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Erst Wärmedämmung, dann Wärmepumpe

Die Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden wirkt nachhaltig, sagt Dr. Ulf Bossel.
Die Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden wirkt nachhaltig, sagt Dr. Ulf Bossel. (Bild: © geralt/pixabay Foto: © Ulf Bossel)

„Die Wärmewende beginnt mit der Sanierung der Gebäudehülle. Erst danach folgt der Heizungskeller“

Warum es so wichtig ist, erst den Heizwärmebedarf zu reduzieren und dann erst eine Wärmepumpe zu installieren, erklärt Dr. Ulf Bossel. Für die vorgeschlagene Reihenfolge sprechen mehrere Punkte. Eine Hypothek kann das Vorhaben zusätzlich vereinfachen. Warum das so ist, erklärt der Autor in seinem Kommentar

Erst Heizwärme reduzieren, dann Wärmepumpe installieren

Zur Senkung der CO2-Emissionen sollen fossil beheizten Kessel möglichst schnell durch elektrische Wärmepumpen ersetzt werden. So will es das Gebäudeenergiegesetz. Die logische Rangfolge der notwendigen Maßnahmen wird darin kaum berücksichtigt. Die Wärmewende beginnt mit der Reduktion des Heizwärmebedarfs, also mit der energetischen Sanierung der Gebäudehülle.

Dann erst kann die zu installierende Wärmepumpe für den reduzierten Heizwärmebedarf richtig ausgelegt werden. Für diesen physikalisch begründeten Ablauf sprechen die folgenden technischen und ökologischen Argumente.

Mit der Wärmepumpe wird das Heizen CO2-frei

Die Wärmewende beginnt also mit der Verbesserung der Wärmehülle von beheizten Gebäuden. Mit erprobter Technik können die Wärmeverluste durch Fenster, Aussenwände und Dach gesenkt werden. Für die Sanierungsmaßnahme sind Fachwissen, Material und qualifizierte Betriebe vorhanden. Auch sucht das Baugewerbe nach Aufträgen.

Erst nach einer Verminderung des Heizwärmebedarfs können die Maßnahmen im Heizungskeller richtig geplant und kostensparend ausgeführt werden. Man kann sich gleich für den Einbau einer kleinen, aber richtig dimensionierten Wärmepumpe entscheiden oder nach der Gebäudesanierung die bestehende Heizungsanlage mit reduzierter Leistung so lange weiter betreiben, bis diese altersbedingt ersetzt werden muss. Mit der Gebäudesanierung werden der Heizwärmebedarf und damit auch der Brennstoffverbrauch und die CO2-Emissionen permanent gesenkt. Erst mit dem Einbau einer Wärmepumpe wird die Heizung CO2-frei.

Richtige Reihenfolge beachten

Für die Reihenfolge Wärmedämmung vor Wärmepumpe sprechen die folgenden Punkte.

Erstens: Viele Altbauten können an kalten Tagen nur mit hohen Vorlauftemperaturen beheizt werden, die von Wärmepumpen nicht mehr bei guten Leistungsziffern erreicht werden können. Die Wärmepumpen müssen mit elektrischer Zusatzheizung betrieben werden. Die Versorgung mit Grünstrom wird dann zum Problem.

Zweitens: Für die winterlichen Bedarfsspitzen wird weiterhin Kohlestrom benötigt. Mit elektrischen Wärmepumpen wird der Verbrennungsprozess vom Heizkessel des Gebäudes zum Heizkessel des Kraftwerks verlagert. Die CO2-Erzeugung wird kaum verändert. Das CO2-Problem muss jedoch mit Grünstrom gelöst werden, der im Winter nur begrenzt verfügbar ist. Nach einer energetischen Sanierung können Gebäude auch im Winter weitgehend mit Grünstrom (vom eigenen Hausdach?) und Wärmepumpen beheizt werden.

Drittens: Mit der energetischen Gebäudesanierung wird der Heizwärmebedarf für immer gesenkt, auch wenn sanierte Gebäude vorübergehend noch fossil beheizt werden. Der Wert eines Gebäudes steigt mit der Verbesserung der Wärmehülle. Die thermische Sanierung hat bleibenden Wert und kann über eine Hypothek finanziert werden, während die Umrüstung im Heizungskeller als Ersatzinvestition behandelt wird, die unter Betriebskosten zu verbuchen ist.

Viertens: Ohne thermische Gebäudesanierung, also mit dem leistungsgleichen Austausch eines Heizkessels durch einen Wärmepumpe, lassen sich die Heizkosten kaum verändern. Auch sind leistungsstarke Wärmepumpen mit Erdsonden sehr teuer. Mit dem Einbau kleiner, kostengünstiger Luft-Luft-Wärmepumpen kann die Verzinsung der Sanierungshypothek weitgehend über Einsparungen kompensiert werden.

Finanzierung

Die Finanzierung der Gebäudesanierung über eine Hypothek vereinfacht das Vorhaben, denn Hypotheken werden von Banken und Bausparkassen vergeben. Die Hypothekarzinsen werden zum Teil durch die eingesparten Heizkosten erwirtschaftet. Der mit einer staatlichen Förderung verbundene bürokratische Aufwand wird weitgehend vermieden.

Die Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden wirkt nachhaltig. Die CO2-Emissionen werden durch energetische Gebäudesanierungen bleibend reduziert. Die Laufzeit der Sanierungshypotheken könnte an die finanziellen Möglichkeiten der Hauseigentümer angepasst werden. Auch könnte der Staat die Zinsen für solche Hypotheken übernehmen. Die Zinslast sollte etwa den ersparten Heizkosten entsprechen, damit die Gebäudesanierung kostenneutral erfolgen kann. Mit der Sanierung steigt der Wert der Liegenschaft.

Nach Sanierung der Gebäudehülle kann sich der Hausbesitzer für unterschiedliche Maßnahmen im Heizungskeller entscheiden und neben der Wärmepumpe auch eine Pelletheizung oder andere nachhaltige Lösungen erwägen. Die Wärmewende beginnt also mit der Sanierung der Gebäudehülle. Erst danach folgen geeignete Maßnahmen im Heizungskeller. Diese logische Reihenfolge wird leider im Gebäudeenergiegesetz nicht zwingend verlangt.

 

 

 

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Über den Autor:

Seit 1972 befasst sich Dr. Ulf Bossel mit der rationellen Energienutzung und der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen, also mit dem, was seit 1978 als „Energiewende“ bezeichnet wird. Er ist Berater für nachhaltige Energieösungen und Ph.D. (UC Berkeley), Dipl. Masch. Ing. (ETH Zürich).

„In den vergangenen Jahrzehnten sind bei mir viele Überlegungen gereift und verworfen worden, oder sie haben sich aufgrund ihrer physikalischen Begründung gefestigt. Was ich jetzt präsentiere sind keine Wunschvorstellungen eines Neulings, sondern nachvollziehbare Erkenntnisse eines Ingenieurs mit speziellen Kenntnissen auf den Gebieten Energietechnik, Thermodynamik und Strömungsmechanik. Ich hoffe sehr, dass meine Vorstellungen auch von denen verstanden werden, die sich erst jetzt der Diskussion über unsere Energiezukunft angeschlossen haben“

Ulf Bossel

 

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