Wie funktioniert ein erneuerbares Energiesystem? Sicherer als Zweifler denken!
Von Dr. Wolfgang Gründinger
Nicht immer scheint die Sonne oder weht der Wind. Doch das Problem ist weniger gravierend, als es scheint.
Im Sommer liefern Solaranlagen bereits jetzt enorm viel Strom – so viel, dass an der Strombörse regelmäßig die Preise abstürzen. Der meiste Strom wird um die Mittagszeit produziert, also genau zur mittäglichen Nachfragespitze, was den Solarstrom extra wertvoll macht.
Im Winter liefert Solar zwar weniger. Allerdings: Sonne und Wind zusammen erzeugen in den kälteren Jahreszeiten mehr Strom als im Sommer!

Quelle: Energy Charts
Scheint weniger Sonne, dann weht mehr Wind, und umgekehrt. Das sieht man sehr gut in dieser Grafik (unten) des Deutschen Wetterdienstes (DWD):

Quelle: DWD
Überschätzte Dunkelflaute
Wie oft kommt eine „Dunkelflaute” vor, in der beide Energiequellen zugleich ausfallen? Eine DWD-Studie ergab: Nur zweimal im Jahr flauen Wind und Sonne gleichzeitig für über 48 Stunden ab. Nimmt man den ganzen europäischen Stromverbund, sogar nur 0,2 Mal pro Jahr. Irgendwo ist in Europa immer Sonne oder Wind, und der grenzüberschreitende Stromaustausch ist längst Normalität.

Quelle: DWD
Sektorenkopplung und Lastverschiebung
Sektorenkopplung heißt: Strom, Wärme und Treibstoffe verschmelzen. Strom wird künftig auch für Wärmeerzeugung mittels Heizstäben und Wärmepumpen genutzt, ebenso wie für das Laden von E-Autos. Für 2030 strebt die Bundesregierung 15 Millionen E-Autos an: gewaltiges Potenzial für E-Autos als mobile Speicher.
Wir konnten bei Enpal demonstrieren, dass Batteriespeicher und E-Autos so geladen werden können, dass die Bedarfsspitzen morgens und abends geglättet werden. Dazu werden Batterie und Auto nachts mit Netzstrom geladen, wenn viel Windstrom zur Verfügung steht, aber die Nachfrage gering ist. Allein dies senkt den Bedarf an gasbetriebenen Spitzenlast-Kraftwerken für die Stromversorgung teilnehmender Haushalte um 80 %, und dämpft die Strompreise an der Börse.

Quelle: Enpal
Power-to-Gas
Bei einem komplett regenerativen Stromsystem wird „Power-to-Gas” wichtig: die Umwandlung von Solar- und Windstrom in Wasserstoff oder Methan. Da in Zukunft kein fossiles Gas mehr genutzt wird (aus geopolitischen Gründen wie Klimaschutz gleichermaßen), sind diese Gasspeicher frei. Damit können saisonale Lücken überbrückt werden.
Die Umwandlung kostet aber Effizienz: Strom muss in Gas umgewandelt und dann wieder rückverstromt werden. Bei beiden Umwandlungen geht Nutzenergie verloren. Daher ergibt Power-to-Gas erst Sinn, wenn Sektorenkopplung und Batterien ausgeschöpft sind.
100 % Erneuerbare sind machbar
Leider verschleppen und verhindern aber manche die Energiewende – um dann später zu klagen, es stehe nicht genug Wind und Sonne zur Verfügung, um Kohle, Atom und Gas zu ersetzen.
Wer aus fossiler Energie aussteigt, der muss in erneuerbare Energie einsteigen. Die Blockierer und Bedenkenträger der Energiewende sollten sich fragen, ob sie weiter an der Vergangenheit hängen oder Teil der Zukunft sein wollen.
Dr. Wolfgang Gründinger ist Chief Evangelist beim Berliner Solar-Startup Enpal, dem ersten Greentech-Unicorn in Deutschland.
www.enpal.de