Spezifischer Energieverbrauch der Ziegelherstellung um mehr als 10 % gesenkt
Klinker sind ein zeitlos schöner und natürlicher Baustoff, der Hausfassaden weltweit ziert. Doch die Herstellung ist energieintensiv: Zuerst werden die Rohlinge in speziellen Trocknern vollständig durchtrocknet, bevor sie in einem Brennofen bei über 1000 °C gebrannt werden. In NRW konnte dieser Prozess nun immens verbessert werden. Das Klinkerwerk Hörstel A. Berentelg & Co. KG der ABC-Klinkergruppe reduzierte seinen Energieverbrauch, unter anderem durch den Einsatz von zwei Mikro-Gasturbinen, um mehr als 10 % pro Kilogramm gebrannter Ziegel. Das mache – so der Betreiber – das Klinkerwerk in Hörstel zum effizientesten in Europa.
„In Ziegeleien schlummern viele Potenziale“, weiß Dipl-Ing. Franz Obermeyer, der sich seit Jahren mit der Kraft-Wärme-Kopplung auseinander setzt. Drängende Klimaschutzfragen haben ihn zu eigenen Innovationen und Weiterentwicklungen geführt. Sein Ingenieurbüro hat den innovativen Ansatz, Mikro-Gasturbinen in die technologischen Abläufe der Ziegelindustrie einzugliedern, mit der ABC-Klinkergruppe positiv diskutiert und umgesetzt. So wurde in Hörstel die erste Mikrogasturbine in ganz NRW in einem Klinkerwerk verbaut – ein halbes Jahr nachdem der erste Einsatz in einem Dachziegelwerk im bayerischen Straubing erfolgt war.
Rund 56.000 Tonnen Klinker pro Jahr
Im Hörsteler Werk kümmern sich 43 Mitarbeiter um die Herstellung von 56.157 Tonnen Klinker pro Jahr. Die beiden neuen Mikrogasturbinen mit je 50 kW elektrischer Leistung erzeugen dafür elektrische Energie, die unter anderem zum Betrieb der Gebläse der Trocken- und Brennöfen genutzt wird. Die zirka 300 °C heißen Abgase werden zudem zur Unterstützung der erdgasbetriebenen Direktbrenner unmittelbar dem Trockner zugeleitet. Zusätzlich hat man die Ofenluftleitungen zur Vermeidung von Wärmeverlusten isoliert. Auf diese Weise konnte der Energieverbrauch pro Kilogramm Ziegel auf 1450 kJ reduziert werden, üblich sind in der Branche 1645 kJ. Die CO2-Emissionen sanken nicht zuletzt deshalb auf 110 Kilogramm pro produzierter Tonne Ziegel.
30 % Energieeinsparung im ABC-Werk Hörstel
Der Energieverbrauch eines Ziegelwerkes wird durch den Wärmebedarf zum Trocknen und Brennen des Tons bestimmt. Durch ein neuentwickeltes Direktsetzverfahren gelangen bei der ABC-Klinkergruppe die Pflasterklinkerrohlinge direkt, ohne abzukühlen, nach der Trocknung in den Tunnelofen. Mit diesem Direktsetzverfahren ließ sich der Energieverbrauch gegenüber einem herkömmlichen Werk um 30 % senken. Durch den kontinuierlichen Parallelbetrieb von Ofen und Trockner kann die Ofenabwärme zu 100 % genutzt werden. Der Produktanteil erster Wahl liegt mit 97,5 % deutlich über den Werten traditionell gebauter Werke. Geringerer Wartungsaufwand, weniger Lärm und Schadstoffe.
Die Ziegelindustrie bietet sich für die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung nicht zuletzt durch den zeitgleichen und kontinuierlichen Bedarf an Strom und Wärme an. Betriebswirtschaftlich spricht die kurze Amortisationszeit für diese Technologie. Erfahrungen aus der Praxis belegen – bei jährlich elf Monaten Produktionszeit – eine sehr hohe Wirtschaftlichkeit. Die Amortisationszeit in Hörstel betrug rund 1,8 Jahre.
Insbesondere wenn das Abgas direkt auf Prozesstemperaturniveau z. B. in Trocknungsprozessen eingesetzt werden kann, sind Gesamtwirkungsgrade möglich, die motorbasierte KWK-Prozesse nicht erreichen können. Weitere Vorteile der Mikro-Gasturbinen sind ein konstruktionsbedingt gutes Teillastverhalten, deutlich geringerer Wartungsaufwand (keine Schmiermittel) und geringere Schadstoff- und Lärmemissionen. Die KWK-Technologie mittels einer Mikrogasturbine mit Abgasdirektnutzung liefert aufgrund der Primärenergieeinsparung einen positiven Beitrag zur Erreichung von Klimaschutzzielen. Der CO2-Fußabdruck der Produkte der Ziegelindustrie verbessert sich. Allein in den Werken der ABC-Klinkergruppe werden durch die Primärenergieeinsparungen mittels Mikrogasturbineneinsatz jährlich ca. 1.800 t CO2 eingespart.
KWK-Technik hat Schwerpunkt in NRW-Ziegeleien
Aufgrund der guten Erfahrungen in Hörstel hat die ABC-Klinkergruppe in der Folge an fünf Standorten in NRW und Niedersachen Mikrogasturbinen zum Einsatz gebracht. Obermeyer berichtet von weiteren Projekten im Bundesland: „NRW ist bei der Anwendung dieser Technik in der Ziegelindustrie ein Schwerpunkt. So laufen auch Mikrogasturbinen im Ziegelwerk Janinhoff in Münster, in den Klinkerwerken Muhr in Emmerich am Rhein und im Klinkerwerk Löhne der Firma Kerawil. In allen Fällen war mein Büro an der Konzeption und Auslegung beteiligt.“ Das sieht er auch in der guten Förderlandschaft begründet, die es dazu gab: „Erfreulich bei der Einführung dieser innovativen Konzepte war bei den ersten Projekten die Fördermöglichkeit durch das „progres.nrw-Programmbereich KWK“. Das Programm ist für derartige Anlagen nicht mehr nutzbar. Eine Förderung erfolgt noch durch das KWKG, das zeitlich begrenzt Zuschläge auf den erzeugten Strom sichert.“
Neben dem Einsatz von Mikro-Gasturbinen gibt es aber noch weitere Dinge, die bei der Produktion von Ziegeln den CO2-Fußabdruck bei der Produktion verbessern können: neben den Querschnittstechnologien Druckluft, Beleuchtung, usw. sind auch immer verfahrenstechnische Verbesserungen im Fokus. So ist beispielsweise im Recker Ziegelwerk eine Energieeffizienzsteigerung durch bessere Wärmeübergänge innerhalb des Tunnelofens, oder auch eine weitere Abwärmenutzung durch Niedertemperaturtrocknung geplant. Die entsprechenden Forschungsvorhaben und Entwicklungen sind maßgebend von dem Keramikingenieur Rainer Berentelg, dem „technischen Kopf“ der ABC-Klinkergruppe initiiert und durchgeführt worden.
Für die Zukunft hofft Diplom-Ingenieur Obermeyer auf weitere Nachahmer in der Ziegelindustrie. Insbesondere da im Hinblick auf die Randbedingungen für die KWK Rechtsicherheit für die nächsten Jahre bestehe, könnte die klimafreundliche KWK durch weitere Mikro-Gasturbinen in der Ziegelindustrie ausgebaut werden.
Verena Barton M. A.
Kommunikation
EnergieAgentur.NRW
barton@energieagentur.nrw