„2024 hat gezeigt, dass die Energiekrise endgültig überstanden ist“
Vergangenes Jahr hat es viel Grund zur Freude geben, sagt Bastian Gierull, CEO von Octopus Energy Germany. Was sich verbessert hat und welche Trends 2025 zu erwarten sind, verrät er im Interview mit energie.blog. Klartext spricht Gierull auch bei den Energiepreisen: Ihm zu folge zahlen allein in Deutschland Haushalte jährlich 5,5 Milliarden Euro zu viel. Außerdem erklärt Gierull die Funktionsweise der ersten Zero-Bills-Siedlungen im Schwarzwald. Mit der eigens entwickelten Technologieplattform Kraken senkt Octopus Energy die Energiekosten und ermöglicht den Bewohnern dadurch eine Null-Kosten-Rechnung. Schon jetzt arbeite man mit Hausbau-Partner daran, das Heiz- und Stromkosten-freie Wohnen in ganz Deutschland zu schaffen.
e.b: Herr Gierull, das Jahr 2024 ist zu Ende, was nehmen Sie aus dem vergangenen Jahr mit? Was lief besonders gut, was weniger?
Bastian Gierull: Ich finde es schade, wie negativ das Thema Energie dieses Jahr durch die Schlagzeilen getrieben wurde, denn es gab viel Grund zur Freude: 2024 hat gezeigt, dass die Energiekrise endgültig überstanden ist: Die Strompreise haben sich stabilisiert, die Gasvorräte sind gesichert und Atomstrom wird in Deutschland nicht vermisst. Mit 62 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bleibt die Versorgung mehr als zuverlässig, die Preise stabil, und der Kohleanteil schrumpft weiter.
Mut macht auch, dass der Windkraftausbau endlich merklich an Fahrt aufnimmt. In diesem Jahr wurden so viele neue Windkraftanlagen an Land genehmigt wie nie zuvor – fast 2.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 11,3 Gigawatt. Sollte dieser Trend anhalten, könnte der Rückstand im Ausbau der Windenergie bis 2030 aufgeholt und die festgelegten Klimaziele erreicht werden.
Und auch beim Rollout von Smart Metern gibt es nach jahrelangem Stillstand leichte Fortschritte. Deutschland hat endlich die Marke von 1 Million verbauten Geräten geknackt. Damit können wir die günstigen Preise der Erneuerbaren endlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben und sie gleichzeitig flexibilisieren.
Das Tempo ist hier aber immer noch viel zu langsam. Wir bremsen uns selbst mit praxis-ferner Überregulierung. Deutschland ist in puncto Smart Meter Abdeckung absolutes Schlusslicht in Europa und wird es auch bleiben, wenn wir die Installation nicht vereinfachen.
„Die Energiebranche muss digitaler werden und wir brauchen mehr Flexibilität. Dafür müssen wir endlich weg vom Irrglaube, dass wir die Herausforderungen der Erneuerbaren mit den alt-eingespielten Werkzeugen lösen können.“
Fairer Energiemarkt gefordert
e.b: Nun steht das Jahr 2025 an, welche konkreten Maßnahmen und Entwicklungen sind in der deutschen Energiebranche notwendig, um die Energiewende voranzutreiben, gleichzeitig Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Infrastruktur effizienter zu machen?
Bastian Gierull: Die Energiebranche muss digitaler werden und wir brauchen mehr Flexibilität. Dafür müssen wir endlich weg vom Irrglaube, dass wir die Herausforderungen der Erneuerbaren mit den alt-eingespielten Werkzeugen lösen können. Zum Beispiel diskutieren wir seit mehr als einem Jahr über unwirtschaftliche Backup-Gaskraftwerke, obwohl es viel günstigere Wege für Flexibilität gibt. Allein durch die smarte Steuerung von E-Autos verschieben wir in England heute schon mehr als ein Gigawatt an Leistung. Damit ersetzen wir ganze fossile Kraftwerke ohne zusätzliche Systemkosten und ohne CO2-Ausstoß. In Deutschland traut man sich aber nur sehr langsam an solche Lösungen – und das, obwohl sich alle politischen Parteien einig sind, dass Energie in Deutschland günstiger werden muss.
Die Grundvoraussetzungen dafür sind aber eine flexiblere Regulierung und Smart Meter. Es gibt viele spannende Ansätze, von denen nicht nur das Netz, sondern auch die Endkundinnen- und kunden profitieren könnten – aber ohne intelligente Zähler können wir keinen davon umsetzen. Deshalb müssen und werden wir den Rollout 2025 konsequent vorantreiben – idealerweise auch mit einer Alternative zur aktuellen Lösung, einem Smart Meter light.
Zuletzt, und wichtiger als alles andere: Unser Energiemarkt muss fairer werden. Die Energiewende erfordert Vertrauen, doch in Deutschland ist es gängige Praxis, dass Energieversorger ihre Kunden mit undurchsichtigen Praktiken und überzogenen Preisen abzocken. Kein anderes Land in Europa hat mehr Haushalte, die zu viel für Strom zahlen – nicht, weil die Erzeugung oder das Netz so teuer sind, sondern weil die Versorger ungeniert und rücksichtslos so viel herausholen, wie sie können. Allein in Deutschland zahlen Haushalte jährlich 5,5 Milliarden Euro zu viel. Wenn wir das nicht ändern, ist alles andere, was die Branche erreicht, bedeutungslos.
„Die wenigsten Menschen wollen auf ihre gewohnte Sicherheit verzichten und niemand will zum Energy-Daytrader werden, nur um das Maximum aus seinem neuen Stromtarif zu schlagen.“
e.b: Welche Entwicklungen erwarten Sie im Messstellenbetrieb und bei den dynamischen Tarifen?
Bastian Gierull: Ohne grundlegende regulatorische Anpassungen und Vereinfachungen ist es unmöglich, schnell zu skalieren und alle Menschen mit Smart Metern auszustatten. Genau das muss aber unser Ziel sein für eine sozialverträglich faire Energiewende.
Parallel sehen wir, dass sich sehr viel mehr Menschen für intelligente oder dynamische Tarife interessieren. Allerdings ist das Feedback immer gleich: Die wenigsten wollen auf ihre gewohnte Sicherheit verzichten und niemand will zum Energy-Daytrader werden, nur um das Maximum aus seinem neuen Stromtarif zu schlagen. Deshalb hoffen wir, dass sich die Debatte nicht mehr nur um klassische Börsenstromtarife dreht. Der Trend geht hin zu wirklich intelligenten Tarifen wie unserem Intelligent Octopus Go, bei dem wir den Verbrauch automatisch optimieren und gleichzeitig eine Preisgarantie von maximal 20 Cent pro Kilowattstunde aussprechen können.
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„Zero Bills folgt dem gleichen Grundsatz wie unsere intelligenten Tarife: Wir machen Energie einfach und unkompliziert – mit klaren, planbaren Rahmenbedingungen, die Sicherheit und Kostenkontrolle garantieren.“
e.b: Im Schwarzwald entstehen aktuell Deutschlands erste Zero-Bills-Siedlungen. Was hat es damit auf sich?
Bastian Gierull: Zero Bills folgt dem gleichen Grundsatz wie unsere intelligenten Tarife: Wir machen Energie einfach und unkompliziert – mit klaren, planbaren Rahmenbedingungen, die Sicherheit und Kostenkontrolle garantieren. Deshalb arbeiten wir mit Bauunternehmen und -Entwicklern bei der Ausstattung des Hauses mit Photovoltaik, Batterie und Wärmepumpe zusammen und übernehmen dann die Steuerung und Optimierung dieser Geräte. Dadurch können wir eine Null-Kosten-Garantie aussprechen. Nach mehreren einzelnen Häusern entsteht im Schwarzwald jetzt die erste vollständig Zero-Bills-zertifizierte Siedlung: 24 Häuser, Null Energiekosten.
e.b: Ocotopus Energy bietet im Rahmen der Zero-Bills-Siedlungen null Energiekosten für sechs Jahre an. Wie lässt sich das realisieren?
Bastian Gierull: Alle Zero-Bills-Häuser sind großzügig mit Solar und Batterie ausgestattet, aber vor allem integrieren wir sowohl die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Paneele als auch den Betrieb der Heizung möglichst tief in den Strommarkt. Fast jeder Bereich lässt sich mit einer kleinteiligen Automatisierung effizienter gestalten. Wir nutzen zum Beispiel die Flexibilität einer Wärmepumpe, die eigentlich problemlos zu günstigen Zeiten vorheizen kann, aber in den meisten Haushalten noch stumpf durchläuft. So laufen diese Häuser besonders sparsam, speisen zu den richtigen Zeiten ein und wiegen damit die Kosten auf, wenn sie doch Strom zukaufen müssen. Mit unserer eigens entwickelten Technologieplattform Kraken setzen wir auf eine intelligente Vernetzung, die aus jedem Baustein das absolute Maximum herausholt und die Energiekosten so radikal senkt. So ermöglichen wir eine Null-Kosten-Rechnung und arbeiten bereits mit unseren Hausbau-Partner daran, das Heiz- und Stromkosten freie Wohnen in ganz Deutschland zu ermöglichen.
e.b: Bastian Gierull, vielen Dank für das Gespräch.
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Über Octopus Energy
Octopus Energy wurde 2016 mit der Vision gegründet, die Energiewende weltweit mithilfe von Technologie zu beschleunigen und schnellstmöglich einen großen, grünen Fußabdruck zu hinterlassen. Der mehrfach ausgezeichnete Anbieter erneuerbarer Energien und EnerTech-Player ist das am schnellsten wachsende Privatunternehmen Großbritanniens und versorgt mittlerweile fast acht Millionen Kunden weltweit. Die Octopus Energy Group hat eine Bewertung von 9 Milliarden Euro. Im Zentrum des Erfolgs steht Kraken, eine inhouse entwickelte Technologieplattform, die mithilfe von smarter Technologie einen Großteil der Energieversorgungskette automatisiert und damit hervorragenden Kundenservice und Betriebseffizienz ermöglicht. Über Lizenzverträge erhalten auch andere Energieversorger Zugang, sodass weltweit rund 54 Millionen Energiekonten über die Plattform versorgt werden. Seit 2020 ist Octopus als erstes Tech-Unternehmen unter den Energieversorgern in Deutschland aktiv und weltweit in 18 Ländern operativ.
Weitere Informationen unter: www.octopusenergy.de