können sich hier Wettbewerbsvorteile verschaffen.

„KI ist die Schlüsseltechnologie der Zukunft“

„Die Kooperation von Produktionsautomation und Photovoltaikforschung auf dem Gebiet der Silizium- und CIGS-Dünnschichtsolarzellen schafft Synergien bei der Entwicklung von Grundlagen für eine selbstlernende Solarfabrik, die die Anwendungsbreite der Projektergebnisse erhöhen und auf verschiedenste Solartechnologien angewandt werden können“, sagt Martin Kasperczyk, Projektkoordinator am Fraunhofer IPA.

Photovoltaik-Produktion

Produktionstechnologie für kristalline Silicium-Solarzellen, Blick in das Photovoltaic Technology Evaluation Center (PV-TEC) des Fraunhofer ISE. (Bild: Fraunhofer ISE / Dirk Mahler)

„Künstliche Intelligenz ist die Schlüsseltechnologie der Zukunft und kann auch bei der Photovoltaik-Produktion eine entscheidende Rolle spielen. Die selbstlernende Fabrik steigert maßgeblich die Effizienz und Produktivität und ermöglicht eine schnellere Umsetzung neuer Technologien. Unsere Anlagenhersteller im Land können mit der SelFab entscheidende Wettbewerbsvorteile erlangen. Damit stärken wir nachhaltig den Standort Baden-Württemberg“, betont Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.

Die Solarfabrik im Zeitalter der Digitalisierung

Um der Solarfabrik der Zukunft näher zu kommen, haben die Partner des Forschungsvorhabens ein digitales Grundgerüst einer Produktionslinie für Solarzellen und -module erstellt. Für den digitalen Zwilling digitalisierten sie alle relevanten Fertigungsabläufe und Werkstücke einer Photovoltaik-Produktion mit generischen Modellen. Das erhöht später die Anwendungsbreite und die mögliche Zahl der nutzenden Unternehmen. Die digitalen Abbilder, Verwaltungsschale genannt, stellen über gängige Kommunikationsschnittstellen Daten und ihre Bedeutung bereit. Außerdem entwickelten die Partner dafür geeignete Verfahren des maschinellen Lernens.

Anlagen- und Fabrikdaten fortlaufend und in Echtzeit analysierbar

Der Nutzen des Vorgehens: Anlagen- und Fabrikdaten sind mit künstlicher Intelligenz fortlaufend und in Echtzeit analysierbar. Mit Hilfe der umfassenden Informationen können Herstellungsprozesse und Produkte tatsächlich optimiert werden. Das zeigen die ersten Erfahrungen aus den Datenanalysen und deren Korrelation etwa mit dem Solarzellwirkungsgrad. Gerade in forschungs- und entwicklungsintensiven Bereichen ist das lohnend, da technologische Fortschritte schneller und effizienter in die Fertigung übertragen werden können.

Photovoltaik-Produktion

Schema einer selbstlernenden Fabrik für Silizium-Solarzellen. (Grafik: centrotherm AG / Bearbeitung ZSW)

Der Maschinen- und Anlagenbau für Solarzellen und -module, unter anderem im Raum Baden-Württemberg, soll mit den im Projekt gewonnenen Erkenntnissen befähigt werden, sein Equipment in künftige intelligente Industrie-4.0-Fabriken zu integrieren oder solche Fabriken schlüsselfertig anzubieten. Die Erkenntnisse aus dem Vorhaben sind nach Einschätzung der Projektpartner auch über die Grenzen der Photovoltaik hinaus in anderen Industriezweigen einsetzbar.

Der Bedarf der Wirtschaft ist vorhanden

Das Interesse der Wirtschaft an fortentwickeltem Wissen über die Photovoltaik-Produktion ist groß. „Mit selbstlernenden Fabriken stehen unseren Ingenieuren neue, innovative Werkzeuge zur Verfügung, mit denen wir Zeit und Kosten bei der Entwicklung von CIGS-Dünnschichtmodulen einsparen können“, erklärt Dr. Kay Orgassa, CTO von NICE Solar Energy aus Schwäbisch Hall. Das Unternehmen produziert Dünnschichtsolarmodule auf Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS). Auch Hersteller von Siliziumsolarzellen haben Bedarf: „Durch die Zusammenarbeit mit dem SelFab-Konsortium konnten bereits interessante Erkenntnisse gewonnen werden, die zur Weiterentwicklung unserer Solarzellenfertigung beitragen werden“, sagt Dr. Bernhard Klöter, Senior Manager in der Forschung und Entwicklung der Hanwha Q CELLS GmbH aus Thalheim.

Der Maschinenbau ist ebenfalls als Partner mit im Boot: „Selbstlernende Produktionsanlagen und Fabriken eröffnen dem deutschen Maschinenbau innovative Entwicklungsmöglichkeiten und Vermarktungskonzepte, die dessen Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken“, so Dr. Helge Haverkamp, Leiter der Forschung und Entwicklung des Anlagenbauers centrotherm AG aus Blaubeuren. Die centrotherm AG rüstet weltweit führende Solarzellenhersteller mit thermischen Produktionsanlagen für kristalline Solarzellen aus.

Fazit: Künstliche Intelligenz und der Einsatz von Industrie 4.0 in der Photovoltaik-Produktion machen derzeit Fortschritte, Unternehmen sind daran stark interessiert.

Über das ZSW
Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gehört zu den führenden Instituten für angewandte Forschung auf den Gebieten Photovoltaik, regenerative Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse. An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 280 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Hinzu kommen 100 wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte. Das ZSW ist Mitglied der Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW), einem Zusammenschluss von 13 außeruniversitären, wirtschaftsnahen Forschungsinstituten.
www.zsw-bw.de

Über das Fraunhofer ISE
Mit mehr als 1.200 Mitarbeitenden ist das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das größte europäische Solarforschungsinstitut. Das Institut setzt sich für ein nachhaltiges, wirtschaftliches, sicheres und sozial gerechtes Energieversorgungssystem auf der Basis erneuerbarer Energien ein. Im Rahmen der Forschungsschwerpunkte Energieeffizienz, Energiegewinnung, Energieverteilung und Energiespeicherung schafft es technische Voraussetzungen für eine effiziente und umweltfreundliche Energieversorgung. Das Institut ist Mitglied der Fraunhofer-Gesellschaft, der größten Organisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa.
www.ise.fraunhofer.de

Über das Fraunhofer IPA
Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, kurz Fraunhofer IPA, ist mit annähernd 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. Der gesamte Haushalt beträgt 76 Mio €. Organisatorische und technologische Aufgaben aus der Produktion sind Forschungsschwerpunkte des Instituts. Methoden, Komponenten und Geräte bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen werden entwickelt, erprobt und umgesetzt. 15 Fachabteilungen arbeiten interdisziplinär, koordiniert durch 6 Geschäftsfelder, vor allem mit den Branchen Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Mikrosystemtechnik, Energie, Medizin- und Biotechnik sowie Prozessindustrie zusammen. An der wirtschaftlichen Produktion nachhaltiger und personalisierter Produkte orientiert das Fraunhofer IPA seine Forschung.
www.ipa.fraunhofer.de

Über das ISC Konstanz e.V.
Das International Solar Energy Research Center Konstanz ist ein im Jahr 2005 gegründetes Institut für photovoltaische Forschung mit über 50 Mitarbeitern. Wir sind ein junges, aber erfahrenes Team von Wissenschaftlern, Ingenieuren, Technikern und Studenten. Wir verfügen über modernste Prozess- und Charakterisierungsgeräte und langjährige Erfahrung mit PV-Systemen und smart Grid-Anwendungen. In nationalen und internationalen Forschungsprojekten arbeiten wir mit den international führenden Instituten und Unternehmen der Photovoltaik-Branche zusammen.
www.isc-konstanz.de

Über das ipv
Das Institut für Photovoltaik (ipv) arbeitet innerhalb der Elektrotechnik an der Universität Stuttgart auf den Gebieten der Mikro- und Optoelektronik, Dünnschicht- und Halbleitertechnologie. Die Forschung konzentriert sich auf die Photovoltaik (PV) und elektrische Energiespeicher. Das ipv konnte sich insbesondere in der Herstellung von Solarzellen mit Hilfe von Laserprozessen auszeichnen. Neu hinzu gekommen sind seit Kurzem Aktivitäten in der Dünnschicht-PV an Perowskiten, die als sogenannten Tandemsolarzellen auf Silizium erhebliche höhere Wirkungsgrade möglich machen.
www.ipv.uni-stuttgart.de

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