Das Windflächenbedarfsgesetz stößt in einigen Bundesländern auf Widerstand
Von Kai Großjohann *
Gerade einmal 0,8 % der deutschen Landesfläche sind bislang exklusiv für die Windenergie ausgewiesen. Die Bundesregierung plant offenbar, die Abstandsregeln für Windräder per Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) bei Bedarf auszuhebeln und damit den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen. Dafür sollen nicht nur das Planungs- und Baurecht, sondern auch das Naturschutz-Gesetz geändert werden.
Das Ziel der Bundesregierung, 2 % der Landesfläche Deutschlands allein für Windräder zu reservieren, scheint aktuell noch in weiter Ferne. Um das Flächenziel zu realisieren, sollen daher per Gesetz verpflichtende Ausbaupfade definiert werden. Diese sollen 2026 bei 1,4 % um 2032 bei den angepeilten 2,0 % der Bundesfläche liegen. Darüber erhält jedes Bundesland nach dem Gesetzesentwurf klare Flächenvorgaben. Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen müssen beispielsweise bis 2026 1,1 % ihrer Landesfläche ausweisen und bis 2032 1,8 %. Windreiche Länder wie etwa Mecklenburg-Vorpommern haben Vorgaben von 1,4 % und 2,1 %.
In der Vergangenheit hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Reisen in die verschiedenen Bundesländer zunächst noch versucht, diese zu einem freiwilligen Ausweiten der Windenergie-Flächen zu bewegen. Der vorliegende Gesetzesentwurf in daher auch ein Zeichen der Unwilligkeit einzelner Bundesländer, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Energiewende aktiv mitzugestalten.
Abstandsregeln der Bundesländer sollen ausgesetzt werden können
Brisanz erhält der Gesetzentwurf daher durch die Passage, dass bislang geltende Abstandsregeln der Bundesländer ausgesetzt werden können, falls die definierten Flächenziele des WindBG nicht erreicht werden. Diese Regelung dürfe insbesondere in Bayern, Brandenburg und Sachsen auf entschiedenen Widerstand stoßen. Doch auch in Thüringen dürfte der Gesetzesentwurf die aktuellen Verwerfungen in der Landespolitik weiter anfeuern. Hier versucht die CDU – notfalls mit Stimmen von AfD – strengere Abstandsregeln gegen die Rot-Rot-Grüne Minderheitsregierung durchzusetzen.
Neben der Aussetzung der Abstandsregelung würde eine nach dem WindBG-Entwurf unzureichende Flächenzuweisung ebenso zu einer teilweisen Aufhebung von Festlegungen in Raumordnungs- und Flächennutzungsplänen führen. Da der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse steht, sowie der öffentlichen Sicherheit dient, sollen diese auch in bislang ausgewiesenen Naturschutzgebieten errichtet werden dürfen. Im Hinblick auf den Vogelschutz soll dabei der Schutz der Population vor dem Schutz des einzelnen Individuums stehen. Dafür sollen Artenschutzprogramme initiiert werden, welche von Windanlagenbetreibern mitfinanziert werden sollen.
Erfolgsbedingung Akzeptanz und Partizipation
Der Entwurf des WindBG zeigt, wie kontrovers der notwendige Ausbau der Windenergie in Deutschland auf den einzelnen Verwaltungsebenen diskutiert und angesehen wird. Da die Energiewende als ein gesamtgesellschaftliches Projekt „vor Ort“ stattfindet, ist eine zentrale Erfolgsbedingung die Akzeptanz und Partizipation breiter Bevölkerungsgruppen. Nur durch einen transparenten Umgang mit Bürgern, fairen gesetzlichen Regelungen und ausreichend Platz kann sie gelingen.
Über den Autor
Kai Großjohann ist Kommunikations- und Fachexperte für erneuerbare Energien. Durch seine mehrjährige Referententätigkeiten bei Verbänden und in Interessensgemeinschaften, wie dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP) sowie dem Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), ist er ein gut vernetzter und proaktiver Akteur der Energiewende. In seiner aktuellen Funktion leitet er die Berliner Geschäftsstelle des Anlegerschutzvereins WindEnergie (AWE), die Interessensvertretung von Anleger/innen im Windenergiebereich und Investments in erneuerbare Energien.
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