Warum die Zentralisierung kleinere Versorger besonders betrifft
Die Energiewirtschaft steht vor dem nächsten großen Digitalisierungsschritt: Mit dem geplanten MaBiS-Hub will die Bundesnetzagentur Bilanzierung und Messwertverteilung zentralisieren. Für viele Versorger bedeutet das zunächst zusätzlichen Aufwand – langfristig eröffnet sich jedoch die Chance auf deutlich schlankere Prozesse und neue Geschäftsmodelle. Der Artikel beleuchtet, welche Herausforderungen kleine und mittlere Stadtwerke meistern müssen, welche Risiken bestehen und wie sich mit Kooperationen und IT-Partnerschaften die Potenziale des MaBiS-Hubs optimal nutzen lassen.
Die Energie- und Versorgungsbranche befindet sich seit einigen Jahren in einem massiven digitalen Wandel. Mit der Umsetzung des 24h-Lieferantenwechsels und der damit verbundenen Einführung der API-basierter Marktkommunikation wurden bereits bedeutende Meilensteine für den Datenaustausch gesetzt. Nun steht mit der geplanten Einführung eines zentralen MaBiS-Hubs die nächste große Veränderung in der Marktkommunikation bevor – mit weitreichenden Folgen für Energieversorger und Netzbetreiber.
Viele Unternehmen gingen bei den bisherigen Neuerungen im Datenaustausch und dem Prozess des Lieferantenwechsels zunächst davon aus, dass es sich um eine reine technische Anpassung handeln würde. Doch schnell zeigte sich: die Umstellung erforderte tiefgreifende Eingriffe in IT-Systeme und Prozesse. Neue Schnittstellen mussten entwickelt, bestehende Abläufe überarbeitet und Mitarbeiter geschult werden. Besonders kleinere Versorger mit begrenzten Ressourcen stießen hier an ihre Grenzen.
Nach dem 24h-Lieferantenwechsel kündigen sich nun weitere regulatorische Schritte an – und mit ihnen steigender Investitions- und Qualifizierungsbedarf in neue Anforderungen. In diesem Kontext rückt das Thema MaBiS-Hub zunehmend in den Fokus.
Was genau ist der MaBiS-Hub?
Der Hub soll die Sammlung, Verteilung und Aggregation der für die Bilanzierung relevanten Messwerte übernehmen und die Bilanzkreisabrechnung für alle Marktteilnehmer zentral durchführen. Laut Bundesnetzagentur bringt das Modell Vorteile wie Standardisierung, Kostenreduktion und eine zukunftssichere Prozessarchitektur.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat für Herbst 2025 eine weitere Konsultation zur Umsetzung des MaBiS-Hubs angekündigt, nachdem schon im Oktober letzten Jahres einige Eckpunkte zur Neugestaltung der Bilanzkreisabrechnung und Messwertverteilung veröffentlicht wurde. Fokus dabei waren die Prozesse, die bisher dezentral bei Netzbetreiber und Messstellenbetreiber liefen, künftig über eine zentrale Plattform abzuwickeln.
Ein wesentlicher Effekt: Viele heute noch betriebene EDM-Systeme bei Verteilnetzbetreibern könnten entfallen – und damit auch deren hoher Wartungsaufwand. Gerade für kleine Energieversorger wäre das eine spürbare Entlastung. Aber dazu müssten die Netzbetreiber bereit sein, dem MaBiS-Hub zu vertrauen und nicht wieder parallel in den eigenen EDM-Systemen eine Schattenbilanzierung aufzubauen.
Welche gesetzliche Grundlage gibt es?
Auslöser für die Neuausrichtung sind unter anderem Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG): Ab 2030 müssen Mess- und Lastgangdaten pseudonymisiert verarbeitet werden. Die Bundesnetzagentur hat sich mit den Datenschützern auf eine Übergangsfrist geeinigt, mit der Einführung eines zentralen MaBiS-Hubs soll auch die geforderte Pseudonymisierung umgesetzt werden.
Wo liegen die Stolpersteine?
So überzeugend die Idee klingt, in der Praxis stehen vor allem kleine Stadtwerke und Energieversorger vor erheblichen Herausforderungen:
- Parallelbetrieb: Übergangsweise müssten vorhandene EDM-Systeme und der Hub nebeneinander betrieben werden – ein erheblicher Mehraufwand wird vermutet.
- Ressourcenknappheit: IT-Fachkräfte sind rar, und viele Häuser sind bereits durch den laufenden Betrieb stark belastet.
- Unklare Verantwortlichkeiten: Trotz zentraler Bilanzierung bleiben die finanziellen Risiken bei Abweichungen bei den Netzbetreibern. Bilanzierungsfehler können so zu unkalkulierbaren Kosten führen.
„Gerade für kleinere Stadtwerke wird die parallele Systempflege zum Kraftakt. Ohne zusätzliche Unterstützung durch IT-Dienstleister oder Kooperationen könnten die Anforderungen kaum zu stemmen sein,“ erklärt Alexander Beck, Business Development bei Arvato Systems. Der Branchenexperte warnt daher, dass dies für kleinere Unternehmen eine zusätzliche Belastung sein könnte.
Mit welchen Fragen setzen sich Stadtwerke aktuell auseinander?
Die Stadtwerkestudie 2025 von BDEW und EY zeigt weitreichende Themenbereiche für die nächsten 2-3 Jahre:
- Optimierung interner Prozesse und betriebliche Reorganisation
- Digitalisierung, insb. IT-Datensicherheit/Cyberrisiken
- Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern und Personalentwicklung
- Kooperationen, strategische Allianzen, Fusionen
- Digitalisierung im Allgemeinen
Diese Themenfelder zeigen deutlich, welche enormen Herausforderungen die Stadtwerke in den nächsten Jahren bewältigen müssen.
Welche Chancen eröffnet der MaBiS-Hub?
Neben den Risiken bietet der MaBiS-Hub jedoch auch erhebliche Potenziale:
- Wegfall redundanter IT-Systeme und Doppelarbeiten durch z.B. Schattenbilanzierung für intelligente Messsysteme
- Vereinfachte Marktkommunikation durch zentrale Standardprozesse
- Schaffung von Freiräumen, um sich auf die Kernaufgaben zu konzentrieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln wie z.B. innovative Tarifgestaltung oder Services rund um Energieeffizienz
Viele Energieversorger ziehen daher schon jetzt Kooperationen oder die Unterstützung durch branchenspezialisierte IT-Dienstleister wie Arvato Systems in Betracht, um die Umstellung zu meistern. Auch Modelle wie Software-as-a-Service können den Aufwand reduzieren und den Zugang zur neuen Marktarchitektur erleichtern.
„Der MaBiS-Hub kann weit mehr als eine regulatorische Pflicht positioniert werden – er kann ein echter Hebel für effizientere Prozesse und innovative Geschäftsmodelle sein. Wenn Routineaufgaben zentralisiert werden, gewinnen Energieversorger Freiraum für neue Services und Kundennähe. Mit praxisnaher Beratung und skalierbaren IT-Lösungen unterstützen wir unsere Kunden dabei, diesen Wandel nicht nur zu meistern, sondern aktiv für ihre Zukunftsgestaltung zu nutzen,“ fasst Alexander Beck zusammen.
Fazit: Risiko oder Zukunftschance?
Ob der MaBiS-Hub zum Erfolgsmodell oder zur Belastung wird, hängt stark von der Umsetzung ab. Werden die Herausforderungen frühzeitig adressiert und praxisnahe Hilfestellungen angeboten, kann er einen entscheidenden Beitrag zur Effizienz und Digitalisierung der Energiewirtschaft leisten.
Fest steht: Die Zeit bis 2030 ist knapp. Wer rechtzeitig auf Kooperation, externe Unterstützung und flexible IT-Lösungen setzt, kann den Wandel aktiv gestalten – und den MaBiS-Hub vom potenziellen Risiko zur echten Chance machen.
Noch mehr zum MaBiS-Hub erfahren Sie in diesem Artikel.