„Die Rollout-Quoten im Markt gehen sehr weit auseinander“
Der Smart-Meter-Rollout kommt voran, doch nicht ohne Hindernisse: Dr. Holger Graetz, Director Sales & Marketing bei der Sagemcom Dr. Neuhaus GmbH, sieht vor allem beim Thema Steuerung erhebliche Probleme: Viele Backend-Prozesse laufen bislang nur eingeschränkt. Zudem dürfte die bundesweite 20-Prozent-Quote für den verpflichtenden Rollout intelligenter Messsysteme knapp verfehlt werden. Mit der neuen Technischen Richtlinie TR 2.0 rücken nun Interoperabilität, verschärfte Sicherheitsanforderungen und erweiterte Steuerungsfunktionen in den Fokus.
Aktueller Stand Smart-Meter-Rollout
e.b: Wie verläuft der Smart-Meter-Rollout in den Augen von Sagemcom Dr. Neuhaus? Wo hakt es gerade, was läuft gut?
Dr. Holger Graetz: Der Rollout ist gestartet und es steht exponentielles Wachstum an. Eine große Herausforderung ist das Thema Steuern, da die Backend-Prozesse nur bedingt funktionieren und laut aktuellen Umfragen kaum jemand richtig steuert. Die Funktionalitäten greifen in der Gesamtstruktur noch nicht. Es gibt erste Versuche zur digitalen Steuerung, aber es bestehen noch große Diskussionen, insbesondere über die Rolle des Gateway-Administrators (GWA). Ein weiteres großes Thema ist RLM/iRLM, das durch die 2G-Abschaltung und neue Anforderungen zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt. Was gut läuft: Bei Sagemcom Dr. Neuhaus wurden bereits erfolgreiche Tests der Steuerungsfunktion mit Marktpartnern und Steuerbox-Herstellern durchgeführt. Außerdem sind die grundlegenden Prozesse wie Einbau, Kommunikation mit dem GWA, Standard-Bestell- und Lieferprozesse mittlerweile etabliert und funktionieren zuverlässig.
e.b: Werden die meisten Messstellenbetreiber die 20-Prozent-Quote bis Ende 2025 erreichen?
Dr. Holger Graetz: Die Einschätzung ist, dass deutschlandweit die 20%-Quote im Durchschnitt trotz intensiver Bemühungen wohl knapp verfehlt wird. Viele Kunden nutzen die letzten Monate des Jahres, um möglichst nah an die 20% zu kommen. Genauer gesagt liegt der aktuelle Durchschnittswert bei etwa 15-16 %, obwohl einige Unternehmen teilweise noch gar nicht angefangen haben. Somit gehen die Quoten im Markt sehr weit auseinander.
Hürde Kommunikationsinfrastruktur
e.b: Aktuell bereitet die Kommunikationsanbindung den Messstellenbetreibern Sorgen. Wie löst Sagemcom Dr. Neuhaus diese Hürde?
Dr. Holger Graetz: Die LTE-Kommunikation wird zuverlässig von dem Siconia® SMARTY IQ-LTE SMGW genutzt. Die Herausforderung ist, dass LTE nicht überall verfügbar ist, insbesondere in ländlichen Regionen. Hier arbeiten wir eng mit unseren etablierten Antennenherstellern zusammen, um mit dünnen Kabeln auch aus Kellern heraus kommunizieren zu können. Verlängerte Kabelstrukturen und der Ausbau von Glasfaser können ebenfalls als Lösungen dienen, um das Problem der Kommunikationsanbindung zu überwinden. Es gibt aber auch Beispiele, wo bauliche Maßnahmen wie Stahlgitter vor den Kellerfenstern („Faraday’scher Käfig“) die Kommunikation verhindern. An dieser Stelle kann das Sagemcom Dr. Neuhaus Gateway alternativ auch über Ethernet angeschlossen werden.
Sagemcom Dr. Neuhaus entwickelt aktuell eine neue Gateway-Generation, die sich an der TR 2.0 orientiert und Ende nächsten Jahres auf den Markt kommen soll.
e.b: Was hat es mit dieser zweiten Smart-Meter-Gateway-Zertifizierung auf sich?
Dr. Holger Graetz: Die „TR 2.0“ ist die neue technische Richtlinie TR 03109-1 in der zweiten Fassung und stellt keine Zertifizierung an sich dar, sondern ist eine Vorgabe des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), an die sich SMGW-Hersteller bei der Zertifizierung halten müssen. Sagemcom Dr. Neuhaus entwickelt aktuell eine neue Gateway-Generation, die sich an der TR 2.0 orientiert und Ende nächsten Jahres auf den Markt kommen soll. Ziel der TR 2.0 ist die stärkere Normierung und Interoperabilität zwischen Gateways, Steuerboxen und Gateway-Administratoren sowie neue Sicherheitsanforderungen, Stärkung der Nachhaltigkeit, zusätzliche Rechte für den Servicetechniker und erweiterte Tarif-Anwendungsfälle.
Steuern per Smart-Meter-Gateway
e.b: Beschäftigt sich Sagemcom Dr. Neuhaus auch mit dem Thema Steuern? Gibt es Projekte oder Produkte?
Dr. Holger Graetz: Aktuell gibt es keine eigenen Produkte zum Steuern, aber das Thema Steuerung ist trotzdem ein sehr zentrales Entwicklungsfeld bei uns im Hause. Die TR 2.0 bildet die Grundlage, um künftig Steuerungsfunktionen direkt aus dem Gateway heraus zu ermöglichen. Hier arbeiten wir eng mit Steuerbox-Herstellern wie Swistec und PROLAN zusammen, um die Interoperabilität zu unserem Siconia® SMARTY IQ-LTE SMGW sicherzustellen.
e.b: Was erwarten Sie zu den Metering Days 2025?
Dr. Holger Graetz: Erwartet werden umfassende Kundengespräche und Diskussionen rund um die TR 2.0, Steuerung aus dem Gateway, iRLM, iRLMSys und standardisierte Schnittstellen, insbesondere die WAN-Schnittstelle an unserem neuen Gateway nach TR 2.0. Ein weiteres Thema ist die Updatefähigkeit des gesamten Smart Meter Portfolios, sodass Stromzähler künftig über die Schnittstelle zum Gateway updatefähig sein werden.
Wir freuen uns auf die metering days – kommen Sie gerne an unserem bereits traditionellen Standort D1 direkt am Eingang zur Konferenzhalle vorbei!
Dr. Holger Graetz
verantwortet seit 2018 die Bereiche Vertrieb und Marketing bei Sagemcom Dr. Neuhaus und Sagemcom Fröschl in Deutschland. Der promovierte Wirtschaftsingenieur ist seit über 20 Jahren in leitenden Positionen für internationale Unternehmen des Energie-, Utility- und Beratungssektors tätig und ein profunder Kenner der deutschen Energiewirtschaft.
Über Sagemcom Dr. Neuhaus
Informationen zum Unternehmen finden Sie in der Company-Box.
Company-BoxWebsite des Unternehmens: www.sagemcom.com/neuhaus