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Wasserversorgungssystem von Kozani setzt sich in Griechenland an die Spitze des technologischen Fortschritts

Blick auf die griechische 60-000-Stadt Kozani in Westmakedonien. In einem Modellprojekt wurde von der örtlichen Wasserversorgung ein digitaler Zwilling erstellt, was eine bessere Qualitätsüberwachung ermöglicht und die Verlustrate durch Lecks nachhaltig senkt. (Bild: DEYAK)

Wasserversorger implementiert Modell für digitalen Zwilling zur Verringerung von Wasserverlusten und zur Verbesserung der Wasserqualitätsüberwachung

Autorin: Sandra DiMatteo*

Nach der griechischen Staatsschuldenkrise und den anschließenden wirtschaftlichen Belastungen durch die COVID-19-Pandemie hat das Land einen >nationalen Aufbau- und Resilienzplan ausgearbeitet. Der Plan legt den Schwerpunkt auf die digitale Transformation der wichtigsten Infrastrukturen, um ökologisch und wirtschaftlich positive Ergebnisse zu erzielen. Eine der wichtigsten Reformen, die in dem Plan skizziert werden, ist die Verbesserung der Regulierung der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Laut einem >Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2017 verliert die öffentliche Wasserversorgung Griechenlands jedes Jahr rund 26 % ihres Wassers durch Lecks. Infolgedessen verbrauchen griechische Haushalte mehr Trinkwasser als jedes andere Land in der Europäischen Union, nämlich rund 170 Kubikmeter pro Haushalt und Jahr.

Vorreiter bei der Reform des Wassersystems in Griechenland ist Kozani, eine Stadt in Westmakedonien mit einer geringen Einwohnerzahl von etwa 60.000. Die gezielte Verbesserung des Wassersystems von Kozani begann 1985 mit der Gründung der städtischen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft von Kozani, auch DEYAK genannt. Die DEYAK baute das Wassernetz über mehrere Jahrzehnte aus und konnte schließlich 63 Siedlungen in und um Kozani versorgen. In den letzten zwölf Jahren wurde das System technologisch erheblich aufgerüstet, u. a. durch die Segmentierung in Bezirksmessgebiete, Drucksteuerung und kürzlich durch die Schaffung eines umfassenden Modells eines digitalen Zwillings zur Optimierung der Wasserüberwachungsprozesse und der Systemleistung.

Dimitris Papailiopoulos ist Inhaber des griechischen Unternehmens Tech-Go-Round, das bei der Einführung des digitalen Zwillings beratend tätig war. Als sein Team die Arbeit mit dem Wasserversorgungssystem von Kozani aufnahm, stellte er fest, dass es viele der gleichen Herausforderungen und Defizite aufwies wie andere Wassernetze in ganz Griechenland. „Alles wurde, wenn überhaupt, manuell erledigt“, sagte er. „Es gab große Wasserverluste. Die Qualität des Wassers wurde regelmäßig manuell getestet, aber man wusste, dass man es besser machen könnte.“

Zudem bot Kozani auch eine ideale Gelegenheit, ein Modellsystem für andere griechische Versorgungsunternehmen zu schaffen. „Es ist einfacher, kleinere Wasserbehörden an einen Punkt zu bringen, an dem sie diese innovative Technologie übernehmen können“, sagte Papailiopoulos. „[Bei] einer großen Wasserbehörde, wie zum Beispiel der Wasserbehörde von Athen, muss eine Menge Vorarbeit geleistet werden, und es kann mehrere Jahre dauern, bis sie überhaupt in der Lage ist, das System zu installieren.“

Digitale Upgrades

Bevor eine digitale Aufrüstung vorgenommen werden konnte, musste DEYAK zunächst eine gründliche Bestandsaufnahme der Kartierung durchführen. Laut Papailiopoulos verfügte das Wasserversorgungsunternehmen nicht über eine vollständige Karte des Wassernetzes. In einigen Bereichen war nicht bekannt, welche Materialien verwendet wurden oder auf welcher Straßenseite die Leitungen verliefen.

Nach Fertigstellung der Karte bestand der nächste Schritt des Versorgungsunternehmens in der Implementierung eines SCADA-Systems (System für Überwachung, Steuerung und Datenerfassung), das von OpenFlows, der Software von Bentley zur Analyse der Wasserverteilung, unterstützt wird. Mithilfe digitaler Sensoren misst das SCADA-System Wasserdruck, Durchfluss und Qualität. Das Team von Papailiopoulos half später bei der Weiterentwicklung dieses Modells, indem es die Softwarelösung für digitale Zwillinge für Wasserinfrastrukturen von Bentley einbezog. Mit dieser Lösung kann das Versorgungsunternehmen die über das SCADA-System erfassten Daten auf einer einheitlichen Plattform anzeigen, wodurch schnellere Bewertungen und bessere Entscheidungen über mögliche Systemprobleme und notwendige Reparaturen möglich sind.

„Früher musste man auf das SCADA-System zugreifen, um zu sehen, ob die Tanks voll sind, und auf einem anderen Bildschirm den Wasserdruck überwachen“, so Papailiopoulos. „Jetzt ist alles auf einem Bildschirm zu sehen, was die täglichen Abläufe erleichtert.“ Das Team von Papailiopoulos hofft, dass das Versorgungsunternehmen in naher Zukunft den digitalen Zwilling nutzen kann, um die Entscheidungsfindung bei Reparaturen und Systemanpassungen zu automatisieren und entsprechende Arbeitsaufträge zu generieren.

Bevor das Potenzial des digitalen Zwillings voll ausgeschöpft werden kann, müssen jedoch noch einige Herausforderungen bewältigt werden. Im Laufe der Kartierung des Systems, der Implementierung des SCADA-Systems und der Ergänzung anderer technologischer Upgrades schloss DEYAK Verträge mit verschiedenen Anbietern ab, die unterschiedliche – und oft verschlüsselte – Softwareplattformen verwendeten. Dadurch wurde die Erstellung einer einzigen offenen Plattform, auf die Anbieter und Beschäftigte des Versorgungsunternehmens zugreifen können, erschwert.

Konstantinos Gkonelas, Ph.D., der technische Leiter der Hydraulik für das Projekt zum digitalen Zwilling, sagte, dass diese Herausforderung bei Wasserversorgungsnetzen üblich sei. „Das ist etwas, das meiner Meinung nach leider weltweit vorkommt“, sagte Gkonelas. Außerdem erklärte er, dass das Wasserversorgungsunternehmen von Kozani immer noch daran arbeitet, das System zu warten, damit es durchgehend und effizient funktioniert. „Es ist viel Aufwand nötig, um das System am Laufen zu halten“, so Gkonelas. „Es braucht Menschen, die die Verbindungen und Signale der Geräte mit dem digitalen Zwilling aufrechterhalten, um aus allen Daten die richtigen Erkenntnisse zur richtigen Zeit zu gewinnen.“

Positive Ergebnisse

Die Einführung des digitalen Zwillings hat für Kozani zahlreiche Vorteile mit sich gebracht. Die Mitarbeitenden des Versorgungsunternehmens benötigen 40 % weniger Zeit für Aufgaben im Zusammenhang mit dem Druckmanagement. Außerdem werden Lecks schneller erkannt, wodurch schnellere und hochwertigere Reparaturen möglich sind. Dank des verbesserten Leckmanagements konnte die Wasserverschwendung reduziert werden, sodass 20 % weniger Wasser durch das Netz fließt. Auch die Einwohner von Kozani werden davon profitieren, da sich der geringere Wasserverlust in niedrigeren Nebenkostenrechnungen niederschlägt.

Darüber hinaus ist die Vermeidung von Wasserverlusten aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht wichtig. Ende 2022 veröffentlichte die EU-Führung eine >Richtlinie, die das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Zugang zu sauberem Wasser sicherstellen soll. Die EU-Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, Systeme einzurichten, die die „Genusstauglichkeit und Reinheit“ von Wasser gewährleisten, d.h. dass es frei von Mikroplastik, giftigen Chemikalien und gefährlichen Mikroorganismen ist.

Des Weiteren wurden die Staaten aufgefordert, die Leckraten ihrer Wasserinfrastruktur zu ermitteln. Es wird erwartet, dass die EU bis 2028 Rechtsvorschriften zur formellen Durchsetzung dieser Wasserstandards erlassen wird, einschließlich der Verpflichtung, den Verbrauchern Daten zur Wasserqualität und Systemleistung zu melden. „Man kann dem Kunden all diese Informationen nicht ohne einen digitalen Zwilling zur Verfügung stellen; daher sind wir bereit für diese positive Veränderung“, so Gkonelas.

Im Fokus: Konstantinos Gkonelas

Der Hydraulikexperte wünscht sich, dass sein Fachgebiet den technologischen Fortschritt aufgreift

>Dr. Konstantinos Gkonelas, Ph.D., ein Bauingenieur, der sich auf die Verwaltung von Wassernetzen spezialisiert hat, war in den letzten zehn Jahren als Mitbegründer des Wasserbauunternehmens ReonHydor und als freiberuflicher Berater, der u. a. mit Tech-Go-Round zusammenarbeitet, an zahlreichen Projekten zur Errichtung und Modernisierung von Wassernetzen in Griechenland, dem Balkan und dem Persischen Golf beteiligt.

Während seiner Promotion im Bereich Management von Wasserversorgungssystemen an der Universität von Thessalien begann Gkonelas, sein Interesse für den Bereich Hydraulik zu vertiefen. Dabei konzentrierte er sich auf die Frage, wie neue digitale Technologien zur Optimierung der Drucksteuerung und zur Reduzierung von Wasserverlusten eingesetzt werden könnten. In jüngster Zeit zeigt sich dieses Interesse an der Nutzung der Leistungsfähigkeit digitaler Zwillinge. Gkonelas sieht sie als die Zukunft des Wasserversorgungsmanagements an. Eines seiner aktuellsten Projekte, ein digitaler Zwilling des Wasserversorgungssystems Kozani in Nordgriechenland, ging im Juni dieses Jahres in Betrieb.

„Die Implementierung eines digitalen Zwillings hat uns geholfen, nützliche Erkenntnisse zu gewinnen, um die Leistung und den Betrieb unseres gesamten Wasserversorgungsnetzes zu verbessern“, sagte Gkonelas. „[Eine Reihe von] Strategien zur Reduzierung von Wasserverlusten wurden verbessert: Druckmanagement, aktive Leckkontrolle, Geschwindigkeit und Qualität von Reparaturen sowie Anlagenverwaltung.“

Gkonelas beobachtet, dass Wassernetze – im Vergleich zu vielen anderen Infrastrukturbereichen – die Technologie und den digitalen Fortschritt des 21. Jahrhunderts nur langsam übernehmen, da noch immer die Einstellung „aus den Augen, aus dem Sinn“ vorherrscht. „Ich glaube, dass es eine Kluft zwischen der aktuellen Technologie und ihrer Anwendung in Wassernetzen gibt, weil es sich um eine unterirdische – und oft auch unbekannte – Infrastruktur handelt“, sagte er.

Gkonelas ist jedoch auch der Ansicht, dass sich der Bereich der Wasserwirtschaft besonders für die digitale Transformation eignet. Im Wasserbereich gibt es keine feste oder statische Umgebung. Wassermodelle sollten daher dynamisch sein und auf Systemänderungen von Minute zu Minute reagieren, um die Netzfunktionalität zu optimieren. Das ist etwas, was ein digitaler Zwilling bieten kann – zusammen mit vielen anderen damit verbundenen Effizienzgewinnen, wie der digitale Zwilling von Kozani bewiesen hat.

„Die [Arbeits-] Zeit für das Druckmanagement konnte [in Kozani] um 40 % reduziert werden, und die Geschwindigkeit und Qualität der Reparaturen von neu gemeldeten und nicht gemeldeten Lecks wurde durch die automatische Lokalisierung von Absperrventilen und den Einsatz genetischer Algorithmen, die bei ihrer Erkennung helfen, um 50 % verbessert“, so Gkonelas.

Gkonelas ist zuversichtlich, dass diese Vorteile in den kommenden Jahrzehnten noch stärker ins Gewicht fallen werden, da sauberes Wasser zu einer knappen Ressource und damit zum „Öl der Zukunft“ wird. Überall in Griechenland und in der Welt werden sich die Wasserversorgungsunternehmen die modernen Verbesserungen in Kozani zum Vorbild nehmen.

* Die Autorin …

… Sandra DiMatteo ist Marketing Director, Water Infrastructure bei Bentley Systems. Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Branchenerfahrung und ist Expertin für Cloudlösungen mit digitalen Zwillingen in den Bereichen Wasser und Abwasser, Energie und Prozessindustrie. Sandra hat einen Abschluss mit Auszeichnung in Accounting und ist Certified Reliability Leader. Sie ist unter sandra.dimatteo@bentley.com erreichbar.

Erstveröffentichung dieses Berichts in gwf Wasser | Abwasser.

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