„Ich glaube, die variablen Tarife in Kombination mit §14a EnWG sind ein Game Changer“
Der Mess-Rollout wird ein Steuerungs-Rollout – das ist Konsens in der Metering-Branche. Die veränderte Perspektive und die Fokussierung aufs Steuern und Schalten wirft aber auch Fragen auf und erzeugt neue Unsicherheit bei Messtellen- und Verteilnetzbetreibern. Was sagen Experten dazu? Wertvolle Informationen und Impulse für die Umsetzung des Steuerns im Smart Grid nach §14a EnWG brachte eine Diskussionsrunde auf den metering days 2024 in Fulda. Energie.blog dokumentiert interessante Aussagen der Teilnehmer.
Von: Gerhard Großjohann
„Wir brauchen jetzt einen Bestellprozess, wo wir aus der Niederspannungsnetzleitstelle Marktkommunikation sprechen, damit wir einen TAF 10 bestellen können. Da muss man schauen, dass wir zu Standards kommen und Gas geben, weil da ist heute noch wenig da.“ (Volker Specht, Unternehmensentwicklung, Westenergie Metering
„Ganz wichtig ist, wenn der Gesetzentwurf verabschiedet wird, dass man sich ganz schnell an die Umsetzung macht und jetzt schon lernt. Das Spannende ist ja, dass es nicht mehr eine Zusatzleistung ist, sondern eine Pflichtleistung des Messstellenbetreibers ist.“
(Joachim Kopp, Geschäftsführer, aktiver EMT)
„Viele Unternehmen sind heute in der eigenen Organisation nicht so aufgestellt, dass sie eine Trennung der Marktrollen über die Marktkommunikation realisiert haben. Sondern da gibt es gewachsene Datenbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Marktrollen, die jetzt plötzlich im Konflikt stehen. Und daran muss man arbeiten, dass man sich so sauber aufstellt, dass man intern und extern mit identischen Prozessen arbeiten kann. Das belastet sonst die gesamte Organisation.“
(Jochen Buchloh, Verwaltungsrat, HORIZONTE Group)
„Wir kommen in ein neues Zeitalter, wir reden von Minutendaten. Was sind die SLAs dahinter? Was ist, wenn mal fünf Minuten keine Daten kommen? Das sind alles noch offene Punkte.“
(Volker Specht, Unternehmensentwicklung, Westenergie Metering)
„Aus dem Thema Testen sollten wir raus sein. Wir müssen heute schon an dem Punkt sein, dass die ERP-Systeme beim MSB so weit ertüchtigt sind, dass wir die Systeme betreiben können. Als MSB habe ich die Verantwortung, zu überwachen, was richte ich ein, für wen richte ich es ein, wer ist berechtigt, was sind Standardleistungen, was sind Zusatzleistungen?“
(Dr. Michal Sobotka, Geschäftsführer GWAdriga)
„Die Unternehmen, die heute noch nicht befähigt sind (mit dem iMSys-Rollout, Anm. der Red.), sollten sich Gedanken machen, ob es Sinn macht, in anderer Konstellation, in Zusammenarbeitsmodellen, in Dienstleistermodellen tätig zu werden. Für jedes Geschäftsmodell gibt es heute Anbieter, die in der Lage sind, Unternehmen sehr, sehr schnell zu befähigen und ihren Pflichten nachzukommen.“
(Jochen Buchloh)
„Typisch deutsch: Alles was an Problemen an der Strecke auftreten könnte, wird in den Vordergrund gespielt anstelle der Lösungen, die wir jetzt schon haben. Und das ist kein Erfolgsfaktor, sondern ein behindernder Faktor. Heißt, wir sollten nicht jedes Problem bis zum Ende durchdeklinieren, sondern einfach mal anfangen. Space X macht das. Die schießen einfach ein paar Raketen hoch, einige gehen kaputt, aber irgendwann sind die deutlich schneller als die NASA mit ihrem Perfektionismus. Vielleicht wäre das ein Erfolgsfaktor, wie auch wir weiterkommen.“
(Jörg Schmidtke, Leitung Gremien und Förderprojekte, VIVAVIS)
„Wir müssen vielleicht auch mal verstärkt über die Chancen sprechen, die wir mit einem Energiemanagementsystem haben.
(Joachim Kopp)
„Müsste nicht der FNN einfach sagen: Ab sofort Mindestanforderung digitale Schnittstelle an jeder Messlokation, damit wir vom Regulator mehr Investitionssicherheit kriegen, damit die Diskussionen aufhören?
(Peter Kellendonk, EEbus Initiative)
„Wir sollten darauf achten, dass wir nicht mit jeder Technologieänderung die Bestandsprozesse über den Haufen schmeißen, weil das kostet langfristig Geld. … Wenn ich nach 20 Jahren zwei, drei Prozesslandschaften im Backend betreibe, das können wir uns irgendwann nicht mehr leisten.“
(Jörg Schmidtke)
„Man darf (beim Thema Kosten senken) nicht nur auf den Messstellenbetrieb schauen, sondern auf das ganze Ökosystem und welchen Mehrwert uns das bringt. Wir geben Milliarden für Redispatch-Maßnahmen aus oder für die EEG-Umlage. Wenn wir mit dem intelligenten Messsystem die Digitalisierung der Energiewende ermöglichen, dann sind die Kosten, die das verursacht, gegenüber den Ausgaben für Redispatch oder anderen Ausgaben zu vernachlässigen.“
(Joachim Kopp)
„Ich habe die Hoffnung, dass der Kunde in der Zukunft sogar ein intelligentes Messsystem, eine FNN-Steuerbox oder ein Energiemanagementsystem haben will, um sein Gebäude zu optimieren, weil er damit einfach Kosten einsparen kann.“
(Joachim Kopp)
„Ich glaube, die variablen Tarife in Kombination mit § 14a usw. sind ein Game Changer.“
(Jörg Schmidtke)
„Die ganzen neuen Technologien, sei es Cloud, AI, Automatisierung, würde ich durchaus als Chance sehen. Es gibt so viele Anwendungsfälle, die sich mit diesen Technologien für die Nutzer einfacher gestalten lassen, das ist extrem spannend.“
(Dr. Markus Gerdes)
„Jedes Auto hat heute Assistenzsysteme. Das ist daily business, was in der Automobilbranche schon läuft. Wir werden das jetzt auch überall in der Energieversorgung sehen. In fünf bis zehn Jahren funktioniert kein Netz mehr ohne den Einsatz von KI.“
(Jörg Schmidtke)
„Was wir sehr häufig erleben, ist, dass ich die Voraussetzung erfüllen muss, was die Automatisierung anbelangt, dass ich die Softwaresysteme installiert haben muss. Ich brauche aber, was viele Unternehmen heute nicht haben, Transparenz über meine Prozesse – in Zuständigkeiten, in Verantwortlichkeiten, in der Abfolge der Tätigkeiten, und das über die gesamten Prozessketten hinweg. Wir erleben da, dass angesichts der Vielfalt der Themen – auch gerade im Management – vielfach davor zurückgescheut wird, zusagen, wir investieren jetzt mal in ein Prozessprojekt.“
(Jochen Buchloh)
„Brauchen wir die KI bei den Minutendaten, um jeden einzelnen Messwert zu verfolgen, wenn er nicht da ist, um eine Störmeldung rauszubringen? Nein brauchen wir nicht! Wir müssen lernen und schauen, was ist denn überhaupt notwendig. … Und da muss man Intelligenz reinstecken. Denn irgendwo im Gesetz steht das Wort Datensparsamkeit.“
(Dr. Christian Hofmann, Robotron Datenbank-Software)
„Wir müssen uns in der Branche austauschen, die Erfahrungen teilen. Weil wenn jeder hier seinen eigenen Lernweg geht, kommen wie nicht zum Ziel.“
(Volker Specht)
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