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„Künstliche Intelligenz wird dann zum Erfolg, wenn sie smart eingesetzt wird“

„Wir sehen bei den Herausforderungen für Stadtwerke und Netzbetreiber zwei wesentliche Handlungsstränge. Erstens, beim Menschen und zweitens, bei der Technologie“, sagen die beiden Geschäftsführer Dr. Alexander Haßdenteufel und Michael Ikonomou.
„Wir sehen bei den Herausforderungen für Stadtwerke und Netzbetreiber zwei wesentliche Handlungsstränge. Erstens, beim Menschen und zweitens, bei der Technologie“, sagen die beiden Geschäftsführer Dr. Alexander Haßdenteufel und Michael Ikonomou. (Bild: © Thüga SmartService GmbH)

„Unser Herzensthema: Wie schaffen wir es, digitale Lösungen smart in fließenden Meter-to-Cash-Prozessen statt in Silos zu gestalten“

Wie gelingt digitale Transformation in der Energiewirtschaft? Diese Frage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Geschäftsführertour von Thüga SmartService. Im Interview mit energie.blog sprechen Dr. Alexander Haßdenteufel und Michael Ikonomou über Erfahrungen aus über 20 Stadtwerke-Besuchen, über End-to-End-Digitalisierung, KI-Einsatz in der Praxis und den richtigen Umgang mit großen IT-Projekten wie S/4HANA oder GWA-Migration. Ihr Fazit: Zukunftsfähige Plattformen entstehen nur dort, wo Technologie, Prozesse und Menschen gemeinsam gedacht werden.

Hintergrund Geschäftsführer-Tour

e.b: Herr Haßdenteufel, Sie haben von Juli bis Ende Oktober zahlreiche Stadtwerke und Netzbetreiber besucht. Warum war Ihnen dieser direkte Austausch so wichtig?
Alexander Haßdenteufel: Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, vieles erfolgt reibungslos per Videocall: effizient und im Sinne des Klimaschutzes ohne größere Reiseaufwände. Unsere Überzeugung ist: Echte Zusammenarbeit gelingt nur auf Basis von Vertrauen. Genau deshalb setzen wir auf den direkten Austausch mit unseren Kundinnen und Kunden. Unser Anspruch ist es, gemeinsam smarte IT-Lösungen zu entwickeln – persönlich, partnerschaftlich und auf Augenhöhe.

e.b: Herr Ikonomou, welche Themen haben sich wie ein roter Faden durch alle Gespräche gezogen?
Michael Ikonomou: Wenn wir auf einzelne Schlaglichter blicken, dann waren dies mit Sicherheit unsere Kundenportale, unsere GWA-Migration auf die Robotron-Systemlandschaft, das Thema Thüga Abrechnungsplattform (TAP) sowie S/4HANA. Für viele steht hier die S/4-Umstellung direkt vor der Tür und die Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren. Gleiches gilt für TAP. Das Interesse unserer Kundinnen und Kunden an konkreten Unterstützungsleistungen vor, während und nach der Migration in die TAP, ist groß.
Ein zentrales Thema im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung der Energiewirtschaft sind ineinandergreifende Prozessketten. Wie schaffen wir es, digitale Lösungen smart in fließenden Meter-to-Cash-Prozessen statt in Silos zu gestalten. Eines unserer Herzensthemen, das alle unsere Lösungswelten in allen Marktrollen durchdringt.

Ende-zu-Ende-Digitalisierung

e.b: Ende-zu-Ende-Digitalisierung als zentrales Stichwort. Was bedeutet das konkret für die Praxis der Stadtwerke?
Alexander Haßdenteufel: Effizienzsteigerung, Prozessautomatisierung, Kostenreduktion. Das sind die Schlagworte, die in der gesamten Branche gerne werbewirksam zitiert werden. Dennoch möchte ich daran erinnern, dass der Erfolg unserer Stadtwerke auf dem Engagement zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fußt. Daher bedeutet eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung die Veränderung in den jeweiligen Häusern bereits zu Beginn eines jeden Digitalisierungsvorhabens zu berücksichtigen. Dann kann eine durchgängige Prozesslandschaft Komplexität reduzieren und Risiko minimieren. Wir denken hier vom Endkunden aus, sowohl in der Marktrolle Lieferant oder Netz- als auch der des Messstellenbetreibers. Beispielsweise ist eine vollständig digitale und integrierte Abwicklung der Anmeldung und Inbetriebnahme von steuerbaren Geräten wie Wallboxen oder Wärmepumpen, von der Kundenmeldung via Netzbetreiber-Plattform, inklusive ERP- und Workforce-Management-Prozesse bis hin zur Abrechnung und der intelligenten Steuerung möglich. Durch die Einbindung angrenzender Systeme, wie GIS und Netzverträglichkeitsprüfung, ist außerdem eine ganzheitliche Sicht auf das Netz gegeben. Dadurch können Netzkapazitäten effizient bewertet und Installationen optimal geplant werden, damit die Netzstabilität langfristig gesichert wird.

„Unsere S/4HANA-Plattform wächst sehr erfreulich und beim Thema GWA-Migration sind wir gerade auf dem Weg Richtung Zielgeraden.“

e.b: Viele Stadtwerke stehen vor großen IT-Projekten wie GWA-Migration oder S/4HANA-Umstieg. Was sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren?
Michael Ikonomou: Unsere S/4HANA-Plattform wächst sehr erfreulich und beim Thema GWA-Migration sind wir gerade auf dem Weg Richtung Zielgeraden. Wir haben daher sehr valide und wertvolle Erfahrungswerte, die sich übrigens sehr ähneln.

Der Umfang solcher Transformationsprojekte wird im Vorfeld oft unterschätzt. Daher ist ein elementarer Erfolgsfaktor die Vorbereitung im Vorfeld. Dazu gehören frühzeitige gemeinsame Bestandsaufnahmen sowie eine Klarheit in den entscheidenden Punkten ebenso wie ausreichende Kapazitäten. Auch auf Seiten unserer Kundinnen und Kunden übrigens. Im Projekt selbst unabdingbar ist ein starkes Projektmanagement auf beiden Seiten sowie eine intensive gemeinsame Kommunikation zu allen Zeitpunkten. Die Transparenz über Projektstatus und nächste Schritte ist der Schlüsselfaktor dafür, dass alle an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen.

Prozessautomatisierung und LinkedIn

e.b: In der Kommunikation zur GF-Tour auf LinkedIn ist oftmals von Prozessautomatisierung und KI die Rede. Wo sehen Sie die größten Chancen, Routinetätigkeiten zu reduzieren und Kapazitäten zu schaffen?
Alexander Haßdenteufel: KI ist gekommen, um zu bleiben. Und KI wird dann zum Erfolg, wenn sie smart eingesetzt wird. Konkret bedeutet dies, nicht immer alles blindlinks mit dem Einsatz von KI lösen zu wollen. Prozessautomatisierung bedeutet in vielen Fällen auch einfach auf stabile Algorithmen zu setzen, die im Fehlerfall einzelne Tasks erneut durchführen. Im Falle der GWA arbeiten wir hier eng mit Robotron zusammen und sehen bereits in unserer laufenden Migrationsphase erste Erfolge. Ergänzend ist KI ein Multitool, beispielsweise im Wissensmanagement, um implizites Expertenwissen in explizites Unternehmenswissen zu transformieren. Hier sehen wir großes Potential für effiziente Einarbeitung in neue Themen und Abläufe sowie den Schulterschluss zum oben erwähnten Change-Prozess bei der Einführung neuer IT-Lösungen.

Konkret nutzen wir KI auch in unseren Endkunden-Portalen, durch Chat- und Voice-Bot. Durch eine tiefe Integration in das Abrechnungssystem können Kundenanfragen automatisiert bearbeitet werden. Diese innovativen Ansätze basieren auf den beiden Prinzipien Mut zum Machen und Vertrauen durch Verantwortung. Gerade hierfür ist der persönliche Austausch mit unseren Kundinnen und Kunden so essenziel.

 

e.b: Workforce-Management-Plattformen und CLS-Management gewinnen an Bedeutung. Wie lassen sich diese Bausteine sinnvoll in eine durchgängige Plattformstrategie integrieren?
Alexander Haßdenteufel: Das CLS-Management, konkret das Ansteuern von Verbrauchseinrichtungen, wie Wallbox, Wärmepumpe oder Batteriespeicher ist ein zentraler Baustein für die effiziente Auslastung der Verteilnetze. Es folgt dem Credo „Köpfchen statt Kupfer“. Die Grundlage für CLS-Management bildet die Gateway-Administration. Wir haben hier den Ansatz der durchgängigen Plattformlösung verfolgt, um Schnittstellenrisiken zu minimieren. Dies bedeutet, sowohl GWA als auch CLS werden von unserem Technologiepartner Robotron bereitgestellt, wir administrieren und bieten optimalen Service. Der nächste logische Schritt und eine optimale Ergänzung ist die Anbindung an ein Niederspannungscockpit. Hier erstellen wir aktuell mit weiteren Partnern aus der Thüga-Gruppe ein Konzept.

Analog gehen wir beim Thema Workforce-Management vor. Im Sinne durchgängiger, digitalisierter End-to-End Prozesse sind hier alle relevanten Funktionen reibungslos integriert. Vom Zählermanagement, über die Instandhaltung bis zur papierlosen Erfassung von Dienstleistungen und Materialien externer Partner.

Kooperationen und Partnerschaften

e.b: Kooperationen – ob regional, im Thüga-Netzwerk oder durch Beteiligungen wie bei Visconto – sind ein Kern von Thüga SmartService. Wie tragen solche Partnerschaften zur Effizienzsteigerung bei?
Alexander Haßdenteufel: „Besser gemeinsam. Gemeinsam besser“, so verstehen wir in der Thüga-Gruppe Kooperation. Konkret bedeutet dies: Wir lernen direkt von den Herausforderungen unserer Kunden und unsere Kunden profitieren direkt von unserem IT- und energiewirtschaftlichen Prozess-Know-how. Wissen, Erfahrungen und Talent zu teilen, das ist für uns gelebte Kooperation, um der steigenden Komplexität durch Innovationskraft entgegenzuwirken.

„Spannend ist auch unser Arbeitsmodell und der Faktor Schwarmintelligenz. Innerhalb unserer Plattformlösungen arbeiten wir beispielsweise in Strukturen, die unsere Kundinnen und Kunden direkt einbinden.“

e.b: In einigen Gesprächen kam klar heraus: energiewirtschaftliches IT-Know-how muss nah an der Praxis sein. Teilen Sie diese Sicht, und wie spiegelt sich das in Ihrer Arbeit wider?
Michael Ikonomou: Das teilen wir nicht nur, sondern leben es. Als Teil des Thüga-Verbundes sind wir nicht nur Dienstleister und Lösungsanbieter für die Energiewirtschaft, sondern ein aktiver Part davon. Spannend in diesem Zusammenhang ist auch unser Arbeitsmodell und der Faktor Schwarmintelligenz. Innerhalb unserer Plattformlösungen arbeiten wir beispielsweise in Strukturen, die unsere Kundinnen und Kunden direkt einbinden. Gemeinsam werden sowohl strategische als auch operative Entscheidungen bzgl. der jeweiligen Lösung getroffen. Auf diese Weise schaffen wir den unmittelbaren Bezug zur praktischen Anwendung und passgenaue Lösungen – und zwar aus der Kundenperspektive. Ein gutes Beispiel dafür ist die Erfolgsstory unserer Netzbetreiber-Plattform, die genau aus einem konkreten Kundenbedarf – und mit dem Kunden gemeinsam – überhaupt entstanden ist.

Nächste Meilensteine

e.b: Wenn Sie die Geschäftsführer-Tour zusammenfassen: Wo sollten Stadtwerke jetzt Prioritäten setzen, um die Weichen für die kommenden Jahre richtig zu stellen?
Alexander Haßdenteufel: Wir sehen zwei wesentliche Handlungsstränge. Erstens, beim Menschen und zweitens, bei der Technologie. Wir müssen uns immer zuerst die Frage stellen „Wozu tun wir das eigentlich?“. In meinen Augen ganz klar, um unseren Kindern und unseren Enkeln eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Wir sind die Gestalter der Energiezukunft. Daher gilt es gemeinsam für unsere Kundinnen und Kunden und mit unseren Kolleginnen und Kollegen den Wandel aktiv auf Basis der digitalen Transformation zu gestalten. Technologien, wie die eingangs erwähnten durchgängigen IT-Plattformlösungen, helfen uns dabei diese Jahrhundertaufgabe zu bewältigen. Damit diese jedoch ihre volle Wirkung entfalten können, brauchen wir eine solide Kenntnis zu Erzeugung und Verbrauch in unseren Netzen. Smart Meter sind daher keine lästige Pflicht, sondern Grundlage für ein intelligentes Verteilnetz mit smarten und steuerbaren Energielösungen.

 

 

Thüga SmartService GmbH

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