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Digitale Kundenschnittstellen: Nähe neu denken

Angeregte Podiumsdiskussion auf dem Wilken Summit in Ulm (von links): Andreas Klär vom Elektrizitätswerk Hindelang, Moritz Heinemann von Epilot, Moderator Matthias Mett, Marcus Fragel von Endios sowie Zoran Petrovic von Conuti.
Angeregte Podiumsdiskussion auf dem Wilken Utility Summit in Ulm (von links): Andreas Klär vom Elektrizitätswerk Hindelang, Moritz Heinemann von Epilot, Moderator Matthias Mett, Marcus Fragel von Endios sowie Zoran Petrovic von Conuti. (Bild: © Wilken Software Group).

Wie Stadtwerke mit Daten, Standards und Haltung Kundennähe gestalten – Eindrücke vom Wilken Utility Summit in Ulm

Beim Wilken Utility Summit in Ulm diskutierten Vertreter der Unternehmen epilot, endios, Conuti und dem Elektrizitätswerk Hindelang über digitale Kundenschnittstellen. Schnell wurde klar: Es geht um mehr als Portale und Prozesse – gefragt sind Verständnis, Einfachheit und gemeinsames Handeln auf Augenhöhe.

Lebenswelten statt Steckdosenlogik

Die Podiumsdiskussion auf dem Wilken Utility Summit in Ulm begann mit einer grundlegenden Frage: Was ist eigentlich eine digitale Kundenschnittstelle? Für Moritz Heinemann von epilot ist sie weit mehr als ein technischer Kontaktpunkt. „Was mir hilft, ist zu denken wie in einer Lebenswelt. Also nicht klassisch: Kundenschnittstelle – sondern zu schauen, wo befindet sich eigentlich der Kunde?“, sagte er. Energie sei heute mehr als Strom aus der Steckdose oder Gas aus dem Rohr: Hausanschluss, E-Mobilität, Flexibilität, Versicherung, Finanzierung – alles gehöre dazu.

Moderator Matthias Mett, vielen als „Metti“ bekannt, griff das auf: „Wir reden immer schnell über Technologie, dabei geht es auch um Mindset.“ Marcus Fragel  von endios brachte den Vergleich mit dem Einzelhandel: „Es gibt keinen Supermarkt mehr ohne digitale Angebote. Der Lebensmitteleinzelhandel weiß mehr über seine Kunden als wir in der Energiewirtschaft – und hat sie gleichzeitig dazu erzogen, mit digitalen Tools umzugehen.“ Stadtwerke könnten daraus lernen, wie man Kundenerwartungen konsequent ernst nimmt.

Vom Touchpoint zum Erlebnis

Zoran Petrovic von Conuti sprach von „Berührungspunkten“ statt Schnittstellen – und davon, wie wichtig es sei, Beschwerden in Chancen zu verwandeln. „Wie mache ich aus einer Beschwerde eine Vertragsverlängerung?“, fragte er. „Es braucht ein Datenfundament. Das Wissen über den Kunden ist immens wichtig.“

Daten seien die Basis, um Kundenerlebnisse zu verbessern, betonte Petrovic: „Am Ende wollen wir alle das gleiche – das Kundenerlebnis maximieren.“

Für Andreas Klär vom Elektrizitätswerk Hindelang ist das leichter gesagt als getan. „Wir haben eine neue Dimension von Komplexität“, sagte er. Die Energiewende bringe eine Vielzahl digitaler Prozesse mit sich – vom Kundenportal bis zum Energiemanagementsystem. „Das wird erst dann relevant, wenn der Kunde es schafft, es bei sich umzusetzen.“

Fragel ergänzte: „Der dynamische Tarif zeigt, wie schnell der Markt lernt – aber auch, dass der Kunde nicht selbst regulieren will. Er will ein System, das für ihn mitdenkt.“

Einfachheit ist kein Luxus

Auf die Frage, ob Kunden mehr Einbindung oder mehr Ruhe wollen, antwortete Klär trocken: „Wir lassen unsere Kunden in Ruhe – und das ist auch gut so.“ Viele wünschten sich Energieversorgung unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. „Energie soll funktionieren, ohne dass man dauernd eingreifen muss“, so Klär.

Petrovic stimmte zu: „Kunden wollen von der Komplexität in Ruhe gelassen werden. Wir müssen lernen, ihre Sprache zu sprechen.“

Selbst der Stromanbieterwechsel sei für viele noch eine Hürde. „Wie einfach können wir es denn noch machen?“, fragte er in Richtung Publikum. Heinemann sah in der Vereinfachung einen kulturellen Auftrag: „Nicht nur Endkunden, auch Stadtwerke selbst wollen einfache Lösungen. Plug & Play ist besser als Perfektionismus.“

Kooperationen und Plattformen sind essenziell

Das Elektrizitätswerk Hindelang brachte die Perspektive der kleinen Stadtwerke ein. „Wir sind leidensfähig – und wir wollen klein bleiben“, sagte Klär mit einem Schmunzeln. „Aber viele Lösungen können wir technologisch nicht selbst stemmen.“ Die Herausforderung liege darin, Digitalisierung und Skalierbarkeit so zu gestalten, „dass sie an der Basis funktioniert“.

Kleine Häuser seien das Rückgrat der Energiewende, betonte er. „Wir sind an der Basis – beim Kunden und in der Technik.“ Doch Ressourcen, Personal und IT-Kapazitäten seien begrenzt. Kooperationen und Plattformen seien deshalb essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Quick Wins statt Großprojekte

Ein Zwischenruf aus dem Publikum brachte den Punkt auf den Tisch: Martin Kreuz von den Stadtwerken Wolfhagen forderte, „den Kunden endlich etwas Schöneres anzubieten“. Gemeint war: einfache, funktionierende digitale Services. „Wir müssen diese Quick Wins mitnehmen – etwa bei der Zählerstandserfassung. Aber wir dürfen nichts versprechen, was technisch nicht funktioniert.“

Auch Petrovic warnte vor zu großen Schritten: „Ich kann dem Kunden nichts anbieten, was ich selbst nicht beherrsche. Wir müssen klein anfangen – non-invasiv, Schritt für Schritt.“ Als Beispiel nannte er Voice-Agenten, die Kundenfragen beantworten.
Heinemann fasste zusammen: „Es geht um Plug & Play, um abgestimmte Ökosysteme und darum, sich bewusst zu machen, was passiert, wenn man nicht digitalisiert.“ Anbieterwechsel und Kundenabwanderung nähmen zu. „Es ist alternativlos, diesen Weg zu gehen.“

Gemeinsam digital wachsen

Für die Plattformanbieter steht fest: Die Zukunft entsteht im Zusammenspiel. „Es muss ein Dreiklang sein – Kunde, Partner, System“, sagte Heinemann. Nur so könne eine ganzheitliche Kundenerfahrung entstehen. Fragel betonte, dass Standardisierung und Austausch entscheidend seien: „Wir müssen 70 Prozent der Use Cases standardisieren – und die restlichen 30 Prozent individuell gestalten.“

Petrovic sprach über Skalierung als Schlüsselfaktor: „Wir werden überrollt von externen Anbietern. Am Ende geht es darum, was wir für Stadtwerke skalieren können.“

Und Klär mahnte zur Realitätsnähe: „Unsere Lebenswirklichkeit ist herrlicher, als viele glauben. Wir müssen Systeme aufbauen, die wirklich funktionieren – beim Kunden, im Handwerk, vor Ort.“

Kultur, Verantwortung und Vertrauen

Am Ende rückte Moderator Mett die Diskussion noch einmal auf die menschliche Ebene: „Technologie ist das eine – entscheidend ist das Mindset.“ Heinemann stimmte zu: „Es geht um Verantwortung und um eine Kultur, die Wandel zulässt. Wir müssen gemeinsam lernen – Dienstleister, Partner und Stadtwerke.“

Klär brachte es zum Abschluss auf den Punkt: „Entweder wir kriegen es gemeinsam hin – oder wir gehen gemeinsam unter. Ich bin aber zuversichtlich.“

 

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