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Lieferantenwechsel in 24 Stunden: „Ein Chaos im Markt würde niemandem nützen“

"Langfristig geht es beim Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden auch um Wettbewerbsfähigkeit und die Stabilisierung der Netzbelastung", sagt Joachim Lang, Geschäftsführer der Mako365 GmbH. (Bild: © Mako365)

„Die Belastung für Messstellenbetreiber ist hoch, aber sie können dadurch auch einen großen Beitrag leisten“

Die Bundesnetzagentur hat den werktäglichen Lieferantenwechsel binnen 24 Stunden von April auf Juni verschoben. Ob diese Fristverlängerung reicht und was sich mit dem neuen Prozess ändert, aber auch welche Chancen sich damit ergeben, erklärt Joachim Lang im energie.blog-Interview. Der Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung der Mako365 geht außerdem auf die besondere Rolle der Messstellenbetreiber ein und warum es eine schlanke, flexible Lösung am Markt braucht – cloudbasiert, mit API-first-Ansatz. Außerdem: Die Gründe für die Erweiterung des Mako365-Angebots um das Datenmanagement für den Messstellenbetrieb und wie es für das Unternehmen in diesem Jahr weitergeht.

e.b: Herr Lang, der Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden wurde auf den 6. Juni verschoben. Wie bewerten Sie die Verschiebung? Reicht der Zeithorizont, damit alle Marktteilnehmer rechtzeitig starten können?

Joachim Lang: Im März 2024 hat die Bundesnetzagentur die Festlegung für den beschleunigten werktäglichen Lieferantenwechsel in 24 Stunden veröffentlicht. Alle Akteure – Lieferanten, Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und insbesondere die Softwareanbieter, hatten also zwölf Monate Zeit, sich darauf vorzubereiten. Nun sind mit der Verschiebung von April auf Juni zwei Monate obendrauf gekommen. Das ist nicht so viel im Vergleich zu der ursprünglichen Frist. Es heißt ja, dass insbesondere SAP die operative Umstellung nicht pünktlich geschafft hätten. Zumindest hat die DSAG, die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe, sich um die Terminverschiebung bemüht. Ein Chaos im Markt würde niemandem nützen, insofern geht die Verschiebung schon in Ordnung. Aber ich habe etwas Zweifel, ob die zwei Monate ausreichen. Die Umstellungen in technischer, prozessualer, aber auch organisatorischer Sicht sind schon gewaltiger als der Begriff 24h-Wechsel suggerieren mag. Auf der anderen Seite ist die Verschiebung ein symptomatisches Beispiel für die vorhandene Komplexität und individuellen Lösungen der eingesetzten Softwaresysteme und damit für die „Langsamkeit“ bei notwendigen oder geforderten Veränderungen.

e.b: Was ändert sich mit dem Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden bei den Prozessen?

Joachim Lang: Die neuen Regelungen führen zu umfangreichen Änderungen bei den energiewirtschaftlichen Prozessen und den EDI-Datenformaten, das ist ein richtig großes Paket, das man hier gar nicht im Detail darlegen kann. Wesentlich erscheint mir, dass beispielsweise die Verfahren zur Installation, Registrierung und Abmeldung von Messstellen standardisiert und beschleunigt werden. Ein automatisierter Registrierungsprozess übermittelt zum Beispiel die Meldung einer neuen Messstelle in Echtzeit an alle beteiligten Marktpartner. Die Lieferantenwechselprozesse sollen künftig aus¬schließlich über die Marktlokations-ID abgewickelt werden. Daher ist eine schnelle und sichere Identifikation der Malo-ID für jeden Kunden erforderlich – der sogenannte Malo-Ident-Prozess. Also die drei Akteure Messstellenbetreiber, Netzbetreiber und Lieferanten stehen hier schon vor Herausforderungen. Und Stadtwerke, die teils alle drei Rollen ausfüllen, müssen sehen, dass ihre verschiedenen Backend-Systeme sicher und sauber miteinander kommunizieren.

„Langfristig geht es beim Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden auch um Wettbewerbsfähigkeit und die Stabilisierung der Netzbelastung“

e.b: Manche sagen, der Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden sei nicht nötig, weil Kunden nicht in dieser kurzen Zeit wechseln müssen. Wie sieht das Mako365?

Joachim Lang: Man muss das vielleicht in einem größeren Zusammenhang sehen. Wie gesagt, geht mit der Umstellung eine ganze Reihe von Änderungen einher, die auf Standardisierung und Automatisierung, sprich, eine Prozessoptimierung abzielen. Damit können personelle Ressourcen entlastet und Clearingfälle, die unheimlich viel Zeit binden, reduziert werden. Langfristig geht es auch um Wettbewerbsfähigkeit und die Stabilisierung der Netzbelastung.

e.b: Die regulatorischen Vorgaben werden immer strikter und müssen immer schneller umgesetzt werden, wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Joachim Lang: Tatsächlich waren und sind die Anforderungen insbesondere an Messstellenbetreiber in den letzten Jahren sehr hoch durch die Mako-Änderungen 2020 bis 2022, Gesetzesnovellen etc. Da bekommen sie schon in rascher Abfolge neue Leitlinien, an denen sie sich orientieren müssen. Wir haben das hautnah erlebt nach der Einführung der Marktrolle Energieserviceanbieter 2022, an die einige Messstellenbetreiber immer noch keine Daten ausleiten können. Andererseits – viele Messstellenbetreiber bekommen das inzwischen hin. Es ist also jetzt kein grundsätzliches systemisches Problem, sondern offensichtlich eher eine Frage der Priorisierung Ich nehme wahr, dass der Austausch zum Beispiel zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium, der Bundesnetzagentur und den Unternehmen, Verbänden und Initiativen gut läuft, da wird ja schon auf uns gehört – also auf diejenigen, die jeden Tag damit zu tun haben. Wir als Mako365 bringen uns da in den relevanten Gremien und verschiedenen Stellen schon ein, unter anderem auch bei der Smart Meter Initiative oder dem neuen Dateninstitut der dena.

„Gerade die großen ERP-Systeme haben ihre Schwierigkeiten, sich schnell – oder überhaupt – auf Änderungen einzustellen. Die sind wie große Tanker. Wir sehen uns vielleicht als so ein Lotsenboot oder Schlepper“

e.b: Sie haben Ihr Software-Angebot um das Datenmanagement für den Messstellenbetrieb erweitert. Was waren Ihre Beweggründe?

Joachim Lang: Die Gründer und das Team der Mako365 kommen aus dem wettbewerblichen Messstellenbetrieb und wir arbeiten durch unsere Prozessunterstützungs-Dienstleistungen in vielen Systemen. Es war uns früh klar, dass es eine schlanke, flexible Lösung am Markt braucht – cloudbasiert, mit API-first-Ansatz und als kundenfreundliche Software-as-a-Service-Lösung. Die haben wir von Grund auf neu entwickelt, und das ist sicher auch unser Vorteil. Denn was man immer wieder sehen kann: Gerade die großen ERP-Systeme haben ihre Schwierigkeiten, sich schnell – oder überhaupt – auf Änderungen einzustellen. Die sind wie große Tanker. Wir sehen uns vielleicht als so ein Lotsenboot oder Schlepper. Beweglich, schnell, und einfach anzudocken. Und dann bringen wir die Tanker sicher in den Hafen! Dazu kommt: Die Rolle des Messstellenbetreibers wird noch mehr in den Fokus rücken. Denn die haben die Daten, die wir in einer modernen Energiewirtschaft für das Energiemanagement brauchen, denn sie sind Grundlage für Verbrauchsverlagerung, Steuerung, dynamische Tarife. Die Belastung für Messstellenbetreiber ist schon hoch, aber sie können dadurch auch einen großen Beitrag leisten. Und wir unterstützen sie und andere Marktakteure mit dem, was wir können: Software, BPO-Leistungen, Beratung.

„Die Rolle des Messstellenbetreibers wird noch mehr in den Fokus rücken. Denn die haben die Daten, die wir in einer modernen Energiewirtschaft für das Energiemanagement brauchen, denn sie sind Grundlage für Verbrauchsverlagerung, Steuerung, dynamische Tarife.“

e.b: Was sind die nächsten Herausforderungen für Sie als Software-Anbieter? Was erwarten Sie 2025?

Joachim Lang: Zunächst wird es sicher darum gehen, die Ausprägung unserer Software MakoFlow für den Messstellenbetrieb weiter in den Markt zu bekommen. Wir haben schon einige, auch große, Partner an Bord. Dann steht natürlich zum April die Umstellung auf den AS4-Datenweg für die Sparte Gas und das Bilanzkreismanagement an. Da haben wir gute Erfahrungen aus der Sparte Strom mit unserer AS4-Lösung und blicken der Umstellung im Gas-Bereich ganz entspannt entgegen. Mit unserem API-first-Ansatz haben wir zudem grundsätzlich Schnittstellen für alle möglichen Fälle parat, sodass wir hier mehr und mehr Integrationen sehen. Auf dieser Basis entwickeln wir Schritt für Schritt weitere Use Cases und schauen, was wir sonst noch darüber abbilden können und müssen.

 

e.b: Joachim Lang, vielen Dank für das Gespräch.

 

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