„Breitband-Powerline wird auf dem Weg zum Vollrollout mit hoher Anschlussquote eine zentrale Rolle spielen“
PPC feiert auf den Metering Days gleich eine Doppelpremiere: Die nächste Generation der Breitband-Powerline (BPL) und der erste Messeauftritt der Tochtergesellschaft Coms4Grid mit dem neuen Angebot „WAN-as-a-Service“. Im Interview mit energie.blog erklärt Ingo Schönberg, CEO der PPC AG, warum BPL im Smart-Meter-Rollout für viele Messstellenbetreiber zur bevorzugten Kommunikationslösung wird, welche Vorteile die Technik bei Installation und Verfügbarkeit bietet und weshalb sie beim Ausbau steuerbarer Infrastrukturen zunehmend zum Rückgrat des Smart Grid avanciert.
Breitband-Powerline als Rückgrat des Smart Grid
e.b: Herr Schönberg, viele Messstellenbetreiber sehen Mobilfunk zunehmend kritisch. Welche Rolle kann Breitband-Powerline aus Ihrer Sicht im intelligenten Messwesen übernehmen – insbesondere im Hinblick auf die Anbindung von Gateways und Steuerboxen?
Ingo Schönberg: Breitband-Powerline (BPL) überträgt Daten über das Stromnetz selbst und ist für den Rollout längst mehr als eine Alternative – BPL ist vielerorts die bevorzugte Lösung und für ein echtes Smart Grid oft die beste Lösung. Sie bietet eine leistungsfähige Kommunikations-Plattform für lokale (abgeschottete) Regelkreise zwischen Ortsnetzstation, Netz und Endkundenanlagen und die Weitbereichs-Anbindung von Smart-Meter-Gateways an den Gateway-Administrator (GWA).
Gerade beim wachsenden Bedarf an steuerbarer Infrastruktur ist BPL ein sehr zuverlässiges Rückgrat für das benötigte Smart Grid. Die Vorteile zeigen sich im Rollout:
Bei BPL liegt die Erstverfügbarkeit in Keller mit >95 Prozent typischerweise deutlich höher als bei LTE, wo man oft unter 80 Prozent landet. Dadurch gehen natürlich auch weniger Deckungsbeiträge aufgrund nicht angebundener Kunden verloren.
Warum Monteure auf BPL setzen
„Zahlreiche Stadtwerke – etwa in Nürnberg, Hannover, Mainz, Karlsruhe, aber auch Flächenversorger und viele kleine und mittlere Versorger – setzen bereits auf BPL.“
e.b: Das klingt nach einer zuverlässigen Kommunikationsanbindung?
Ingo Schönberg: Von unseren Kunden wissen wir, dass BPL der absolute Monteurs-Liebling ist, weil die Technik funktioniert und einfach zu installieren ist. Aufwendige Empfangsmessungen und Antennenmontage fallen ja weg. Hinzu kommt, dass ein BPL Rollout regional geplant wird – so verkürzen sich die Fahrtwege, was den Rollout insgesamt deutlich effizienter als mit LTE macht.
Ich bin überzeugt, dass BPL auf dem Weg zum Vollrollout mit hoher Anschlussquote eine zentrale Rolle spielen wird. Dank seiner hohen Verfügbarkeit und vergleichsweise niedrigen Kosten wird die Technologie zunehmend eingesetzt. Beispielsweise hat Enercity Breitband-Powerline für ganz Hannover ausgeschrieben und wird PPC-Technik einsetzen. Zahlreiche Stadtwerke – etwa in Nürnberg, Hannover, Mainz, Karlsruhe, aber auch Flächenversorger und viele kleine und mittlere Versorger – setzen bereits auf BPL.
Aktuell entstehen zahlreiche Partnerschaften mit Messstellenbetreibern (MSB), um im Verbund aus MSB-Dienstleistung und dem über die PPC-Tochter Coms4Grid finanzierten und betriebenen BPL-Ausbau attraktive Angebote zu realisieren. Auch für die Erhöhung der Ausbauquote kleiner grundzuständiger Messstellenbetreiber dürfte dies ein äußerst interessantes Instrument werden.
Technische Voraussetzungen für Breitband-Powerline
e.b: Welche technischen Voraussetzungen müssen im Netz vorhanden sein, damit BPL stabil funktioniert? Gibt es Grenzen, etwa bei Leitungslängen oder bei der Trafonähe?
Ingo Schönberg: Nein, jedes lokale Stromnetz hat eine gewachsene Struktur und ist sehr unterschiedlich – BPL muss mit den bestehenden Gegebenheiten zurechtkommen. Die Technologie ist für den Retrofit entwickelt und darauf ausgelegt, bei der Datenübertragung mit sehr unterschiedlichen Dämpfungen, Impedanzen und Rauschpegeln dynamisch umzugehen. Ein entscheidender Vorteil dabei ist, dass die zu übertragenden Daten auf viele Hundert unterschiedliche Frequenzträger verteilt werden können. Zudem fungiert jedes angeschlossene Gerät automatisch als Signal-Repeater, wodurch ein vermaschtes Netzwerk entsteht, in dem sich die Teilnehmer gegenseitig verstärken. Einfach gesagt: Das BPL-Signal hangelt sich innerhalb dieses Mesh-Netzes von Gerät zu Gerät und entscheidet intelligent und dynamisch über die beste Route.
Das System entscheidet dabei autark und intelligent auf dem Physical-Layer, ob ein Signal verstärkt weitergeleitet wird oder der Übertragungsweg geändert werden sollte. Herausforderungen durch wechselnde Dämpfungen und dynamische Störpegel werden im Millisekundenbereich kompensiert. BPL nutzt zur Übertragung der Daten parallel mehrere Hundert Kanäle und findet so stets die optimale Balance aus Verfügbarkeit, Reichweite und Bandbreite.
Weiterentwicklungen bei Breitband-Powerline
„Neben höheren Bandbreiten stehen bei PPCs neuer BPL Generation jetzt Themen wie KI-gestützte Fehlerdiagnose, effizientere Repeater und adaptive Netzüberwachung im Fokus.“
e.b: Wo steht BPL heute technologisch – und wo geht die Reise hin? Arbeiten Sie an Weiterentwicklungen wie höheren Bandbreiten, effizienteren Repeatern oder KI-gestützter Fehlerdiagnose?
Ingo Schönberg: BPL im Meshed-net ist eine intelligente Lösung, die wir in 20 Jahren Betriebserfahrung kontinuierlich weiterentwickelt haben – und mittlerweile bei der 6. Generation angekommen sind. Mit dem neuen weltweiten Standard IEEE 1901 (Nessum) steht heute eine auf die Anforderungen großer Smart-Grid-Netzwerke zugeschnittener Standard mit breiter Chip-Basis und einem großen Ökosystem von Anbietern zur Verfügung. Ältere, eher Indoor-orientierte Standards sind für Smart Grids weniger gut geeignet und bieten keine ausreichende Grundlage für BPL-Access in einem ausgedehnten Smart Grid mit sehr vielen Geräten in einer BPL-Zelle.
Neben höheren Bandbreiten stehen bei PPCs neuer BPL Generation jetzt Themen wie KI-gestützte Fehlerdiagnose, effizientere Repeater und adaptive Netzüberwachung im Fokus. Wir arbeiten seit Jahren an internationalen Standards mit Technologiepartnern wie Panasonic oder GE Vernova an der kontinuierlichen Weiterentwicklung – mit dem Ziel, BPL zur universellen Kommunikationsplattform für das Smart Grid auszubauen.
Breitband-Powerline: Lösung für die letzte Meile
e.b: Reicht BPL vom GWA bis zum intelligenten Messsystem (iMSys)? Wie ist das System aufgebaut?
Ingo Schönberg: BPL ist eine Lösung für die letzte Meile. Das bedeutet bei Flächenlösungen von der Ortsnetzstation bis zum Endkunden, bei lokalen Lösungen vom Straßenverteiler bis in den Keller oder bei Liegenschaften von Gebäude zu Gebäude. Im BPL-Headend wird die Weitbereichsanbindung über Mobilfunk oder Glasfaser hergestellt. Anders als bei Schmalband-PLC ist das BPL Headend aber kein Konzentrator für Messdaten, sondern ein eine transparente IP-Bridge, die eine End-to-End-verschlüsselte Datenübertragung von den Backend-Systemen (GWA) bis zu den Smart-Meter-Gateways in den Kellern ermöglicht. Schmalband-PLC wird auch international den steigenden Anforderungen, insbesondere Verschlüsselung und Echtzeitkommunikation, nicht mehr gerecht und so immer mehr zum Auslaufmodell.
Hohe Erstanschlussquote und einfache Installation
e.b: Wie wird sichergestellt, dass auch schwer erreichbare Zählerplätze – etwa in Kellerlagen – zuverlässig angebunden sind?
Ingo Schönberg: Genau hier spielt BPL seine Stärken als leitungsgebundene Kommunikationstechnologie aus. Nach dem Motto „Der Igel ist schon da, wo der Hase hinwill“: Die Stromleitung ist bereits überall vorhanden, wo Konnektivität benötigt wird. Während Mobilfunk oft an dicken Kellerwänden oder metallischen Einhausungen scheitert, nutzt BPL einfach das bestehende Stromkabel – direkt bis zum Zählerplatz.
In unseren Projekten erreichen wir damit eine Verfügbarkeit von über 95 Prozent, und das sogar garantiert, sofern eine ausreichend hohe Anschlussquote gegeben ist. Je mehr Geräte in einer Zelle aktiv sind, desto leistungsfähiger wird das vermaschte Netz – Stichwort: Repeating. In der Praxis überzeugt BPL durch seine einfache Installation und hohe Erstanschlussquote. Dank des geringeren Aufwands im Kellerbereich steigt auch die tägliche Montagequote spürbar – ein Hebel zur Beschleunigung im Rollout.
„Typischerweise beginnt man im Ausbau mit Bandplänen für hohe Reichweite, da ja zunächst weniger Geräte für das Meshed-Net vorhanden sind.“
e.b: Sie sagen „Balance zwischen Verfügbarkeit/Reichweite und Bandbreite optimieren“, wie muss man sich das vorstellen?
Ingo Schönberg: Bei BPL entsprechend IEEE 1901 Nessum können sogenannte Bandpläne eingesetzt werden. Die physikalische Übertragung erfolgt mit „Wavelet OFDM“ zur Aufteilung des Frequenzbandes in viele hundert Sub-Träger. Kurzgesagt können wir durch Zusammenschieben oder Auseinanderziehen der Sub-Träger im Frequenzbereich zwischen ca. 2 und 28 MHz entweder Bandpläne mit hoher Reichweite oder mit hoher Datenrate einstellen – und zwar ganz bequem remote über das Netzwerkmanagement-System.
Typischerweise beginnt man im Ausbau mit Bandplänen für hohe Reichweite, da ja zunächst weniger Geräte für das Meshed-Net vorhanden sind. Mit steigender Ausbauquote stehen dann mehr BPL-SMGWs als Signalverstärker (Repeater) zur Verfügung, sodass auf einen Bandplan mit höherer Datenrate umgestellt werden kann. So wird über den Ausbau hinweg dauerhaft eine Echtzeit-Konnektivität mit hoher Bandbreite von vielen Mbit/s und Latenzen <100 ms ermöglicht. Für die IT-Netzwerker unter Euch: das BPL-Netz stellt eine transparente Bridge bereit, die das Meshed-Net auf physikalischer Ebene nicht bemerkt.
Netzaufbau und Kosten
e.b: Wie wird so ein BPL Netz aufgebaut und was kostet das?
Ingo Schönberg: Für BPL benötigt man eine „Basisstruktur“ aus Headend in der Ortsnetzstation und Repeatern zum Beispiel in Straßenverteilern. Das Headend stellt die Weitbereichsanbindung her. Im Best-Case gibt es schon Glasfaser oder xDSL in der Ortstation zur Anbindung des Headends. Dann ist BPL als WAN-Lösung besonders günstig. Weil viele Netzbetreiber aber (noch) nicht in dieser glücklichen Situation sind, hat PPC ein kompaktes und preisgünstiges „2-in-1“ Headend mit integriertem LTE-Modul und Antenne entwickelt. Es lässt sich beispielsweise in Ortsstationen oder Straßenverteilern problemlos installieren. So wird der Aufbau einer BPL-Lösung auch für kleine Zellen oder Liegenschaften attraktiv.
e.b: In Nürnberg entsteht derzeit eine BPL-Infrastruktur in Kooperation mit Coms4Grid. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Projekt?
Ingo Schönberg: Die Kooperation mit der N-ERGIE in Nürnberg ist ein hervorragendes Beispiel für den systematischen und flächendeckenden BPL-Ausbau. Coms4Grid ist eine 100-prozentige Tochter der PPC, die auf Wunsch des Kunden in das BPL Netzwerk investiert, dieses betreibt und Konnektivität am Smart-Meter-Gateway als WAN-as-a-Service bereitstellt. Wichtigste Erkenntnis: Mit einem strukturierten Ansatz lässt sich ein hochverfügbares WAN effizient und wirtschaftlich realisieren – auch in einem heterogenen Stadtgebiet. Durch die Kombination aus Netzkenntnis auf Seiten des VNBs und der Rollout-Expertise von Coms4Grid, spielen alle Beteiligten ihre vollen Stärken aus. Das Ergebnis: hohe Erfolgsquoten, zufriedene Monteure und eine zukunftssichere Kommunikationsinfrastruktur. In Nürnberg wurde aus dem Stand 94 Prozent Erstanschlussquote erreicht und diese ist durch Optimierung noch deutlich steigerbar.
Kostenvorteile durch BPL
e.b: BPL gilt als investitionsintensiv. Wie schätzen Sie die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu Mobilfunk oder Glasfaser ein?
Ingo Schönberg: Natürlich ist die initiale Investition bei BPL höher als bei Mobilfunk, es entsteht ja auch ein neues lokales Kommunikationsnetz. Die BPL-Basisstruktur wird im Netzgebiet aufgebaut und kostet in Wohngebieten (1 Ortsnetzstation, 150 Haushalte) typisch etwa 10 bis 12 Euro je Haushalt. Wenn dann beispielsweise 30 Prozent (oder 45 SMGW) im Gebiet installiert sind, macht das kalkulatorisch ca. 35 Euro je Smart-Meter-Gateway. Ein Betrag, den man leicht über die Montagezeit, Antenne, Wegfall SIM-Karte und nicht verlorene Umsätze aus „No-shows“ wieder reinholt – plus Kundenzufriedenheit durch schnelle Montage und hohe Anschlussquote.
Die Kostenstruktur macht auch deutlich, dass BPL bei höheren Ausbauquoten deutliche Kostenvorteile liefert. In der Betrachtung der Total Cost of Ownership (TCO) ist BPL bei steigenden Einbauquote und bei Nutzung lokaler Kommunikationsnetze für die Headend-Anbindung (zum Beispiel Glasfaser mit niedrigen Datenkosten) meist die wirtschaftlichste und betrieblich sicherste Lösung.
„Bereits beim Aufbau der BPL-Strukturen und später im Betrieb kommt dem Netzwerkmanagement-System (NMS) eine hohe Bedeutung zu.“
Unterstützung beim Betrieb der Infrastruktur
e.b: Wie unterstützt PPC die Messstellenbetreiber beim Betrieb der Infrastruktur? Gibt es zentrale Tools zur Überwachung und Fehlerdiagnose?
Ingo Schönberg: Bereits beim Aufbau der BPL-Strukturen und später im Betrieb kommt dem Netzwerkmanagement-System (NMS) eine hohe Bedeutung zu. Mit ihm wird bei BPL nicht nur fortlaufend die Konnektivität überwacht, sondern das gesamte Meshed-Net und die dynamische Verbindungsqualität jedes einzelnen Links im Meshed-Net visualisiert, geo-referenziert in Google-Maps angezeigt und automatisiert überwacht. So kann von Anfang an bereits der Einbau optimiert und im Betrieb etwaige Störungen durch Optimierung leichter korrigiert werden.
In unserem NMS betreiben wir heute bereits mehr als 1,7 Millionen Smart-Meter-Gateways und BPL-Devices, davon national/international etwa 0,4 Mio. BPL-Module. Ergänzt wird das NMS durch die angebundene NMS Connector App (iOS/Android) für den Monteur mit Schnittstellen zur Integration in ERP-Systeme oder Leitstellen. Mit diesen kann der Monteur vor Ort via NMS die Konnektivität prüfen und die Montage bei Bedarf anpassen.
Tochtergesellschaft Coms4Grid
e.b: Welche Rolle spielt dabei Ihre Tochtergesellschaft Coms4Grid? Welche Leistungen übernimmt sie im Rollout und Betrieb?
Ingo Schönberg: Man kann die BPL-Lösung bei PPC oder als „WAN-as-a-Service“ bei Coms4Grid beziehen. Coms4Grid übernimmt die technische Konzeption, Projektsteuerung, Installation und die Investition sowie den kompletten Betrieb. Damit ermöglichen wir Messstellenbetreibern einen skalierbaren Einstieg in BPL, ohne eigene Ressourcen aufbauen zu müssen. Auf Wunsch kann er nach einigen Jahren in einem BOT-Angebot (Build-Operate-Transfer) die Infrastruktur auch übernehmen.
e.b: Mit dem Hochlauf steuerbarer Verbrauchseinrichtungen rücken Echtzeitkommunikation und Steuerbarkeit in den Fokus. Welche Vorteile bietet BPL im Vergleich zu anderen WAN-Technologien?
Ingo Schönberg: BPL ist durch seine hohe Verfügbarkeit, niedrige Latenz und die Kontrolle über eine eigene Telekommunikationsstruktur besonders gut für Steueranwendungen geeignet. Anders als Mobilfunk bietet es auch Optionen für lokale Regelkreise mit Anbindung der Kundenanlagen an die Ortsstation ohne den Umweg über das Mobilfunknetz. Wenn der Netzübergabepunkt zum Beispiel über Glasfaser angebunden ist, profitieren Betreiber zusätzlich von niedrigen Datenkosten und hoher Datensicherheit. Damit ist BPL nicht nur steuerungstauglich, sondern auch wirtschaftlich überlegen.
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