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„Smart Metering ist erfolgreicher, als viele glauben“

"Wir wollen Kunden entlasten, indem wir die Komplexität beherrschen – nicht, indem wir sie verlagern", sagt Bouke Stoffelsma, CEO der Hausheld AG. (Bild: © Hausheld)

„Wir starten mit unserem Kunden einen Steuerungs-Rollout, bei dem das größte Smart Grid Deutschlands entstehen soll“

Hausheld richtet sich neu aus: Der Smart-Meter-Spezialist übergibt den wettbewerblichen Messstellenbetrieb an Solandeo und arbeitet mit Mako365 und GreenPocket zusammen. Ziel ist eine durchgängige Technologiekette vom Gateway bis zur Datenvisualisierung. Im Gespräch mit dem energie.blog erklärt CEO Bouke Stoffelsma, warum Hausheld künftig als Technologielieferant auftritt, welche Rolle Solandeo, GreenPocket und Mako365 im Verbund spielen – und warum er sich mehr Vertrauen in die Marktakteure wünscht.

Vom Rollout-Spezialisten zum Technologielieferanten

e.b: Herr Stoffelsma, Hausheld hat sich zuletzt neu aufgestellt. Solandeo übernimmt den wettbewerblichen Messstellenbetrieb, gleichzeitig haben Sie sich mit GreenPocket und Mako365 zusammengeschlossen. Was steckt hinter dieser Strategie?
Bouke Stoffelsma: Die vier Unternehmen haben sich zusammengeschlossen, um Smart Metering in Deutschland effizienter und stabiler zu gestalten. Jedes Unternehmen bringt seine besondere Stärke ein – und alle profitieren davon, dass wir die Systeme enger verzahnen können. Wir reagieren damit auf den wachsenden regulatorischen Druck und darauf, dass technische Standards sich permanent ändern. Gemeinsam können wir Lösungen schneller entwickeln, anpassen und den Kunden bereitstellen.

e.b: Bedeutet das auch eine Neuausrichtung von Hausheld?
Stoffelsma: Ja, wir werden künftig stärker als Technologielieferant auftreten. Hausheld bietet Stadtwerken, Messstellenbetreibern und anderen Marktteilnehmern einen Technologie-Baukasten an, mit dem sie ihre eigenen Rollouts umsetzen können. Wir liefern also Technologie und Prozesse, die Kunden führen den Rollout durch. Damit ziehen wir uns bewusst aus dem operativen Wettbewerb zurück und konzentrieren uns auf unsere technische Kernkompetenz.

Durchgängige Lösungen dank neuer Partner

e.b: Welche Rolle spielen GreenPocket, Mako365 und Solandeo in dieser neuen Struktur?
Stoffelsma: GreenPocket ist führend in der Visualisierung von Energiedaten. Mit ihrer Technologie können wir Smart-Meter-Daten künftig noch nutzerfreundlicher darstellen – über Portale und Apps, auch mit Gamification-Elementen. Das wird in der kommenden Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes ohnehin verpflichtend, deshalb haben wir uns bewusst für diese Partnerschaft entschieden.

Mako365 wiederum ist spezialisiert auf Marktkommunikation und Prozessunterstützung. Dort entsteht viel Automatisierung – von der Klärfallbearbeitung bis zur vollintegrierten Kommunikation zwischen Marktrollen. Gemeinsam schaffen wir so eine durchgängige Smart-Meter-Kette: von der Hardware über das Gateway-Management bis zur Datenaufbereitung. Mako365 bietet seine Unterstützung unverändert allen Anbietern am Markt an. Nur eben mit noch mehr Entwicklerkapazitäten, weil die Kunden schnell weitere Funktionen benötigen.

e.b: Und welche Aufgabe übernimmt Solandeo?
Stoffelsma: Solandeo ist der erfahrene wettbewerbliche Messstellenbetreiber in unserer Gruppe. Sie übernehmen künftig den wMSB-Teil, also den operativen Messstellenbetrieb außerhalb der grundzuständigen Strukturen. Damit bündeln wir technologische Kompetenz und Marktzugang: Solandeo sorgt für den bundesweiten Rollout bei Prosumer-Kunden und Mieterstromanbietern, während Hausheld die Technologieplattform stellt. So können wir beide Marktsegmente – den industriellen Vollrollout und den wettbewerblichen Rollout – optimal abdecken.

„Alle bestehenden Kunden behalten ihre Lösungen, profitieren aber von der besseren Integration. Der Technologie-Baukasten ist jetzt breiter.“

e.b: Profitieren davon auch die bisherigen Stadtwerkkunden?
Stoffelsma: Ja, alle bestehenden Kunden behalten ihre Lösungen, profitieren aber von der besseren Integration. Der Technologie-Baukasten ist jetzt breiter. Wir können Vollrollout-Technologien genauso anbieten wie Komponenten für selektive Rollout-Strategien. Wichtig ist: Wir unterstützen jede Strategie, unabhängig davon, ob es um 1:1- oder 1:n-Konzepte geht.

e.b: Welche Bedeutung hat die 1:n-Technologie?
Stoffelsma: Sie ist ein wichtiger Baustein – aber eben nur einer. 1:n ermöglicht es, mehrere Zähler oder Steuerboxen über ein Gateway zu bündeln, was Planung und Installation vereinfacht. In unserem Portfolio ist sie Teil einer größeren Lösungspalette. Entscheidend ist, dass wir Kunden technologieoffen unterstützen – egal, welche Rollout-Strategie sie verfolgen.

Vollrollout bleibt ein starker Weg

e.b: Sie waren immer ein Verfechter des Vollrollouts. Gilt das weiterhin?
Stoffelsma: Ja, ich halte den Vollrollout für einen sehr effizienten Weg, um schnell Stückzahlen zu erreichen und die Vorgaben der Bundesnetzagentur umzusetzen. Wer ganze Stadtteile oder Netze in einem Zug ausstattet, senkt die Kosten pro Messstelle erheblich und schafft die Basis für ein modernes Smart Grid. Aber wir drängen niemandem eine Strategie auf. Unser Anspruch ist, Technologie bereitzustellen, mit der sich jede Variante abbilden lässt.

e.b: Wie ist Hausheld aktuell aufgestellt?
Stoffelsma: Über alle Unternehmen betreuen wir derzeit mehr als 150.000 Messstellen. In den Auftragsbüchern stehen bereits mehr als eine halbe Million Zähler. Entscheidend ist: Wir machen das Komplexe für unsere Kunden einfacher. Metering ist ein hochdynamisches, anspruchsvolles Umfeld – und wir bieten Systeme, bei denen Prozesse, Datenflüsse und Schnittstellen sauber integriert sind.

„Jede der Firmen wird ihr bisheriges Leistungsangebot weiter unabhängig anbieten – nur eben noch besser.“

e.b: Sie sagen, Sie machen das Komplexe einfach. Wie gelingt das?
Stoffelsma
: Wir führen die entscheidenden Disziplinen im Metering zusammen: Marktkommunikation, Fertigung, Visualisierung und Gateway-Management. Wenn diese Bausteine aufeinander abgestimmt sind, läuft die gesamte Prozesskette stabil. Das ist unser Anspruch. Wir wollen Kunden entlasten, indem wir die Komplexität beherrschen – nicht, indem wir sie verlagern. Aber jede der Firmen wird ihr bisheriges Leistungsangebot weiter unabhängig anbieten – nur eben noch besser.

Technikoffensive mit Steuerboxen

e.b: Sie haben auch neue Steuerboxen angekündigt. Was genau planen Sie?
Stoffelsma: Wir entwickeln seit 2020 verschiedene Steuerboxen für Anwendungen wie Wärmepumpen, PV-Anlagen oder Ladeinfrastruktur. Anfang kommenden Jahres bringen wir eine Serie zertifizierter Steuerboxen in den Markt. Gemeinsam mit einem großen Kunden starten wir dann einen Steuerungs-Rollout, bei dem in Bayern das größte Smart Grid Deutschlands entstehen soll. Mehr dazu werden wir auf den Metering Days bekannt geben.

e.b: Warum mehrere Steuerbox-Typen?
Stoffelsma: Weil es unterschiedliche Anforderungen gibt. Einige Systeme brauchen Relaissteuerung, andere digitale Schnittstellen oder Anbindung an Home-Energy-Management-Systeme. Wir wollen keine „eine“ Wunderlösung, sondern passgenaue Technologien, die Installateuren die Arbeit erleichtern. Durch unsere industrielle Herangehensweise können wir verschiedene Typen in größerer Stückzahl umsetzen und so wirtschaftlicher arbeiten.

„Nicht ständig die Spielregeln ändern“

e.b: Kommen wir zur Politik: Wie beurteilen Sie die geplante MsbG-Novelle?
Stoffelsma: Ich wünsche mir, dass die Politik endlich etwas Ruhe ins System bringt. Zwischen einem Gesetzesentwurf und marktfähiger Technik liegen oft drei bis vier Jahre – mit Spezifikation, Entwicklung, Zertifizierung und Feldtests. Wenn in dieser Zeit die Regeln schon wieder geändert werden, fängt alles von vorne an. Genau das haben wir in den letzten zehn Jahren mehrfach erlebt: Kaum waren Gateways oder Steuerboxen marktreif, kam die nächste Anpassung. Das bremst die Branche enorm aus.

„Wenn man den Messstellenbetrieb wieder vollständig in den regulierten Netzbereich verlagert, gehen viele marktwirtschaftliche Anreize verloren.“

e.b: Ihr Appell an die Politik lautet also: erst umsetzen, dann anpassen?
Stoffelsma: Genau. Ich plädiere dafür, die laufenden Rollouts laufen zu lassen. Viele Unternehmen sind hochengagiert und kommen gut voran. Wenn man ihnen Vertrauen und Stabilität gibt, werden wir die höchsten Rollout-Zahlen sehen. Es ist besser, die vorhandenen Erfolge sichtbar zu machen, statt ständig neue Rahmenbedingungen zu schaffen.

e.b: In der Branche wird aktuell diskutiert, den Messstellenbetrieb künftig den Verteilnetzbetreibern zuzuordnen – ein Vorschlag, den etwa Frau Reiche ins Spiel gebracht hat. Wie sehen Sie das?
Stoffelsma: Diese Idee ist gut gemeint, hätte aber weitreichende Folgen. Wenn man den Messstellenbetrieb wieder vollständig in den regulierten Netzbereich verlagert, gehen viele marktwirtschaftliche Anreize verloren. Der Erfolg des Smart-Meter-Rollouts beruht ja gerade darauf, dass verschiedene Akteure miteinander im Wettbewerb stehen und effiziente, digitale Lösungen entwickeln. Wichtig ist, dass Investitionen und Innovationen gleichermaßen angereizt werden. Dafür braucht es einen klaren, stabilen Rahmen – aber keine vollständige Rückführung in die Regulierung.

„Wir stehen an einem Wendepunkt“

e.b: Was nehmen Sie aus dieser Phase mit in die Zukunft?
Stoffelsma
: Ich glaube, wir stehen an einem Wendepunkt. Hinter den Kulissen ist in Deutschland in den letzten Jahren eine der besten Smart-Grid-Technologien weltweit entstanden, samt starker Cybersecurity und Datenschutz. Jetzt sollten wir sie einfach ausrollen – statt immer wieder zurück in die Erfinderstube zu gehen. Dann werden wir den Erfolg ernten. Smart Metering ist erfolgreicher, als viele glauben.

e.b: Worauf freuen Sie sich bei den Metering Days?
Stoffelsma: Auf den Austausch mit der Branche. Wir werden mit unserem Team vor Ort sein und viele Kunden treffen. Ich freue mich darauf, als Technologieanbieter neutraler zu werden und noch mehr Unternehmen mit Teil- oder Komplettlösungen zu unterstützen.

 

Hausheld AG

Informationen zum Unternehmen finden Sie in der Company-Box.

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Mako365 GmbH

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